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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Faber.
    «Ja, aber sie sind nun mal alle drin in der Registratur, oder?» Matthiesen.
    «Sackl Zement! Des geht fei ned!»
    Wer das war, war keine Frage.
    Das Team war offenbar bei der Arbeit.
    «Meine Herren.» Albrecht deutete ein Nicken an.
    Die drei Beamten hatten sich hinter Max Fabers Schreibtisch versammelt, kaum zu sehen hinter hohen Aktenstapeln. Erst ein paar Jahre nachdem Jörg Albrecht die Leitung des Kommissariats übernommen hatte, war die Verwaltung komplett auf EDV umgestellt worden. Alles was älter war, und damit auch viele der in Frage kommenden Fälle, schlummerte in staubigen Pappschubern – und würde dort noch eine Weile weiterschlummern. Vorgänge, die Tötungsdelikte betrafen, unterlagen keiner Verjährung.
    «Und?», fragte der Hauptkommissar. «Wie weit sind Sie gekommen?»
    Faber nagte an seiner Unterlippe. «Also, um ehrlich zu sein …»
    Das war exakt die Sorte von Eröffnung, die Jörg Albrecht entschieden nicht schätzte. Um den heißen Brei herumreden. Seine Beamten hatten ehrlich zu sein. Immer. Punkt.
    «Ich bitte darum», sagte er kühl.
    Faber streckte die Arme aus. «Wir wissen schlicht nicht, wo wir anfangen sollen. Ole Hartung war seit Anfang der Achtziger in der Abteilung, und er war das erste Opfer. Kerstin Ebert ist erst später dazugekommen, Mitte ’88 muss das gewesen sein. Doch selbst dann …»
    «Ihr Stichtag ist der erste März 1989», unterbrach ihn Albrecht.
    «Was war da?»
    «Das war der Tag, an dem ich die Leitung dieses Reviers übernommen habe.»
    «Aber wenn die beiden …»
    «Die ich im Übrigen noch immer innehabe.» Jörg Albrecht wusste, wie seine Stimme klingen konnte, wenn er nur wollte. Für gewöhnlich setzte er sie nicht auf diese Weise ein.
    Nicht bei Kollegen.
    «Und in dieser Eigenschaft gebe ich Ihnen hiermit die
dienstliche Anweisung
, mit Ihren Nachforschungen am 1. März 1989 zu beginnen. Sie werden sich auf Delikte gegen Leib und Leben konzentrieren. Ihr besonderes Augenmerk werden Sie auf Fälle richten, die im Blickpunkt der Öffentlichkeit standen und in die ich persönlich involviert war. Täter, die noch ihre Haftstrafe verbüßen, dürfen Sie nachrangig behandeln. Haben Sie das verstanden?»
    Röte überzog Fabers kahlen Schädel. «Ja, Herr Hauptkommissar», knirschte er zwischen den Zähnen hervor.
    Matthiesen und Seydlbacher nickten stumm. Ein unterdrücktes Murmeln, das sich anhörte wie
«Bissgurkn!»
, aber so leise, dass Albrecht es ignorieren konnte.
    Er holte Luft und schüttelte den Kopf. Mit ziemlicher Sicherheit wäre das der richtige Moment für eine Entschuldigung gewesen – oder zumindest für eine Relativierung.
    «Gut», murmelte er. «Dann machen Sie das so.»
    «Hauptkommissar?»
    Er drehte sich um. «Ja, mein Gott! Was ist denn jetzt schon wieder?» Unfreundlicher als beabsichtigt.
    Irmtraud Wegner stand in der Tür, in der Hand die Visitenkarte. Sie wirkte unsicher, ungewöhnlich bei ihr.
    «Professor Möllhaus’ Büro war noch besetzt», berichtete sie. «Allerdings … Er fliegt morgen zu einer Konferenz nach Berkeley, Kalifornien, und wird erst in vierzehn Tagen zurück sein.»
    Albrecht spürte, wie sich ein Ring um seine Brust löste.
    «Er wäre aber bereit, heute Abend noch mit Ihnen zu sprechen», fuhr Wegner fort. «Falls Sie das einrichten könnten. Er hat bis in die Nacht im Institut zu tun. Ich habe ihm klargemacht, wie dringend dieser Fall …»
    «Ich soll ihn anrufen?»
    Die Sekretärin schüttelte den Kopf. «Er stellt grundsätzlich keine Diagnosen am Telefon. Sie müssten schon hinkommen.»
    «Ich soll heute Abend noch nach Braunschweig?»
    «Wenn Sie über Lüneburg abkürzen, sparen Sie eine ganze Ecke im Vergleich zur Autobahn», meldete sich Faber. «Wir nehmen die Strecke immer in den Harz.»
    Albrecht biss die Zähne zusammen. Er hatte heute Nacht länger geschlafen als in den drei vorangegangenen Nächten zusammen. Trotzdem fühlte er sich wie gerädert. Und wenn er daran dachte, was ihm am Ende der Fahrt bevorstand …
    Doch auf Isolde Lorentz würde es einen guten Eindruck machen, wenn er alles getan hatte, was in seiner Macht stand. Und eine innere Stimme sagte ihm, dass er Lorentz noch brauchen würde, bevor diese Sache vorbei war.
    Und einen Abend lang konnte er einfach weghören, ganz gleich, was Möllhaus zu sagen hatte.
    Der Erlenast würde wieder frei sein.
    Jörg Albrecht würde die Fäden im Dickicht der Ermittlung nach seinen Vorstellungen spannen können.
    Er

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