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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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sein.
    Das aber wird zu einer Veränderung im Ablauf der Kausalkette führen, einen im Plan durchaus angelegten zentralen Todesfall früher eintreten lassen als ursprünglich beabsichtigt.
    Das ist eine Schwäche.
    Doch sie lässt sich beheben.
    Sie glauben, der Fährte zu folgen?
    Es könnte sinnvoll sein, sich an
ihre
Fährte zu heften.
    Aus nächster Nähe.

[zur Inhaltsübersicht]
fünf
    I rgendwie sind wir schon ein eigenes Völkchen in Hamburg.
    In welcher anderen Stadt der Welt sind sogar die Bullen stolz auf das Puffviertel?
    St. Pauli ist eine Institution. Selbst die Busladungen von Rentnertouristen lassen eher die Mönckebergstraße aus als die Reeperbahn. Sie gehören zum Alltagsbild mit ihren billigen Digitalkameras und ihren roten Ohren, wenn die Türsteher versuchen, sie in die Clubs zu locken.
    Natürlich ist St. Pauli auch gefährlich. Nirgendwo sonst kann man sein Geld so schnell loswerden – in der Regel allerdings auf durchaus gesetzmäßigem Weg. Verbrechen wie der Mord an Ole Hartung sind die absolute Ausnahme. Die wirklich schweren Jungs machen sich vor allem gegenseitig kalt. Alles andere wäre wirklich tödlich – fürs Geschäft nämlich. Und da sind unsere Ganoven eigen, wie alle echten Hanseaten.
    St. Georg ist anders.
    Einerseits gelten Teile des Viertels mittlerweile als schick und aufregend. Die
Lange Reihe
ist von der Schwulencommunity erobert worden, die die Mieten in astronomische Höhen getrieben hat. Andererseits gibt es direkt nebenan nach wie vor die billigen Sexshops, und zwei Ecken weiter kann man immer noch auf offener Straße an seinen Stoff kommen. Und die Geschichte mit dem jahrelang leerstehenden «Horrorhaus», in dem ein Obdachloser Feuer gelegt hatte, woraufhin die herbeigeeilten Einsatzkräfte rein zufällig auf eine frisch erdrosselte Prostituierte stießen, ist auch noch nicht lange her.
    Jörg Albrecht hatte mir schließlich die Adresse einer Tapas-Bar durchgegeben, direkt am Hansaplatz. Ich hatte den Wagen ein Stück entfernt abgestellt und hielt mich im Schatten, während ich mich näherte.
    Ich hätte zu gerne gewusst, welchen Vertreter unserer halbseidenen Kundschaft der Chef auf seine allerliebste Journalistin angesetzt hatte. Doch ich konnte nichts Verdächtiges entdecken.
    Nach Margit Stahmkes Date musste ich dagegen erst gar nicht Ausschau halten – das befand sich mit ziemlicher Sicherheit schon in der Bar. Davon abgesehen, dass ich sowieso nicht gewusst hätte, woran ich den ominösen Informanten identifizieren sollte. Unser Mörder persönlich konnte drei Schritte hinter mir stehen, und ich würde ihn nicht erkennen. Wer zu Scharaden als Latexlady oder Rollstuhlrentner fähig war, war faktisch unsichtbar.
    Ich spürte, wie das unangenehme Gefühl in meinem Magen wieder erwachte. Das war das Ungleichgewicht in dieser Ermittlung:
Er
würde mich erkennen – der Mörder, nicht der Informant. Der Täter kannte mein Gesicht, wie er jedes Gesicht auf dem Revier kannte, Faber, Lehmann, Matthiesen oder den Chef genauso gut wie Kerstin und Ole Hartung.
    Ich schob die Glastür auf. Verlockende Düfte schlugen mir entgegen, und mit einem Mal hatte ich die Antwort, was das Gefühl in meinem Magen wirklich war, zum Teil zumindest: Hunger. Das Letzte, was ich gegessen hatte, war ein zweifelhaftes Putensandwich auf dem Weg zum Haus der Eberts gewesen.
    Fast alle Tische waren voll besetzt, Gäste redeten wild durcheinander, im Hintergrund spielte lateinamerikanische Musik, die man mit sehr viel gutem Willen für Bossa nova halten konnte. Und irgendwo dazwischen mein Zielobjekt.
    Ein freier Tisch am Durchgang zur Toilette. Ich setzte mich und packte meine Handtasche auf den Stuhl nebenan. Ein deutliches Zeichen, dass ich keine Gesellschaft wünschte.
    Im selben Augenblick entdeckte ich Stahmke, schräg rechts von mir, keine fünf Meter entfernt.
    Sie war nicht allein.
    Ich kannte den Mann, der bei ihr war.
    Paul. Paul, der Kameramann, den wir gemeinsam mit ihr auf dem Friedhof vorläufig festgesetzt hatten.
    Ich biss mir auf die Lippen.
    Kein Informant.
    Kein Täter.
    Ein Abendessen mit einem engen Mitarbeiter.
    Deshalb war sie hier.
    Albrecht hatte mich hergejagt, und ich hatte nicht mal in Frage gestellt, woher er wissen wollte, mit wem die Zecke verabredet war.
    Stahmke wusste, dass wir sie verdächtigten. Wie dämlich hätte die Frau sein müssen, sich in aller Öffentlichkeit mit ihrem Informanten zu treffen?
    Mein Abend war gelaufen. Das war das einzige

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