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Ich bin dann mal offline

Ich bin dann mal offline

Titel: Ich bin dann mal offline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Koch
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geblieben zu sein, und sah mich selbst trotz leerem Magen als gutgelaunter Sonnenschein durchs Leben springen. Die anderen hatten offenbar eine andere Erfahrung gemacht. Auch bei meinem digitalen Selbstversuch habe ich gemerkt, wie manchmal Selbstwahrnehmung und Realität auseinanderklaffen. So war ich zum Beispiel der festen Überzeugung, dass meine Entschleunigung gar nicht ausschließlich von meiner Internet-Abstinenz herrührte. Es war schließlich Winter, ganz Deutschland lag unter einer dicken Schneedecke -das Leben ging einfach insgesamt gerade langsamer. Das machte ich mir zumindest weis. »Sag mal, spinnst du?«, entgegnete mir David, als ich ihn ungefähr zur Hälfte meines Selbstversuchs mit dieser Einschätzung konfrontiert hatte. »Über Weihnachten und Silvester war ein wenig Ruhe -aber am 2. Januar ging es überall schon wieder mit Volldampf los.« Die Ruhe und Konzentration, das Gefühl, »endlich mal Zeit zu finden«, das ich zumindest zu 50 Prozent auf eine Art Winterschlaf der Menschheit geschoben hatte, war bei mir also doch ausschließlich dem Ziehen des Online-Steckers zu verdanken gewesen.
    Warum machst du das?
    »Papa ... Wie sind die Menschen eigentlich ins Internet gekommen, bevor es Computer gab?« Diese Frage eines Kindes kursiert seit einiger Zeit in Internetforen, wird per Mail weitererzählt oder beim abendlichen Palaver über den Stand der virtuellen Dinge. Dabei ist unklar, ob jemals wirklich ein real existierendes Kind diese Frage gestellt hat -oder ob es sich eher um einen gerne weitererzählten Mythos handelt, ähnlich dem der Großstadtkinder, die eben nur angeblich zum lilafarbenen Filzstift grei-fen, wenn sie echte Kühe malen solle n.29 Doch egal ob ein Kind wirklich einmal diese Frage gestellt hat, sie zeigt, wie selbstverständlich und allgegenwärtig das Internet inzwischen geworden ist. Mich selbst bringt eine ganz andere Kinderfrage ins Grübeln: »Wieso machst du das?«, fragte mich Lena, die fünf jährige Tochter eines befreundeten Paares eines Tages, als ich ihren Eltern beim Kaffeetrinken von meinem gerade noch laufenden Selbstversuch berichtete. Die Frage war gut und mit dem kurzen »Weil ich ein Buch darüber schreibe«, mit dem ich mich aus der Affäre zog, natürlich längst nicht beantwortet. Zum Glück gab sich Lena in diesem Moment damit zufrieden und wandte sich wieder dem Berg an Teebeuteln zu, die nach Sorten zu sortieren sie sich zu ihrer Aufgabe gemacht hatte.
    Doch die Frage blieb spannend. Natürlich war da ein Buch, das geschrieben werden wollte; Ebenso wie der banale Wunsch, mir einfach zu beweisen, dass ich es schaffen würde, eine Zeitlang auf all die Technik zu verzichten, die angeblich mein Leben bestimmte. Aber natürlich war da mehr. Es war der Wunsch, zu erkennen, was von all den Vernetzungsmöglichkeiten und Kommunikationsangeboten wirklich wichtig und ein Gewinn war und worauf ich gut verzichten konnte. Wie und ob es mich verändern würde, wie meine Umwelt reagieren würde. Ein Stück weit war mein Selbstversuch sicher auch der sentimentale Versuch einer Rückkehr in jene »gute alte Zeit«, in der ich am Nachmittag auf mein Fahrrad stieg und zur Tischtennisplatte im Park fuhr, weil einfach immer jemand da war, der mitspielen würde. In der man sich mit einer Gitarre und einer Kiste Bier um ein Lagerfeuer setzte und noch niemand wusste, was SMS und Chats und Tweets und Facebook überhaupt waren. Geschweige denn, wofür man sie brauchen sollte. Doch natürlich konnte diese Rückkehr nicht mehr gelingen oder eben nur zeitweise. Zum Glück. Denn nicht nur bin ich keine 14 mehr -und selbst wenn ich es wäre, würde ich heute statt an der Tischtennisplatte zu stehen mit meinen Freunden vor einem Bildschirm sitzen und »Grand Theft Auto« spielen -oder Chatroulette. Tag 58 Der geschenkte Offline-Samstag
    Auch wenn ich in vielen Dingen schnell wieder in alte Gewohnheiten zurückgefallen bin -es gibt auch Dinge, die ich aus den 40 Offline-Tagen mitgenommen habe und dauerhaft beibehalten will. So schalte ich beispielsweise nicht mehr als erstes jeden Morgen den Computer ein und lasse mich von der ersten Welle der Mails, RSS-Nachrichten und anderen Meldungen wegspülen. Stattdessen frage ich mich selbst, was ich heute zu tun habe, was die wichtigsten Dinge sind, die ich erledigen muss oder möchte, wo meine Prioritäten für den heutigen Tag liegen. Erst wenn ich einen Teil davon erledigt habe, checke und beantworte ich meine E-Mails -danach wird das

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