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Ich bin dann mal alt

Ich bin dann mal alt

Titel: Ich bin dann mal alt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Pausch , Gert Boehm
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auf einer niedrigen Stufe stand. Für die drei Vegetarier waren Blutwürste fast schon eine Todsünde.
    »Hochwürdiger Herr Abt«, sagte einer der drei Männer, »erlauben Sie die Frage: Warum essen Sie Blutwürste?«
    Der Abt antwortete, ohne vom Teller aufzublicken: »Blutwürste sind gut für die Demut.« Diese Antwort verwirrte die hochgeistlichen Herren vollends und sie reisten ziemlich schnell wieder ab.
    Ein junger Mönch, der von dem Vorfall erfuhr, fragte den Abt, warum Blutwürste gut für die Demut seien. Der Abt antwortete : »Blutwürste sind gut für die Demut dieser Gäste, weil sie sich so schnell von ihrem Weg abbringen ließen. Und sie sind gut für meine eigene Demut, weil ich selbst auch immer in der Gefahr des Stolzes bin, wenn andere mich zu mehr machen, als ich wirklich bin.«
    Nobody is perfect
    Man muss sich schon drum bemühen, dass man im Leben alles richtig macht. Aber du musst auch wissen: Das geht gar nicht. Wenn man alles richtig machen will, macht man sich stocknarrisch – trotzdem muss man es immer wieder versuchen.
    Lindenwirtin Josefine Wagner
    Kein Mensch ist vollkommen, jeder hat Schwächen und macht Fehler. Die Nicht-Perfektion ist also ein normaler Zustand. Wer das nicht erkennt und akzeptiert, erliegt einer Illusion, die ihm das Leben vergällt, weil er ständig höchste Ansprüche an sich und an andere stellt, die nicht erfüllt werden können. Leider nährt unsere Gesellschaft die Vorstellung, dass der Mensch alles kann. Sogar der Staat erweckt gerne den Eindruck, dass sein Planen und Handeln unfehlbar ist. Diese Illusion hat zwangsläufig zur Folge, dass wir in der Realität des Lebens ständig enttäuscht werden. Das gilt für Liebesbeziehungen ebenso wie für berufliche Ziele, für Leistungen im Sport und in der Kindererziehung. Wo man auch hinschaut im Leben: »Nobody is perfect.«
    Es scheint ein Teufelskreis zu sein: Je größer unser Wissen über den Menschen und die Welt wird, desto größer ist auch der Glaube an die Perfektion. Wir vertrauen fast blind einer Technik, die nach wie vor voller Fehler und Unzulänglichkeiten steckt. Oft führen uns spektakuläre Unglücke wie in der Raumfahrt wieder vor Augen, dass auch scheinbar fehlerfreie Systeme unvollkommen sind. Aber auch im ganz normalen Alltag erleben wir ständig Enttäuschungen: Autofahrer stehen ratlos vor irgendwelchen elektronischen Mängeln, der hoch gepriesene Fernseher liefert auf einmal flimmernde Bilder, das scheinbar ideale Liebespaar im Erdgeschoss hat sich getrennt, der Klassenprimus wird beim Komasaufen erwischt, ausgerechnet bei minus
15 Grad fällt zu Hause die sonst so zuverlässige Heizung aus, im Nachbarhaus stirbt ein Familienvater nach der Fehldiagnose eines Arztes. Man hat den Eindruck, dass die permanent steigenden Ansprüche an die Perfektion unser Leben schwerer machen. Vor 100 Jahren bedienten sich die meisten Menschen noch ziemlich einfacher Techniken, die sie durchschauen konnten, und freuten sich, dass alles einigermaßen funktionierte. Heute dagegen bricht Panik aus, wenn nicht alles abläuft wie am Schnürchen. Völlig frustriert steht man vor der defekten Spülmaschine oder vor der Autotüre, die sich wegen eines elektronischen Fehlers nicht mehr öffnen lässt, schaut verärgert auf das kaputte Handy – und hat keine Chance, die Fehler zu reparieren.
    Um nicht dauernd einer Traumwelt hinterherzulaufen, müssen wir uns ständig bewusst machen, dass Fehler und Schwächen zum Leben gehören. Mehr noch: Je perfektionierter ein System ist, desto anfälliger ist es! Aber statt einzusehen, dass Unzulänglichkeiten und Schwächen beim Menschen wie auch in der Technik etwas Normales sind, wird ununterbrochen an der weiteren Perfektionierung gearbeitet, mit immer komplexeren Methoden und Kontrollen, um alles noch weiter zu optimieren.
    Menschen, die ihr Leben immer nur in materieller Hinsicht effizienter machen wollten, haben niemals den Transformationsprozess erfahren, der den Leib, die Seele und den Geist miteinander verbindet. Im Alter, wenn vor allem der Körper schwächer wird, ist diese Unfähigkeit besonders nachteilig, weil dann der Mensch nicht weiß, wie er mit seinen Gefühlen, Ängsten und seinen Aggressionen umgehen soll. Auf einmal erweisen sich seine früheren Allmachtsfantasien, die auf einer rein materiellen Grundlage standen, als Irrweg. Dann hilft dem alten Menschen nur die bewusste Auseinandersetzung mit Grenzen, Schwächen, Defiziten und Fehlern.

    Das

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