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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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war.
    «Letztendlich ist es uns tatsächlich gelungen, das Trauma zu beheben», murmelte Freiligrath. «Er musste sich erinnern, das war wichtig. Sich den Menschen ins Gedächtnis zurückrufen, der er an jenem Tag gewesen ist, inklusive all der Ängste, die er wie jedes Individuum in sich trug.»
    «Und seine größte Angst …» Albrecht erschrak, als er seine eigene Stimme hörte. Sie klang dünn und brüchig. «Sie wollen mir sagen, schlimmer als eine tote Tochter ist eine Tochter, die …»
    «War das nicht Ihr Wunsch, Jörg Albrecht?»
    Der Hauptkommissar hob den Blick. Maja sah ihn an, über den Lauf der Waffe hinweg. Diese bemerkenswerten Brauen. Diese Augen, die niemals blinzelten. Dasselbe Gesicht, derselbe Ausdruck, der kein Ausdruck war und doch … unbestimmter jetzt, als wäre Bewegung in die Züge hinter der Maske gekommen, zu schwach noch, um die Verkleidung zu sprengen, aber doch vorhanden.
    «Die Dinge, so wie sie in Wahrheit sind», sagte die junge Frau. «Sie scheinen Ihnen nicht zu gefallen.»
    «Maja.» Es kostete ihn unendliche Mühe, den Namen auszusprechen.
    Es war nicht ihr Name. Die Frau, die diesen Namen trug, hatte niemals existiert.
    «Ja, ich habe diese Menschen getötet», sagte sie ruhig. «Ihre Mitarbeiter, die beiden Fernsehleute, den Professor.» Sie hielt den Bruchteil einer Sekunde inne. «Focco Neverding. Und, um Ihrer Frage zuvorzukommen: Ja, ich habe es aus eigenem Antrieb getan. Aus eigenem Entschluss. Nicht um
irgendjemandem
 …» Ein Blick zu Freiligrath. «… einen Gefallen zu tun.»
    «Vielleicht sollten wir es so ausdrücken, dass wir in dieser Angelegenheit gleichgerichtete Interessen hatten», schlug der Traumfänger vor.
    «Vielleicht sollten wir es so ausdrücken, dass
ich
die Taten begangen habe», korrigierte Maja kühl. «Wenn Sie etwas wissen wollen, Hauptkommissar, sollten Sie
mich
fragen.»
    Albrecht sah von einem zum anderen.
    Waren sie nun verbündet oder nicht?
    Das Herz des Menschen ist dunkel.
    Freiligrath hatte die Worte in einem besonderen Tonfall gesprochen. Es war ein Code. Daraufhin hatte Maja den Raum betreten.
    «Wenn Sie mir …», begann Albrecht.
    «Halt!» Freiligrath hob die Hand.
    Maja drehte sich halb zur Seite, auf ihrer Stirn erschien eine Falte des Unwillens.
    Gefühle. Sie konnte oder wollte sie nicht mehr vollständig unter Kontrolle halten.
    Doch auch Freiligraths Augenbrauen zogen sich zusammen, als ob er …
    Er lauschte.
    Und tatsächlich:
    Geräusche waren zu hören, gedämpft durch das jahrhundertealte Mauerwerk. Schritte.
    Eilige Schritte, Getrampel. Mehrere, nein, viele Menschen. Stimmen.
    Im Obergeschoss? Schon auf der Treppe?
    Albrechts Herz fing unvermittelt an zu jagen.
    Er sah, wie sich Freiligraths Gesichtsausdruck veränderte und der Psychologe einen Blick mit Werden wechselte.
    «Schneller als gedacht», murmelte er. «Los!», zischte er in Richtung Maja.
    Die junge Frau warf ihm einen unfreundlichen Blick zu, dann schob sie sich an Albrecht vorbei und verschwand im Gebüsch.
    Die Chance kam unerwartet, doch Albrecht erkannte sie auf der Stelle und spannte sich an. Freiligrath war keine drei Schritte von ihm entfernt.
    Doch im selben Moment …
    ***
    «Bitte!» Die Gestalt im Pförtnerhäuschen sah uns an, mit einem Gesichtsausdruck, dass sie mir beinahe leidtat.
    Beinahe.
    «Bitte!», flehte die Frau in ihr Mikrophon. «Ich kann Sie nicht reinlassen, bevor der Doktor …» Sie atmete auf. «Der Doktor!»
    Dr. Seidel stürmte mit finsterem Gesichtsausdruck den zentralen Gang der Abteilung hinab, sodass die Schöße seines Kittels hinter ihm herflatterten.
    Die Pförtnerin drückte sich in einen Winkel ihrer Loge, als er sich vor das Mikrophon schob und unser Einsatzkommando durch die Panzerglasscheibe anstarrte.
    «Was soll dieser Aufzug? Wollen Sie zu Dr. Freiligrath? Wenn Sie einen Haftbefehl …»
    «Gefahr im Verzug!», zischte ich. «Machen Sie auf der Stelle die Tür auf!»
    «Was?»
    «Öffnen Sie die Tür!», brüllte ich und trat einen halben Schritt zur Seite, sodass einer von Cornelius’ Beamten sichtbar wurde, mit gezogener Waffe. «Oder
wir
öffnen sie.»
    Mit versteinertem Gesicht drückte der Oberarzt einen Knopf.
    Ein dezentes Zischen, und die elektronische Schleuse glitt auf.
    Cornelius stürmte mit seinen Männern an mir vorbei.
    Mit kalkweißem Gesicht kam Seidel auf den Gang. «Was zum …»
    «Wo ist Maja Werden?»
    «Was?» Verblüffte Miene. «Ich habe sie den ganzen Tag noch

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