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Ich bin dann mal alt

Ich bin dann mal alt

Titel: Ich bin dann mal alt
Autoren: Johannes Pausch , Gert Boehm
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oder etwas geschenkt bekam. Und es gibt Tage, an denen man sich ärgert, über sich selber oder über andere. Was soll man mit dem Ärger tun? Man muss ihn genauso annehmen wie das Gute, weil Schimpfen keinen Sinn hat. Man muss auch etwas vergessen können, nicht mehr daran denken, etwas anderes arbeiten und tun. Manchmal kommen auch Dinge vor, da greift man sich an den Kopf und sagt sich: »Muss ich das aushalten? « Ja, man muss. Man muss es annehmen und verarbeiten.
    Lindenwirtin Josefine Wagner
    Die zentrale Tugend für eine spirituelle Lebenshaltung ist die Demut. Sie bewahrt den Menschen vor falschem Stolz und Überheblichkeit, die das Leben zerstören. Ohne Demut können echte Beziehungen nicht entstehen – weder zu sich selbst noch zur Natur, weder zu anderen Menschen noch zur Schöpfung. Demut ist ein Weg zur Menschwerdung, während der Egotrip in die Sackgasse führt. Aus der Psychologie ist bekannt, dass stolze, überhebliche Menschen später auffallend oft an Altersstarrsinn erkranken. Sie werden Besserwisser, die alles an sich reißen, die voller Habgier sind und nichts abgeben wollen. Davon ist auch der 85 Jahre alte Unternehmer betroffen, der nicht bereit ist, seinem Sohn endlich die Firma zu übertragen.
    Demut wird oft verwechselt mit Unterwürfigkeit, mit »Buckeln«, aber das ist falsch. Zur Demut braucht der Mensch ein starkes Rückgrat, innere Sicherheit und Vertrauen in seinen Selbstwert. Das konsequente Verfolgen des eigenen Weges bringt es manchmal mit sich, dass man sich quer zum Strom stellt, dass man mit Geduld und ohne Aggression seine Stimme erhebt, um
Unheil oder Gefahren abzuwenden. Demütige Menschen sind tapfer und beharrlich, sie bleiben sich und ihren Grundsätzen auch in Krisen treu und lassen sich nicht entmutigen. Sie hängen ihr Fähnchen nicht in den Wind. Wer demütig ist, besitzt auch Zivilcourage, um in kritischen Situationen seine Liebe, seinen Glauben und seine Hoffnung mit der Tugend der Tapferkeit zu verbünden. Auch die Offenlegung eigener Schwächen und Fehler vor sich selbst und vor anderen ist eine Form von demütiger Selbsterkenntnis. Die eigene Schuld, das Versagen wird bewusst nicht verborgen – wer besitzt diesen Mut?
    Herz und Mund im Einklang
    Demut bedeutet auch, dass der Mensch in seinem inneren und äußeren Verhalten authentisch ist. Herz und Mund sollen miteinander im Einklang sein. In Demut und Ehrfurcht ist er sich seines Lebens bewusst, seiner Stärken und Schwächen, seiner eigenen Wahrheit. Wer diesen Zustand erreicht, ruht in sich. Er hat ein ausgewogenes Leben, das ihn auch widerstandsfähig gegen Störungen und Krankheiten macht. Dieser Mensch bläht sich nicht auf, sondern steht mitten im Leben – in Demut gegenüber anderen und vor Gott. Er hat den Weg zu seinem wahren Selbst gefunden. Für unser heutiges Leben bedeutet das: Wir sollen bei allem, was wir tun, bescheiden, maßvoll, demütig und menschlich sein – beim Denken, beim Reden, beim Handeln. Selbstherrlichkeit dagegen erzeugt geistige und körperliche Krebsgeschwüre.
    Demut betrifft auch das Reden. Es ist oft klüger, heilsamer und wohltuender, nicht einfach draufloszuplappern, sonst wird das Gespräch zum Geschwätz. Schweigen, aufmerksames Zuhören und Reden zum richtigen Zeitpunkt ist eine Haltung von
Demut. Sie ist unvereinbar mit Spott und überheblichem Gelächter, mit Witzeln über andere oder unwahrhaftigem Reden.
    Demut ist auch die Fähigkeit zur Versöhnung, die Fähigkeit, sich mit dem Geringeren zufriedenzugeben. Dieser Haltung liegt die Einsicht zugrunde, dass wir unsere eigenen Grenzen erkennen und auch von anderen, die ebenfalls unvollkommen sind, nichts Maßloses fordern. Die Selbsterkenntnis, dass wir im Leben vieles nicht können, ist nicht gleichzusetzen mit einem Minderwertigkeitskomplex. Demut ist eine Tugend, die den Selbstwert des Menschen nicht verletzt. Wer eine bestimmte Aufgabe nicht erledigen kann, muss nicht das Büßerhemd anziehen. Selbstüberschätzung führt in solchen Fällen höchstens zu schlechten Ergebnissen. Was macht es schon, wenn wir unseren kaputten Computer nicht wieder funktionsfähig bekommen oder den Fehler am Automotor nicht selbst reparieren können!
    Ein demütiger Mensch nimmt das Leben so an, wie es ist. Er ist nicht ständig auf der Suche nach mehr Glück, mehr Anerkennung, mehr Geld, mehr Dynamik. Für sein Leben sind die immer neuen Fitnessprogramme für Senioren keine Perspektive, sondern er steht zu seinem Alter, zu seinen
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