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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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feuerrot.
    «Prada», murmelte ich. «Das passt.» Ich drehte das Beweisstück um. In einem kleineren, transparenten Täschchen innerhalb des Sicherungsbeutels steckte ein Presseausweis.
Margit Stahmke.
Auf dem Foto sah sie zwanzig Jahre jünger aus.
    «Und woher haben Sie das, wenn Sie noch nicht zu ihr vorgedrungen sind?»
    Ich sah, wie Schmehlich die Zähne zusammenbiss.
    «Da vorne.» Ein rot-weißes Kunststoffband sperrte einen Bereich am Rand des Sumpfgebiets weiträumig ab. Zwei, drei weitestgehend kahle Bäume. An einem Ast war ein zusätzlicher Fetzen Absperrband befestigt wie das traurige Überbleibsel einer Deko vom Kostümfest.
    Ich kniff die Augen zusammen. «Sie ist vor ihm geflüchtet?», fragte ich zweifelnd. «Und die Tasche ist in den Zweigen hängen geblieben.»
    «Das erscheint …» Schmehlich holte Luft. «’dammich, das glaub ich im Leben nicht. Hector!» Er winkte einem der Uniformierten. «Das Fernglas?»
    Hector löste den Trageriemen um seinen Hals und sah Schmehlich fragend an, der in meine Richtung nickte.
    Ich nahm den Feldstecher entgegen und sah probeweise durch die Objektive.
    Der Kommissar deutete auf eine Stelle zwischen den Bäumen, ein Stück entfernt von den Beamten, die einen Steg durch das trügerische Gelände schlugen.
    «Etwa fünfzig Meter von hier», murmelte er. «Folgen Sie der Flucht der Plankenreihe.»
    Grün, eine Mauer von verschwommenem Grün, dass mir schlecht davon wurde. Rasch regelte ich die Schärfe nach, suchte nach einem Orientierungspunkt, einem …
    Ein hellerer Fleck.
    Schon war ich vorbei, versuchte die Stelle wiederzufinden, zurück nach links – da!
    «An der Unterseite können Sie rauszoomen», sagte Schmehlich leise.
    Vorsichtig legte ich den Finger auf den Regler. Das helle Objekt wurde kleiner, der Bildausschnitt wuchs, und …
    Ich keuchte.
    Margit Stahmke.
    Es musste Margit Stahmke sein.
    Selbst jetzt noch sah der beige Hosenanzug sauteuer aus. Selbst in dieser Position.
    Hände und Füße der Journalistin waren gefesselt, der Strick, der die Füße hielt, war anderthalb Meter über dem sumpfigen Boden um einen Ast geschlungen, sodass ihr Körper kopfüber hing …
    Aber es gab keinen Kopf. Es war kein Kopf zu sehen.
    Es gab Schlamm und wucherndes Grün und braunes Wasser.
    Braunes Wasser, in dem Kopf und Schultern der Toten versunken waren.
    Braunes Wasser, das Margit Stahmke erstickt hatte.
    ***
    «Bericht!»
    Jörg Albrecht rauschte in den Korridor des Reviers. Matthiesen und Winterfeldt standen vor der Bürotür des Computermenschen, stolperten aber zurück, als hätte eine Druckwelle sie erfasst.
    Der Hauptkommissar steuerte auf den Informationstresen zu, hinter dem Irmtraud Wegner zwei Telefonhörer gleichzeitig in den Händen hielt.
    Hauptkommissar!, formten ihre Lippen. Ihr Blick versuchte ihn abzubremsen.
    «Später!», knurrte er und sah sich zu den Mitarbeitern um, die die Köpfe auf den Flur streckten. «Besprechungsraum in fünf Minuten! Alle!»
    Kurz vor dem Tresen bog er scharf nach rechts. Sein Büro. Mit einer Handbewegung fegte er die Krümel vom Tisch, die ihm verrieten, wer die Nachtschicht gehabt hatte.
    Franzbrötchen.
    Matthiesen.
    Albrechts Aktentasche. Acht Blätter mit Kopien der Kopie seiner eigenen Aussage, die Wolczyk ihm angefertigt hatte. Wenigstens das, nachdem es einen Abschlussbericht des Professors nun niemals geben würde.
    Ein vorsichtiges Klopfen.
    Hauptmeister Lehmann.
    «Ich wollte nur fragen: Den Bericht, wollen Sie den jetzt gleich sofort? Oder, äh, gleich, also in fünf Minuten beim Meeting? Sonst müsste ich kurz die Unterlagen holen und das könnte einen Moment …»
    «Ist Friedrichs schon zurück?»
    Lehmann schüttelte den Kopf. «Aber sie müsste jede Sekunde da sein. Am Telefon meinte sie, es sähe eindeutig nach Mord aus.»
    «War kaum zu erwarten, dass die Stahmke sich selbst gerichtet hat», brummte Albrecht. «Drei Minuten. Bis dahin Tür zu!»
    Er starrte auf die Unterlagen. Seine eigene Aussage. Die sorgfältig geknüpften Fäden zwischen den Tatbeständen im Raum der Ermittlung, befestigt mit Indizien und Hinweisen. Mit begründeten Vermutungen.
    Ein zurückliegender Fall. In dreiundzwanzig Jahren waren so viele zusammengekommen, und er hatte keinen persönlichen Favoriten. Der Täter suchte die Öffentlichkeit. Er war intelligent, er war einfallsreich, und einiges wies zudem darauf hin, dass ihm erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung standen. Das Bild war so klar gewesen,

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