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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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eigener Mann
mich angesprochen hatte!
    Dennis biss sich auf die Unterlippe und streckte die Hand nach mir aus. «Entschuldige», murmelte er. «Das war dumm.»
    Ich sah ihn an. «Du zynisches Arschloch!», zischte ich und ließ ihn stehen.
    ***
    Ein meckerndes Lachen.
    Mir war klar, dass es nur in meinem Kopf existierte, aber dort war es deutlich genug, hallte von meiner Schädeldecke wider.
    Ich konnte unmöglich sagen, ob es zu einer maskierten Dame oder zu einem alten Herrn im Rollstuhl gehörte.
    Angst, dachte ich. Wer Angst hat, macht Fehler.
    Ich spürte, dass Dennis mir hinterhersah. Ich wusste, dass er ein schlechtes Gewissen hatte. Genauer gesagt hatte er das offen ausgesprochen: Er hatte sich entschuldigt.
    Ja, er hatte Schwachsinn geredet. Und das wusste er ganz genau. Und ich für meinen Teil wusste ganz genau, dass ich solche Aktionen exakt auf diese Weise zu betrachten hatte: als Schwachsinn. Mehr nicht.
    Oder noch kürzer, noch einfacher: Es war einfach eine Aktion von einem
Mann
. Keine weiteren Diskussionen. Unter normalen Umständen hätte ich die Augen verdreht und ihm zu seiner letzten Bemerkung vollumfänglich recht gegeben: Ja, Dennis, das
war
dumm.
    Doch die Umstände waren nicht normal.
    Ich hatte Angst.
    Ich spürte meinen Puls in der Ader an der Schläfe. Er raste. Zumindest hatte ich das Gefühl, dass er raste. Das Entscheidende war, dass ich überhaupt einen Gedanken daran verschwendete.
    Angst.
    Ich fühlte mich wackelig auf den Beinen, als ich um die Hausecke bog. Natürlich war ich gekommen, um mit Raoul zu reden, und der Junge war im Haus, doch ich musste zumindest nach Oliver sehen. Und vielleicht, mit einer Riesenportion Glück, wusste Oliver ja doch etwas und mir und dem Jungen blieb das Gespräch erspart.
    Doch daran glaubte ich selbst nicht.
    Oliver stand vor dem Schuppen hinter dem Haus, drehte mir den Rücken zu und holte gerade mit einer barbarischen Axt aus. Mit einem Stöhnen ließ er sie niedersausen.
    Wamm!
    Ich hielt vorsichtig Abstand und wartete, bis er sich wieder aufgerichtet hatte.
    «Oliver?»
    Keine Antwort.
    Doch er hatte mich gehört. Er machte nicht weiter, sondern stand mit seinen fast zwei Metern aufrecht da, den Rücken zu mir.
    «Willst du nicht …», begann ich und ging zögernd auf ihn zu.
    Da erst sah ich, worauf er herumgehackt hatte, wobei vor zertrümmertem, zerstückeltem Holz kaum noch etwas zu erkennen war.
    Ich schlug die Hand vor den Mund.
    Ich habe an der Wiege gearbeitet. Alles abgebeizt.
    Die Wiege für das Kleine.
    Sie würden sie nicht mehr brauchen. Oliver würde sie nicht mehr brauchen. Kerstin war tot und mit ihr das ungeborene Kind, das sie Sophie genannt hätten, wenn es ein Mädchen geworden wäre.
    Plötzlich drehte er sich um, und ich stolperte unwillkürlich zurück.
    Er hielt die Axt mit beiden Händen, und in seinen Augen flackerte ein Ausdruck, der nicht zu einem gesunden Menschen passte.
    Verdammt, Friedrichs! Reiß dich zusammen!
    «Komm, Oliver», sagte ich so ruhig wie möglich. «Mach mal eine Pause.»
    Er blinzelte. «Warum?», fragte er. Es klang tatsächlich neugierig.
    «Weil …» Ich biss mir auf die Lippen, doch im nächsten Moment konnte ich nicht anders. Die Tränen kamen ohne Vorwarnung.
    Es gibt Frauen, die können auf Bestellung heulen.
    Das ist mehr als einfach nur eine Redewendung oder ein billiges Vorurteil. Ich habe solche Krokodilstränen mehr als einmal erlebt, wenn wir die Nachricht von einem Todesfall zu überbringen hatten. Zusammenbrüche, großes Drama – und zwei Tage später stellt sich heraus, dass die Dame des Hauses selbst im Hintergrund die Fäden gezogen hat bei den durchgeschnittenen Bremsschläuchen. Und selbstverständlich gibt es Herren der Schöpfung, die nicht weniger begabt sind bei solchen spontanen Gefühlsäußerungen.
    Oliver Ebert war jedenfalls keiner von ihnen.
    Er starrte mich nur an. Ich konnte nicht mehr klar sehen, konnte nicht sagen, ob das ungesunde Flackern in seinen Augen erloschen war.
    Erst als ihm die Axt aus der Hand fiel, er auf mich zukam und mich in die Arme schloss, um
mich
zu trösten …
    Erst da fing auch er an zu weinen.
    ***
    «War das ein Sieg, Albrecht?»
    Der Dienstwagen parkte in einer ruhigen, von Rosskastanien gesäumten Straße am Rande von Ohlstedt. Der Hauptkommissar betrachtete sein Gesicht im Rückspiegel.
    Du siehst fürchterlich aus.
    But the worst is yet to come.
    «Oder eine Niederlage?»
    Er schüttelte den Kopf und lüftete kurz das Revers

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