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Ich bin die Nacht

Ich bin die Nacht

Titel: Ich bin die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Coss
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befreien, und Emily konnte ihm in ihrer Verfassung nicht helfen. Sie war mit den Kräften völlig am Ende.
    Marcus stöhnte auf, als der Druck sich wieder auf seine Brust legte.
    Das kann nicht das Ende sein. Nicht so.
    Seine Gedanken überschlugen sich. Er brauchte einen Ausweg. Wieder ließ er den Blick durch den Raum schweifen, überlegte, analysierte. Doch er konnte sich nicht konzentrieren. Die rettende Antwort wollte ihm nicht kommen. Und der Luftmangel wurde immer schlimmer. Sein Blick verschwamm.
    Es gibt keinen Ausweg.
    Alle Hoffnung fiel von ihm ab. Er betete, dass sie an Rauchvergiftung starben, ehe das Feuer sie erreichte.
    »Verzeihen Sie mir«, flüsterte er atemlos.
    »Was denn?«
    »Dass ich Sie nicht retten kann. Ich habe versagt. Ich habe alle im Stich gelassen.«
    Emily lächelte ihn an. »Sie erinnern mich an meinen Mann. Er musste auch immer der Held sein. Aber der Sieg ist nicht wichtig. Es geht nicht darum, ob man gewinnt oder verliert. Es geht darum, wie man spielt.«
    Er grinste verzerrt. »Sie sind ganz schön hartgesotten.«
    »Wir kommen hier nicht mehr raus, oder?«, fragte sie in einem rauen Wispern, auf das ein heftiges Husten folgte.
    Marcus gab keine Antwort.
    Von der anderen Seite der Badezimmertür hörten sie ein merkwürdiges Fauchen und Zischen.
    Was ist das?
    Zuerst konnte Marcus das Geräusch nicht einordnen, aber dann begriff er.
    Ein Feuerlöscher.
    Die Badezimmertür bebte und krachte, als jemand versuchte, sie einzuschlagen.
    Gott sei Dank. Feuerwehrleute.
    »Wir sind hier drin!«, rief Marcus, so laut er konnte.
    Eine Axtklinge durchschlug das Türblatt. Ein weiterer Schlag, dann noch einer. Binnen weniger Sekunden hatte die Axt das Hindernis niedergerissen, und eine schattenhafte Gestalt trat in den Raum.
    Marcus und Emily blinzelten durch den Rauch zu dem Mann hoch, der bis zu ihnen vorgedrungen war. Flammenschein tanzte über sein Gesicht.
    Vor ihnen stand Francis Ackerman, eine Axt in der rechten Hand.

67.
    Marcus suchte nach etwas, das er als Waffe benutzen konnte. Er streckte die Hand nach einem Trümmerstück aus, das in der Nähe lag, doch es war knapp außerhalb seiner Reichweite. Seine Finger ballten sich zur Faust, und er biss die Zähne zusammen.
    Wenigstens müssen wir nicht verbrennen.
    Der Boden knarrte und krachte unter ihnen. Er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis auch diese Etage nachgab.
    »Kommen Sie. Ich schaffe Sie hier raus«, sagte Ackerman zu Emily, hob sie vom Boden hoch und trug sie durch die Öffnung ins Nachbarzimmer.
    Wieder hörte Marcus das Fauchen des Feuerlöschers, begleitet vom Prasseln der Flammen und dem Protest des sterbenden Gebäudes.
    Ein letztes Mal stemmte er sich gegen die Trümmer. Irgendwo tief in seinem Innern löste sich ein rauer Schrei. Mit der Kraft und Wildheit eines eingesperrten Tigers, der die Freiheit wittert, schob er sich vor. Seine Muskeln brannten und zitterten. Er spürte, wie der Schutt verrutschte. Der Boden unter ihm krachte und bebte. Marcus hatte immer mehr den Eindruck, das Feuer und das Gebäude wären zu einem hungrigen Ungeheuer verschmolzen, das sie alle verschlingen wollte.
    Er bewegte sich ein Stückchen vor. Seine Arme brannten so sehr, dass er sich fragte, ob das Feuer ihn bereits erfasst hatte. Er konnte kaum noch atmen. Ihm versagten die Kräfte. Das Gewicht presste ihn immer unbarmherziger zu Boden – es kam ihm vor, als drücke ein ganzer Berg auf seinen Rücken. Ihm wurde schwarz vor Augen. Er schloss die Lider. Grollender Donner ließ seinen Körper beben. Er spürte bereits die Gluthitze aus den Etagen unter ihm.
    Plötzlich gab es eine heftige Erschütterung.
    Jetzt breche ich durch. Gleich ist es vorbei.
    »Hilf mir«, sagte eine Stimme.
    Mit letzter Anstrengung öffnete Marcus die Augen und blickte in Ackermans Gesicht.
    »Hilf mir«, wiederholte der Killer und stemmte sich mit der Schulter gegen die Trümmer.
    Marcus mobilisierte die allerletzten Kräfte und drückte gleichzeitig mit Ackerman. Als sie mit gemeinsamer Kraft die Dachplatten ein Stückchen angehoben hatten, stützte Ackerman mit einer Hand die Trümmer und zerrte mit der anderen an Marcus’ Schulter. Marcus presste den Rücken noch fester in die Höhe und kroch vor.
    Mit einem letzten Stoß befreite er seine Beine. Ackerman ließ die Trümmer los, die krachend auf den Boden schlugen.
    Der Rauch ließ Marcus husten, als er versuchte, frische Luft in die Lunge zu saugen. Er kämpfte gegen die drohende

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