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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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seinem
heutigen
Alter – mit einer ausgeprägten Nase, streng zurückgekämmten Haaren, ausdrucksstarken Augen.
    Vierundzwanzig Jahre später … Eindeutig, es war derselbe Mann.
    Es war geradezu grotesk, in welchem Maße es noch derselbe Mann war:
    Dr. Max Freiligrath, der Psychologe gewesen war, bevor er zum Verbrecher wurde. Oder, exakter, der auch
währenddessen
Psychologe geblieben war.
    Und der auch heute, nach einem Vierteljahrhundert der Haft und der Sicherungsverwahrung genau das war: Psychologe.
    Dr. Seidel hatte betont, in welchem Maße es den Patienten freistand, ihr Leben innerhalb ihrer Zimmer nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten.
    Freiligrath, wie es schien, hatte diese Möglichkeiten voll genutzt. Hellblaue Kittel sah die offizielle Hierarchie des Klinikpersonals vermutlich nicht vor.
    Die einzige noch offene Frage klärte ein simpler Blick zur Seite: eine unscheinbare Tür im Schatten der Bücherwand, die vermutlich zum Schlafzimmer innerhalb von Dr. Freiligraths Gemächern führte.
    Albrecht hatte starke Zweifel, dass alle Patienten auf den Stationen 62a bis e über dermaßen weitläufige Räumlichkeiten verfügten.
    Unvereinbar mit der faktischen Gehirnwäsche, auf die der tiefenpsychologische Ansatz der Abteilung selbst architektonisch abzielte.
    Ausgenommen bei Maximilian Freiligrath.
    Der Schreibtisch war waschechtes Louis-seize, und die Bücherwand hätte aus Sigmund Freuds persönlichem Besitz stammen können.
    Der Traumfänger genoss eine Sonderbehandlung.
    Sonderopfer, dachte der Hauptkommissar finster.
    «Frau Friedrichs, Herr Albrecht.» Freiligrath wies auf das Sofa, diesmal unmissverständlich. «Bitte nehmen Sie doch Platz!»
    Jörg Albrecht biss die Zähne zusammen und ließ sich auf der vordersten Kante des Möbels nieder, Friedrichs neben ihm.
    Der Traumfänger kehrte nicht hinter seinen Schreibtisch zurück, sondern lehnte sich locker gegen die Tischkante.
    So überragt er uns, dachte Albrecht. Nicht dumm.
    Doch das hatte er auch nicht erwartet.
    Dies war der Punkt, auf den der gesamte bisherige Fall zugesteuert war.
    Die Dinge, dachte er, sind so, wie sie sind.
    Doch wie verhalten sie sich in Wahrheit?
    «Nun?», erkundigte sich der Traumfänger. «Womit kann ich Ihnen dienen? Ein Kaffee vielleicht?»
    «Danke», sagte Albrecht. «Danke, aber nein. Wir kommen direkt vom Kaffee.» Zumindest spürte sein Magen noch immer die Nachwirkungen. «Dr. Freiligrath …» Er ließ den Blick durchs Zimmer schweifen, über den Schreibtisch, auf dem sich Akten und Folianten türmten, den Bücherschrank. Alles eine Spur offensichtlicher, als nötig gewesen wäre. «Wenn man sich hier umsieht, könnte man meinen, Sie praktizieren wieder?»
    «Praktizieren?» Der Psychologe lächelte. Ein verständnisvolles, beinahe nachsichtiges Lächeln. «Nein, das kann ich wirklich nicht behaupten. In der konkreten Patientenarbeit bin ich niemals in größerem Maßstab tätig gewesen, und das hat sich auch heute nicht geändert.»
    Der Hauptkommissar nickte verstehend. Zum Glück, dachte er. Sekundenlang hatte er sich nur allzu deutlich vorstellen können, wie Seidel und sein Team den Mann als Kollegen konsultierten. Inoffiziell, versteht sich.
    «Ich widme mich weiterhin jenem Feld, dem ich mich mein ganzes Leben lang gewidmet habe», präzisierte Freiligrath. «Der wissenschaftlichen Forschung.»
    Friedrichs hatte ihren Notizblock ausgepackt. Die Kugelschreibermine kratzte über das Papier. Etwas unruhiger als gewöhnlich, wie Albrecht aus dem Augenwinkel feststellte.
    Er selbst machte sich eine Gedankennotiz.
    Wissenschaftliche Forschung, wissenschaftliche Literatur war ein kostspieliges Vergnügen. Der Bücherschrank war zum Bersten gefüllt. Womit bestritt der Mann sein Forscherleben aus der psychologischen Verwahrungsanstalt heraus? Besaß er Immobilien, Aktiendepots?
    Matthiesen musste das prüfen. In Wirtschaftsdingen verstand er am meisten auf dem Revier.
    «Dr. Freiligrath.» Albrecht strich sich über die Oberschenkel und fragte sich im selben Moment, warum er das tat. In neun von zehn Fällen signalisierte eine solche Geste dem Gegenüber, dass man im Begriff war, das Gespräch zu beenden.
    Selbstredend hätte er genau das am liebsten getan.
    Er konnte sich darauf verlassen, dass der Traumfänger es nicht übersah.
    «Sie haben verfolgt, was sich in den vergangenen Tagen ereignet hat?», fragte der Hauptkommissar.
    Freiligrath nickte. «Professor Möllhaus’ Tod hat die

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