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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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fast schon im Begriff, dreidimensionale Züge zu gewinnen.
    Und dann war Möllhaus gestorben.
    Die Ausführung der Tat, das komplizierte, minutiös geplante Verwirrspiel, das doch erst in der Tatnacht ersonnen worden sein konnte. Die perfide Methode der Tötung, die die Sache zum Aufmacher in den Nachrichten machen würde, sobald irgendjemand in Braunschweig nicht mehr dichthalten konnte.
    Derselbe Täter. Kein Zweifel.
    Alles passte – und passte doch nicht.
    Wo war die Verbindung zu irgendeiner vergangenen Ermittlung? Und wenn sämtliche Kollegen auf der gesamten Behörde bereits mit Möllhaus gearbeitet hatten: Für Jörg Albrecht war die Zusammenkunft im Institut das erste und letzte Mal gewesen.
    Im Laufe des gestrigen Abends hatte der Hauptkommissar einen gewissen Respekt für den Professor entwickelt, mehr noch für die Gruppe junger Leute, Wolczyk und sein Mädchen, Börges oder wie der Mensch hieß – doch davon hatte der Täter nun beim besten Willen nichts wissen können.
    Möllhaus’ Tod war sinnlos; noch sinnloser als die Ermordung von Hartung und Ebert. Möllhaus war tot, und angesichts der Umstände war dieser Tod vielleicht der grausigste von allen. Und auch diesen Tod durfte sich Jörg Albrecht auf die Schultern laden.
    Und doch bewegte sich dieser Tod nicht in denselben Dimensionen wie die Taten gegen seine persönlichen Mitarbeiter. Es war nicht dieselbe Härte der …
    «Strafe», murmelte er.
    Das war es, was im Hintergrund stand: Strafe.
    Ihm, Hauptkommissar Jörg Albrecht, seine Unfähigkeit vorzuführen, die Menschen zu beschützen, für die er die Verantwortung trug. Ihn, Jörg Albrecht, zu bestrafen.
    Und da passte der Tod eines Mannes, den er kaum gekannt hatte, einfach nicht ins Bild. Möllhaus’ Tod war unvereinbar mit der langsamen Eskalation, die sich zwischen Ole Hartungs Ableben und dem Mord an Ebert angedeutet hatte.
    Natürlich bestand die Möglichkeit, dass Möllhaus schlicht und einfach deswegen hatte sterben müssen, weil der Täter in Sorge gewesen war, dass der Professor ihm auf die Spur kommen könnte. Das wäre obendrein noch ein zusätzliches Zeichen an Albrecht gewesen: Vor
dir
muss ich mich nicht fürchten.
    Doch da war sich der Hauptkommissar sicher: So dachte dieser Täter nicht. Wenn er Möllhaus aus diesem Grund getötet hätte, wäre das wie ein Eingeständnis gewesen: Mein Plan ist nicht perfekt. Nimm dir einen Psychologen dazu, und du hast mich.
    Unvereinbar mit der Arroganz dieses Täters.
    Und nun: Stahmke?
    Der Tod eines Menschen war niemals ein Grund zur Freude, für einen Polizeibeamten ganz bestimmt nicht. Aber dass sich Jörg Albrechts Trauer über diesen Verlust in Grenzen halten würde, musste jedem klar sein, der in den letzten zwei Tagen den Fernseher eingeschaltet hatte.
    «Es passt nicht», murmelte er. Er starrte auf den Schreibtisch, den Zeiger der analogen Uhr, der die letzten dreißig Sekunden bis zur Besprechung abzählte.
    Momentelang schien sein Blick sich zu trüben, eine nikotingeschwängerte Qualmwolke sich vor das Zifferblatt legen zu wollen:
    Sie haben keinerlei Garantie, dass Sie die richtigen Fragen stellen. Ich rate dringend, sie lediglich als Beispiele zu betrachten.
    Der Hauptkommissar schüttelte sich. Noch einmal.
    «Ich mache einen Fehler», murmelte er. «Ich mache einen entsetzlichen Fehler.»
    ***
    Albrecht sah, wie Hannah Friedrichs sich als Letzte ins Besprechungszimmer schob, gerade als Faber die Tür schließen wollte.
    Er nickte ihr zu. Es war gut, dass die Kommissarin hier war. Was sie zu erzählen hatte, konnte wichtig sein.
    Noch wichtiger war, dass sie zuhörte.
    Dass sie alle zuhörten.
    Zufrieden stellte der Hauptkommissar fest, dass die Kernmannschaft seines Ermittlungsteams komplett anwesend war. Zumindest diejenigen, die noch am Leben waren von der Kernmannschaft: Faber, Matthiesen und Seydlbacher, dazu Friedrichs und die beiden Jungen, Lehmann und Winterfeldt, sowie drei weitere Beamte.
    Der erste Eindruck, dachte er. Die meisten von ihnen haben mich jahrelang beobachten können. Sie wissen, wie ich arbeite.
    Ich darf die Fäden nicht aus der Hand geben.
    Aber vielleicht kann ich im entscheidenden Moment zupacken, wenn ein neuer Faden entsteht.
    Er stellte sich neben das Whiteboard und sah in die Runde.
    Für einen Moment zuckte ein Schmerz durch seinen Hinterkopf, als ihm klar wurde, wie groß die Ähnlichkeit mit der Szene war, die er gestern Abend in Braunschweig erlebt hatte.
    «Ich danke Ihnen, dass Sie

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