Ich bin die Nacht
konnte, und eine leise Stimme in ihm wollte bereits die Umarmung des Todes willkommen heißen.
Kurz fragte er sich, ob Polizeischarfschützen das Geschehen auf dem Dach bemerkt hatten. Während seiner Schlägerei mit Ackerman hätten sie nicht gefeuert, aber vielleicht würden sie schießen, sobald der Killer den Kampf gewonnen hatte.
Soll ich einfach loslassen?
Doch er wusste nicht mit Sicherheit, ob Scharfschützen postiert waren. Er verfluchte sich selbst. Und seine Wut und Hilflosigkeit verliehen ihm neue Kraft.
Er hob die linke Hand und klammerte sich fest – nicht nur, um sein eigenes Leben zu retten, auch für Emily Morgan und für das Leben der vergangenen und zukünftigen Opfer Ackermans.
Ich darf nicht versagen. Ich werde nicht versagen.
Marcus blickte zum Dach hinauf und sah das Gesicht seines Feindes, das auf ihn hinunterstarrte. Doch Ackerman lächelte nicht triumphierend, seine Miene war ernst. Er beugte sich vor. »Hat alles vielleicht doch keine Bedeutung?«, sagte er. »Gibt es kein Gleichgewicht des Universums? Keine Finsternis, kein Licht? Nur uns Menschen und unsere Lügen?«
»Keine Bewegung, oder ich schieße!«, rief Emily hinter Ackerman.
Der Mörder wirkte gleichgültig und ohne jede Angst. Er warf nur einen kurzen Blick über die Schulter. Dann wandte er sich wieder Marcus zu. »Vielleicht bist du doch nicht der Held, für den ich dich gehalten habe.«
Marcus blickte zu ihm hoch. »Ich würde dich ungern enttäuschen.«
Mit einer blitzschnellen Handbewegung packte er Ackerman beim Hemd und zerrte ihn zur Dachkante, während er sich gleichzeitig in die Höhe zog. Dann versetzte er dem Killer einen Kopfstoß, der ihn drei, vier Schritte zurücktaumeln ließ.
Während Marcus sich über die Dachkante schwang, hörte er Emily rufen: »Keine Bewegung, sonst schieße ich Sie nieder!«
Hilflos musste Marcus mit ansehen, wie der Killer auf sie zuging.
»Gib mir die Waffe, Mädchen«, sagte Ackerman.
Emily feuerte nicht. Sie wich zurück. »Keinen Schritt näher!«
Kaum berührten Marcus’ Füße die Dachfläche, stürmte er auf Ackerman zu und rammte ihn mit dem vollen Gewicht seines Körpers. Zwei Schritte neben Emily gingen beide Männer zu Boden.
Ein merkwürdiges Krachen und Knistern war zu hören.
Emily schrie auf.
Marcus hob den Kopf und sah noch, wie sie an einer Stelle ins Dach einbrach, die von Ackermans Feuer geschwärzt war.
Er rollte sich vom Killer weg und warf sich zu dem Loch. Hitze brandete über ihn hinweg. Auf dem Bauch rollte er zur Kante der Einsturzstelle. Emily hielt sich an einem vorspringenden Dachrest fest, der unter ihren Fingern zerbröckelte.
Marcus packte ihre Hand und zog sie hoch. Er wollte bereits aufatmen, als ein neuerliches Knacken und Knirschen ihm alle Hoffnung raubte.
Ihre Blicke trafen sich.
Dann gab unter ihnen das Dach nach, und beide stürzten in das brüllende Maul des Infernos.
66.
Schmerz durchraste Marcus’ Beine und seinen Brustkorb. Der Druck machte ihm das Atmen beinahe unmöglich. Er versuchte sich freizukämpfen, wurde jedoch unbarmherzig zu Boden gedrückt. Flatternd öffneten sich seine Lider. Es kam ihm vor, als wäre er soeben durch das Tor zur Hölle gestolpert.
Rauchiger Dunst hing in der Luft. In dem Raum war es heiß wie in einem Backofen. Emily saß vor ihm auf dem Boden und hielt sich das verletzte rechte Bein. Ihr Atem ging rasselnd, und sie zitterte am ganzen Körper.
Flammen tanzten vor den Wänden, doch es schien, als hätten die herabstürzenden Trümmer das Feuer zum Teil erstickt.
Mit aller Kraft stemmte Marcus sich gegen den Schutthaufen auf seinem Rücken. Er konnte ihn ein Stückchen anheben, dann aber drückten die zerborstenen Dachplatten ihn wieder zu Boden. Ihr Gewicht trieb ihm den Atem aus der Lunge.
Gehetzt blickte er sich im Krankenzimmer um, so gut er es vermochte. Die Tür wurde von einem großen, herabgestürzten Dachteil versperrt. Er hatte bereits gesehen, dass je zwei Zimmer sich ein Bad teilten. Ein rascher Blick in diese Richtung zeigte ihm, dass ein kleinerer Schutthaufen auch die Badezimmertür blockierte. Dieser kleine Schuttberg war zu bewältigen. Er hätte ihn wegräumen können, wenn er nur frei gewesen wäre.
»Ich muss versuchen, die Trümmer hochzudrücken«, sagte er zu Emily. »Helfen Sie mir.«
Emily Morgan schob sich zu ihm, und beide drückten mit aller Kraft, die ihnen verblieben war, gegen die Last, aber es hatte keinen Sinn. Allein schaffte er es nicht, sich zu
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