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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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diese Person das an?», fragte sie. «Woher ist sie dermaßen gut über Ihre Mitarbeiter informiert, dass sie ihnen die geheimsten Wünsche von den Augen ablesen kann?»
    «Sie ist intelligent», erklärte Albrecht. «Sie beobachtet sehr aufmerksam. Und sobald sie zu einem ihrer zukünftigen Opfer ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hatte, wird sie ihre Chance genutzt haben, auf diesem Wege an Informationen über die Kollegen zu kommen.»
    Lorentz stieß einen Rauchkringel aus.
    «Was wir jetzt tun müssen …», begann Albrecht.
    Lorentz hob die Hand und brachte ihn zum Schweigen. Ein neuer, tiefer Zug folgte.
    «Können Sie mir garantieren, dass diese Person nicht noch weitere Ihrer Kollegen
gefunden
hat?»
    Der Hauptkommissar schüttelte den Kopf. «Nein, das kann ich nicht. Doch ich habe in unserem Meeting heute Vormittag genau dieses Problem angesprochen: eine neue, ungewöhnliche Bekanntschaft aus der letzten Zeit, die nicht recht ins persönliche Lebensmuster passt. Die Kollegen sind gewarnt. Sie machen sich ihre Gedanken.»
    «Sie auch?»
    Zwei Worte.
    Albrecht stutzte. Er hasste es, auf dem falschen Fuß erwischt zu werden, und er wusste, dass er einer Frau gegenübersaß, die die Lücke in seiner Deckung auf der Stelle erkannte.
    «Es gibt keine neuen Menschen in meinem Leben», erklärte er schließlich. Doch ihm war klar, dass diese Aussage zwei Sekunden zu spät kam. «Abgesehen von zwei neuen Mitarbeitern in den letzten Monaten, Lehmann und Winterfeldt. Beide unverdächtig. In meinem Leben tauchen keine neuen Menschen auf. Aus meinem Leben verschwinden Menschen.»
    Lorentz nickte. «Das mit Ihrer Frau tut mir leid.»
    «Sie ist nicht mehr meine Frau.»
    Die Polizeipräsidentin holte Luft, zog einen Aschenbecher aus ihrer Schublade und drückte die halb gerauchte Zigarette aus.
    «Wir haben es hier mit einer Mordserie zu tun, die zum Beunruhigendsten gehört, was die Stadt in den letzten Jahren erlebt hat», stellte sie in verändertem Tonfall fest. «Dass wir noch keine Massenpanik haben, verdanken wir einzig dem Umstand, dass sich die Opfer auf Angehörige derjenigen Abteilung beschränken, die exakt diese Verbrechen aufklären soll.»
    Also doch. Albrecht wahrte seinen neutralen Gesichtsausdruck, doch er spürte, dass er blass wurde. Lorentz würde ihm den Fall abnehmen. Das war von Anfang an ihre Absicht gewesen. Sie hätte es eleganter gemacht, wenn er ihr die Chance gegeben hätte, doch am Ergebnis hatte es nie einen Zweifel gegeben.
    «Die Identität des Täters ist noch immer unbekannt», fuhr sie fort. «Und wir müssen jederzeit damit rechnen, dass weitere Taten geschehen.» Sie sah ihn an. «Es tut mir leid. Gut möglich, dass Sie tatsächlich auf der richtigen Spur sind, aber ich kann Sie so nicht weitermachen lassen.»
    Ein Griff in ihre unergründliche Schreibtischschublade.
    «Hier.»
    Ein kleines beschriftetes Kärtchen.
    Albrecht blinzelte und streckte die Hand aus. Er stellte fest, dass sie zitterte.
    Prof. Dr. Hartmut Möllhaus
    Institut für Rechtspsychologie
    Technische Universität Braunschweig
    Darunter Adresse und Telefonnummer.
    Verwirrt sah der Hauptkommissar auf.
    «Wie Sie wissen, verfügen wir über eine eigene forensische Psychologie», erklärte Lorentz. «Das gesamte Spektrum. Schuldfähigkeit, Umgang mit Zeugen, Burnout im Polizeidienst.» Eine kleine, strategische Pause, die Albrecht nicht gefiel. «Was Sie nur wollen. Doch kein Betrachter kann einen unvoreingenommenen Blick auf ein Bild werfen, wenn er selbst ein Teil des Dargestellten ist. Und meiner Meinung nach sind in diesem Fall alle unsere Beamten ein Teil des Dargestellten. Professor Möllhaus geht die Sache sozusagen von der anderen, der wissenschaftlichen Seite an. Von der theoretischen Seite, wenn Sie so wollen. Einige Ihrer Kollegen haben bereits erfolgreich mit ihm zusammengearbeitet. Sagen wir: Er wird Sie bei Ihrer Arbeit
unterstützen
, wenn Sie damit besser klarkommen.»
    «Sie nehmen mir den Fall nicht aus der Hand?» Er verfluchte sich, dass seine Erleichterung so deutlich zu hören war.
    Die rothaarige Frau fixierte ihn aus schmalen Augenschlitzen. «Sie sind befangen, Albrecht. Daran habe ich nicht die Spur eines Zweifels. Befangener als irgendjemand sonst. Der Mensch, der das getan hat, hat zwei Ihrer Mitarbeiter auf dem Gewissen. Wenn es jemanden gibt, der den Kerl stellen kann, dann sind Sie das.»
    Der Hauptkommissar schluckte und betrachtete noch einmal die Karte.
    Vor Gericht wäre das wohl

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