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Ich bin dann mal offline

Ich bin dann mal offline

Titel: Ich bin dann mal offline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Koch
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angeregt unterhalten. Die Studie fand außerdem heraus, dass wir fremde Telefongespräche nicht nur störender empfinden als Live-Gespräche, sondern auch subjektiv als lauter -selbst wenn sie objektiv exakt in der gleichen Lautstärke geführt werden. Vielleicht ist das auch der Grund, warum niemand mehr will, dass im Flugzeug telefoniert wird. Anfangs waren Handygespräche an Bord ja noch verboten, weil Bedenken herrschten, die Funksignale könnten die Bordelektronik stören. Obwohl dies inzwischen technisch verhindert werden kann, halten die meisten Fluggesellschaften an dem Telefonierverbot fest -unter anderem weil diverse Umfragen ergeben haben, dass die Mehrheit der Passagiere froh darüber ist, in den Stunden, in denen man auf engem Raum mit über 100 Fremden eingepfercht ist, diese wenigstens nicht alle denselben Quatsch in ihre Telefone rufen zu hören: »Nee, ich bin im Flieger! ... Natürlich wieder Verspätung! ... Hühnchen war auch schon alle ... genau zwei Reihen vor mir... Klar bring ich dir was vom Duty-Free mit ... Du, ich rufspäter noch mal an, und dann besprechen wir, wann wir morgen telefonieren ... «
    Normalerweise bin ich dafür, dass sowohl der Telefonierer als auch der ruhe bedürftige Leser oder Döser zu ihrem Recht kommen -die Lösung der Bahn ist daher ideal. Solange aber Flugzeuge noch nicht so groß sind, dass man sie in Telefonier-und Ruhezonen unterteilen kann, bin auch ich weiterhin dafür, das Telefonieren im Flieger zu untersagen. Sonst werden bald auf jedem Flug mehrere Air Marshalls nötig sein -nicht um Terroranschläge zu vereiteln, sondern um Handgreiflichkeiten unter den entnervten Passagieren zu verhindern. 23
    Von der Parodie zum Problem
    In Mainz steige ich aus und mache mich auf den Weg zur ersten Ambulanz für Internetsüchtige in Deutschland. Die Taxifahrerin schnalzt anerkennend mit der Zunge, als ich ihr das Ziel der Fahrt nenne: »Ach, die Psychiatrie! Da gibt es sagenhaftes Essen!«, frohlockt sie. »Da mache ich immer Mittag -die kochen alles frisch! Und die Toiletten sind auch immer tiptop sauber!« Bevor ich etwas erwidern kann , erzählt sie mir auch schon von ihrem verstorbenen Pudel und der Intelligenz dieser Hunderasse. Doch als sie, ohne Luft zu holen, den nächsten Themenkomplex eröffnen will, sind wir zum Glück auch schon da.
    Das Gebäude der Universitätsklinik ist ein zweistöckiger Backsteinbau, vor dem sich ein Basketballkorb und ein paar Steinskulpturen befinden. Drinnen empfangen einen der typische Krankenhausgeruch und das Geräusch von schlurfenden Hausschuhen. Es gibt einen Getränkeautomaten, einen Kiosk mit Zeitschriften und Süßkram sowie einen Glaskasten, in dem die Raucher sitzen. Als mich Anke Ouack, in der Klinik ebenso für Suchtprävention wie für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, empfängt und ich ihr von den Lobliedern der Taxifahrerin erzähle, reagiert sie weniger erfreut, als ich erwartet hätte: »Wir sind hier nicht die Psychiatrie«, weist sie mich freundlich, aber bestimmt zurecht, »sondern eine Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.« Um ihr zu beweisen, dass ich mich zumindest ein winziges bissehen auskenne und nicht nur ein Idiot bin, der Small Talk über Taxifahrten machen kann, verwkkle ich sie in ein Gespräch über den Begriff Internetsucht. Dieser ist nämlich ein wenig umstritten: Viele Experten scheuen sich davor, die Abhängigkeit beispielsweise von Computer mit sogenannten stoffgebundenen Süchten wie AIkoholismus gleichzusetzen. Sie sprechen deshalb statt von lieber von Pathologischem Internetgebrauch, Internetnutzung oder Internet Addiction Disor(lAD). »Wir verwenden hier durchaus den Begriff«, stellt Anke Ouack wiederum klar. »Denn beispielsweise haben EEG-Untersuchungen gezeigt, dass ganz ähniche Himregionen aktiv sind wie bei stoffgebundenen Süchten. Wenn man einem Internetsüchtigen zum Beispiel sein Lieblingsspiel zeigt, kommt es zu denselben Reaktionen im Gehirn wie bei einem Alkoholiker, dem man ein Bild von einem Glas Bier zeigt. Auch die anderen klassischen Suchtfaktoren wie Toleranz23 Beginnend mit einer gesetzlichen Änderung 2008 fingen Emirate Airlines als erste Fluggesellschaft an, auf ausgewählten Flügen Handytelefonate zu erlauben, einige andere folgten. entwicklung, Kontrollverlust, sozialer Rückzug und Entzugserscheinungen lassen sich bei der Internetsucht beobachten.«
    Als der New Yorker Psychiater Ivan Goldberg 1995 zum ersten Mal den Begriff »Internetsucht«

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