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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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beschatten zu lassen, hätte die Lorentz jetzt meinen Dienstausweis. Doch es gibt andere, weniger offizielle Wege.»
    Mir stand der Mund offen.
    Deshalb war er so ruhig geblieben, als Max Faber gezwungen gewesen war, Stahmke gehen zu lassen. Kripohauptkommissar Jörg Albrecht hatte einen unserer Kontaktleute vom Kiez auf eine Journalistin angesetzt! Wenn Isolde Lorentz
das
erfuhr oder wenn gar die Presse davon Wind kriegte, war der Dienstausweis sein kleinstes Problem.
    «Doch sie führen nur bis hier», sagte Albrecht.
    Die Ampel sprang auf Grün.
    «Ich muss wissen, mit wem sie sich trifft, und dann müssen Sie sehen, wie Sie verfahren.
Ihre
Aussage können wir vor Gericht verwerten. Solange keine Gefahr im Verzug ist, bleiben Sie im Hintergrund. Sie darf Sie auf keinen Fall sehen, es sei denn, es geht um Leben und Tod. Vor allem aber gehen Sie kein Risiko ein, hören Sie? Ihre Sicherheit steht an allererster Stelle. Ich bin mir nicht sicher, wie vielversprechend diese Spur ist …»
    Der Motor seines Dienstwagens heulte auf, als er ansetzte, den Möbeltransporter zu überholen.
    «Aber es ist die einzige, die wir haben.»

[zur Inhaltsübersicht]
Zwischenspiel II
    Die Kälte des Abends kommt rasch. Wie eine greifbare Substanz füllt Nebel den unwirtlichen Winkel am Rande des Containerhafens. Er trägt den Atem von Furcht mit sich.
    Die gedämpfte Helligkeit hinter den fadenscheinigen Vorhängen des Wohnmobils ist ein Irrlicht, das sich im Dunst verliert. Die Entfernungen scheinen zu schwanken wie die graue Gestalt, die sich durch die Tür mit den sorgfältig geölten Angeln schiebt, aus hohlen Augen ins Zwielicht starrt.
    Die anderen Augen, die Augen hinter dem Feldstecher, sind näher gekommen.
    Der graue Mann kann sie nicht sehen. Die grellen, schmerzerfüllten Bilder in seinem Kopf sind um so vieles deutlicher als die schattenhaft verschwommene Wirklichkeit.
    Sie flüstern und schreien, treiben ihn vorwärts, zwingen ihn dem unratübersäten Boden entgegen. Reißen ihn auseinander.
    Mit torkelnden Schritten tritt er die Hetzjagd an, deren Sinn und Zweck für einen Fremden kaum durchschaubar wäre. Seine Zuflucht bietet ausreichend Raum für Vorräte, für Lebensmittel, den klaren hochprozentigen Alkohol, der den Bildern für Stunden eine Spur ihrer Schärfe nimmt. Und alle paar Tage kommt
sie
vorbei. Sie hat ihn noch nie enttäuscht und wird ihn niemals enttäuschen.
    Und doch ist es stärker als er, zwingt ihn ins Freie, weil er weiß, dass er die Blechwände, die er in ein Grab verwandelt hat, sonst nie mehr verlassen wird.
    Der Kiosk. Er kann ihn erreichen. Er muss wissen, dass er ihn erreichen kann. Abend für Abend aufs Neue.
    Und er stirbt bei jedem Schritt auf dem Weg.
    Die Augen, die niemals blinzeln, sind nahe. Wenn er jetzt die Hand ausstreckte, könnte er die vom Dunst nur notdürftig verhüllte Gestalt berühren.
    Doch er taumelt blind vorüber, und die Augen bleiben zurück.
    Sie werden ihm heute nicht folgen.
    Die Besuche im Reich des grauen Mannes sind wichtig für den analytischen Geist, der das gesamte Experiment geplant, vorbereitet, ersonnen hat. Sie sind die Skala, auf der er den Fortgang des Experiments ablesen kann. Er kann zufrieden sein bisher.
    Ein großer Vorteil seiner Versuchsordnung ist die Flexibilität. Nahezu jedes der einzelnen notwendigen Ereignisse kann zu einem früheren oder auch späteren Zeitpunkt eintreten.
    Und doch wird niemand die wahren Zusammenhänge erkennen.
    Niemand als der graue Mann.
    Bis die Stunde gekommen ist.
    Aber selbst dieser akribische Plan besitzt Schwachstellen. Sie sind gut verborgen, unmöglich auszumachen, es sei denn durch den größten Feind einer jeden exakten Wissenschaft: den Zufall, der die Dinge unpräzise macht, sie ihrer Perfektion und damit ihres Wertes beraubt.
    Und genau das, so scheint es, ist geschehen.
    Aus Gründen, die in der Gesamtkonzeption seines Planes liegen, sind dem nimmermüden Verstand hinter Okularen und Nachtsichtgerät nur begrenzte Eingriffe in das Handeln derjenigen gestattet, die glauben, der Fährte zu folgen.
    Doch er weiß, was sie tun. Zu jedem Zeitpunkt. Er schlussfolgert aus ihren Aktionen, erkennt die Richtung ihres Denkens, sieht ihre Handlungen voraus.
    Und selbstverständlich hört er ihre Telefonate ab.
    Eine umgehende Entscheidung ist notwendig, und in Bruchteilen von Sekunden ist sie getroffen.
    Die Verkehrslage ist bereits überprüft. Viel Zeit bleibt nicht, doch er kann zur rechten Zeit am rechten Ort

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