Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
für unsere echten Ermittlungen, mit denen wir ihn einkreisen. Deine achttausend Kandidatinnen sind dabei unser größter Trumpf, denn er kann nicht wissen, dass wir diese Liste haben. Und einen zweiten Plan brauchen wir für die fiktiven Ermittlungen, mit denen wir Tom füttern. Denn wenn wir nur den kleinsten Fehler machen, wird er es sofort merken. Und dann ist das Spiel vorbei.«
Kapitel 54
Hyannis Port, Massachusetts
Dienstag, 16. Oktober
Klara Swell parkte den Wagen von Dr. Linwood, den sie immer noch nicht zurückgegeben hatte, vor der öffentlichen Bibliothek von Hyannis Port. Sie war in einem historischen Gebäude auf der Main Street untergebracht, einem ehemaligen Kapitänshaus, das aus roten Backsteinen mit weißen Holzbalken gebaut war und überaus putzig aussah. Sie schnappte sich ihr Telefon und betrat die Eingangshalle. Ein paar versprengte Touristen, die sich die Hauptsaison nicht leisten konnten oder wollten, standen in dem Souvenirladen, der als einer der wenigen zu dieser Jahreszeit noch Postkarten und kitschige Memorabilien verkaufte. Ein Asiate fotografierte seine Freundin vor einer Holzsäule, was sich Klara kaum erschloss. Aber das taten die Fotomotive von Touristen aus Asien selten. Klara Swell ging an dem Laden vorbei in die Bibliothek. Kein Ticketschalter, keine Zugangskontrolle, stattdessen eine ältere Frau in einer gestreiften Bluse hinter einem Sperrholztisch, auf dem eine Liste lag, in die sie mit Bleistift abgeholte und zurückgebrachte Bücher eintrug. Klara Swell schaute sie fragend an.
»Honey, die Bibliothek ist nur für Anwohner. Keine Touristen! Tut mir leid, Honey!«
Klara Swell überlegte.
»Ich möchte nichts ausleihen«, sagte Klara. »Nur in ein paar alten Zeitungen etwas nachschlagen«, was ihr nichts weiter einbrachte als ein weiteres ›Sorry, Honey‹ von der Streifenfraktion.
»Sagen Sie …« Klara stockte. Sie wollte ihren Namen wissen.
»Ruth«, sagten die Blusenstreifen.
»Sagen Sie, Ruth. Diese Bibliothek hat doch sicherlich einen Förderverein. Ich meine, wir haben doch alle schon gehört, wie schwierig es ist für solch tolle öffentliche Einrichtungen in der heutigen Zeit. Und es soll ja immer weniger gelesen werden …«
Klara lächelte ihr schönstes Kaiserinnenlächeln.
»Und wenn ich jetzt Mitglied in diesem Förderverein würde mit, sagen wir mal, einer Spende von zweihundert Dollar? Wäre es dann wohl möglich, dass ich mir hier ein paar Ausgaben der Cape Cod Times anschaue?«
Ruth überlegte.
»Es geht um eine alte Familienangelegenheit, und es wäre mir persönlich sehr wichtig«, sagte Klara.
Ruth legte den Kopf in den Nacken, sodass ihr dreifaches Doppelkinn spannte.
»Zweihundert Dollar wäre eine Goldmitgliedschaft im Förderverein«, sagte Ruth schließlich. »Dafür könnten Sie sogar ein Buch ausleihen.«
Klara zog zwei Hundert-Dollar-Scheine aus der Tasche.
»Anschauen reicht vollkommen«, sagte sie. »Können Sie mir sagen, wo ich das Archiv von der Times finde?«
Ruth musste das gestreifte Hemd weit nach oben schieben, um die zweihundert Dollar in die Tasche ihrer Hose stecken zu können.
»Ganz hinten rechts«, sagte sie und deutete mit dem Arm in die entsprechende Richtung. Ihr Blick behielt den Bleistift dabei streng im Auge.
Zweieinhalb Stunden später hatte Klara die Hälfte der Cape Cod Times aus den entsprechenden Jahrgängen durchgearbeitet, und sie hatte bereits drei Vermisstenfälle gefunden. Aber noch keine Verbindung zu Awley. Über den heutigen Gouverneur, der hier auf der Insel ein Haus in direkter Nachbarschaft zu dem Kennedy-Anwesen unterhielt, wurde derart viel geschrieben, dass es dauerte, alles zu sichten und einen Index anzulegen mit Stichpunkten zu jedem Artikel, damit sie sie wiederfand, falls ihr später irgendetwas Ungewöhnliches auffiel. Klara hatte mit dem Jahr 2008 angefangen und arbeitete sich chronologisch zurück. Bei jedem Bericht über eine vermisste Person machte sie einen Vermerk und suchte dann nach den Artikeln über Awley und seine Familie. Im Jahr 2008 war er schon Gouverneur von Massachusetts, und jeder Handschlag, jedes Mittagessen, jeder Krabbensalat, den seine Frau für ein Charity-Event zubereitete, war eine Meldung. Aber keine einzige stand im Zusammenhang mit einem der Vermisstenfälle. Im Gegenteil, er hatte eine beeindruckend widerlich weiße Weste, und das Lächeln seiner Frau auf den Fotos sah sogar echt aus und nicht gespielt. Klara war beim Jahr 2003 angelangt, als
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