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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Ergebnis dieses Einsatzes.
    Also einfach wieder verschwinden?
    Ich schüttelte den Kopf. Das konnte und wollte, das
durfte
ich nicht.
    Dieser Abend war eine Chance. Wenn Stahmke hier und jetzt eine neue Nachricht erhielt, per Handy vermutlich, wie das wohl auch bisher funktioniert hatte, konnte ich versuchen, den beiden zu folgen.
    Doch gleichzeitig war mir klar, was eine neue Nachricht bedeuten würde. Wir waren in Gefahr, das ganze Team. Jede Minute, im Dienst oder nicht.
    Stahmke und Paul unterhielten sich, doch sie sprachen leise. Bei mir kamen nicht mal Wortfetzen an. Ein vollbesetzter Tisch befand sich zwischen uns, der aber gleichzeitig eine willkommene Deckung für mich bedeutete – meine einzige, mit Ausnahme der Speisekarte.
    Zum Glück sah keiner der beiden direkt in meine Richtung. Paul hätte mich noch eher im Blick gehabt, doch ich bezweifelte, dass er mich wiedererkennen würde. Auf dem Friedhof war es dunkel gewesen, und ich konnte mich nicht erinnern, den Mann vorher schon mal gesehen zu haben. Wobei …
    Ich packte meinen Notizblock aus.
Paul
, schrieb ich, dahinter ein Fragezeichen. Es konnte nicht schaden, den Mann zu überprüfen. Seine Personalien hatten wir schließlich aufgenommen.
    Ein gestresst wirkendes junges Mädchen kam an meinen Tisch und erkundigte sich nach meiner Bestellung. Ich suchte was aus, ohne richtig hinzuschauen, und nahm ein Holsten dazu. Als ich den Blick wieder hob …
    Er kam eben durch die Tür.
    Er konnte mich nicht übersehen, und das tat er auch nicht. Überrascht blieb er einen Moment stehen und hob eine Augenbraue, bevor er sich elegant zwischen den Tischen durchschob und bei Stahmke und ihrem Begleiter niederließ.
    Joachim Merz.
    ***
    Es war ein Wettrennen gegen die Zeit.
    Für zwanzig Uhr dreißig hatte Professor Möllhaus dem Hauptkommissar einen Termin zugesagt. Später am Abend erwarte er noch einige seiner Doktoranden. Ungewöhnliche Zeit, hatte Jörg Albrecht gedacht. Doch diese Psychomenschen waren auch ungewöhnliche Leute, vorsichtig ausgedrückt.
    Albrecht fluchte. Er war kurz vor fünf vom Revier weggekommen. Dreieinhalb Stunden: Das hätte kein Problem sein dürfen für die Strecke nach Braunschweig – wenn er nicht auf Faber gehört, sondern die Autobahn genommen hätte, die A7 nach Hannover und über die A2 im rechten Winkel in die Universitätsstadt.
    Stattdessen hatte er eine halbe Stunde hinter einem Tanklaster geklemmt, der hinter einem Sattelschlepper klemmte, der hinter einem Rübentrecker …
    Rüben!
Abends um sieben!
    Und danach war es nicht besser geworden. Am Anfang hatte Albrecht über die Wahnsinnigen geflucht, die sich in Eigenregie aus der zweispurigen Landstraße eine dreispurige Überholpiste bastelten und die LKW aus dem Weg drängelten. Auch unmittelbar vor einer Kurve, wo in Gegenrichtung ein anderer Irrer auf dieselbe Idee kommen konnte.
    Dann hatte er sich dem allgemeinen Fahrstil angepasst.
    Zehn Minuten später hatte es plötzlich grell aufgeblitzt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Hauptkommissar längst aufgehört, die warnenden Tempo-70-Schilder zur Kenntnis zu nehmen.
    Das war ein Fehler gewesen.
    Seitdem fuhr er brav. Wenn die niedersächsischen Beamten in ihren Aufnahmen ein Dienstfahrzeug der hamburgischen Polizei identifizierten, würde das besondere Freude auslösen. Und die gönnte er ihnen nicht.
    Seinen Berechnungen nach sollte es nunmehr mit der Ankunftszeit klappen.
Just in time.
    Albrecht nutzte den Rest der Fahrt, um auf dem Revier anzurufen. Das Trio für die zurückliegenden Fälle hatte bereits angekündigt, eine Sonderschicht einzulegen. Einzig das hielt den Hauptkommissar zurück, auf Kommissar Fabers Abkürzung zu sprechen zu kommen.
    Stattdessen hörte er aufmerksam zu. Die Beamten hatten den gesamten Jahrgang 1989 und die Hälfte von 1990 nunmehr durchgearbeitet und drei Fälle ausgesondert, die eventuell in Frage kamen. Zumindest kamen sie so lange in Frage, wie man den weiteren Lebensweg überführter Straftäter nicht mit jener Akribie verfolgte, mit der Jörg Albrecht das tat.
    Zwei der fraglichen Herren konnte er auf der Stelle ausschließen: tot beziehungsweise wieder in staatlicher Obhut.
    Mark Lukas dagegen war Jörg Albrechts erste große Ermittlung gewesen. Allerdings hatte Lukas ausschließlich Sexualdelikte begangen. Selbst wenn bei der neuen Tatserie ein anderes Motiv im Vordergrund stand – Rache –, traute Albrecht dem Mann nicht zu, dass er die Finger von Kerstin Ebert gelassen

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