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Ich bin dann mal alt

Ich bin dann mal alt

Titel: Ich bin dann mal alt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Pausch , Gert Boehm
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Diskussionen und das persönliche Engagement für bestimmte Ziele können ebenfalls helfen, diese Trägheit zu überwinden. Heilsam auf ganz andere
Weise ist, wenn er den eigenen Körper wahrnimmt. Dafür eignen sich auch im Alter Sport, Tanz, Wandern und Spaziergänge in der Natur.
    Der »entzauberte« Mensch muss sich seiner Gefühle wieder bewusst werden, über das eigene Leben nachdenken und vielleicht mit jemandem, der es ehrlich und gut mit ihm meint, darüber sprechen. So wird verhindert, dass aus den schlechten Gefühlen Krankheiten werden, dass Freundschaften zerbrechen, dass Arbeit und Freizeit ihren Sinn verlieren, dass die Gier den Habsüchtigen zerfrisst, dass sich Beziehungen, auch zur Schöpfung, auflösen. Immer geht es darum, das Leben zu ordnen, einen neuen Rhythmus zu finden.
    Menschen sind unvollkommene Wesen mit inneren und äußeren Grenzen. Viele halten diese Grenzen für Barrieren, die das Leben ständig einschränken – und übersehen dabei, dass der Mensch die Grenzen braucht, um sein kreatives Potenzial zu entfalten. Diese Erkenntnis ist vor allem im Alter wichtig, wenn die körperlichen Fähigkeiten nachlassen und der Mensch akzeptieren muss, dass er seinem Leib nicht mehr so viel zumuten kann wie in jungen Jahren. Doch Grenzen und das Nicht-Perfekte haben auch eigene Reize – und wer diese Einstellung gegenüber sich selbst sogar noch mit Humor und Augenzwinkern mischen kann, wird sich und seiner Umgebung schon einen Vorgeschmack auf jenen Zustand vermitteln, den alle Religionen und Weisheitslehren als »heitere Gelassenheit« rühmen.

    Das wichtige Muttermal
    Kurz vor ihrem 50. Geburtstag ließ sich Gisela scheiden. Und seitdem war für sie im Leben nichts wichtiger als der Wunsch, einen neuen Mann zu ergattern. Um ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt zu verbessern, machte sie eine Hungerkur nach der anderen, kaufte Miniröcke und High Heels, hängte sich Modeschmuck um den Hals, an die Arme und ums Fußgelenk. Vor einem halben Jahr ließ sie sich sogar die Haare blond färben. Weil aber die Männer immer noch nicht anbeißen wollten, ging Gisela schließlich aufs Ganze: Sie fuhr für fünf Wochen nach Ungarn und ließ sich in einer Schönheitsklinik rundum erneuern.
    Erst verkleinerten die Chirurgen ihre ziemlich große Nase, dann wurden die erschlafften Augenlider hochgezogen, die Falten am Mund gestrafft und die Lippen aufgespritzt. Als krönenden Abschluss der Verjüngungskur bekam die Gisela noch zwei derart voluminöse Silikonbrüste verpasst, dass sie sich selbst kaum noch wiedererkannte, als sie vor dem Spiegel stand. Zum Abschluss ließ sich die Gisela gleich noch die oberen vier Schneidezähne richten, aber mit dem Ergebnis war sie nicht besonders zufrieden, weil sie seitdem ein bisschen lispelte.
    Nach den fünf Folterwochen in Ungarn musste sich die Gisela von der Tortur erst einmal erholen. Deshalb beschloss sie, ihre Tante Hanna zu besuchen, die seit langer Zeit in Israel lebte.
    Bei ihrer Ankunft im Airport in Tel Aviv gab es aber ein Problem. Denn der Sicherheitsbeamte, der wegen der ständigen Attentate immer besonders genau bei der Einreisekontrolle sein muss, schöpfte Verdacht: Die Person, die vor ihm stand, hatte keinerlei Ähnlichkeit mit der Frau, deren Passbild er betrachtete.
Je länger er das Foto mit Giselas echtem Gesicht verglich, desto klarer war für ihn, dass die Urlauberin, die einreisen wollte, eine andere Frau war als die im Reisepass. Telefonisch forderte der Beamte sofort Verstärkung an. Es erschienen drei Polizisten mit Maschinengewehren, die Gisela festnahmen und sie wegen Attentat-Verdachts abführten.
    Das Verhör dauerte mehrere Stunden, bis sich das Missverständnis aufklärte. Fast wäre es noch zum Eklat gekommen, weil selbst Tante Hanna, die herbeigeholt wurde, ihre Nichte nicht erkannte – die alte Dame hatte Gisela ja ganz anders in Erinnerung. »Diese Frau«, sagte Tante Hanna bei der Gegenüberstellung klipp und klar, »habe ich noch nie im Leben gesehen, ich kenne sie nicht!« In ihrer Verzweiflung griff Gisela zum letzten Mittel, um ihre Identität zu beweisen. Vor versammelter Mannschaft hob sie ihren Rock hoch, schob den Slip ein wenig zur Seite, sodass ihr blankes Hinterteil zum Vorschein kam. Und jetzt erkannte Tante Hanna ihre Gisela: an dem großen Muttermal an der linken Pobacke.

    Überheblichkeit und Demut
    Das Leben ist, wie es ist – heute so und morgen so. Es kommen Tage, da hat man eine Freude, weil man viel erlebt hat

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