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Ich bin die Nacht

Ich bin die Nacht

Titel: Ich bin die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Coss
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wusste, dass Ackerman ihn nicht betrügen würde. Der Verrückte glaubte tatsächlich, diese Konfrontation sei Teil ihres gemeinsamen Schicksals.
    Ackerman warf seine Waffe auf die andere Seite des Daches. Dann stieß er Emily von sich und verbeugte sich, als würden sie ein altmodisches Duell austragen.
    Marcus nutzte diesen winzigen Augenblick der Ablenkung und rannte auf Ackerman zu wie ein Footballstürmer. Beide Männer prallten mit solcher Wucht aufeinander, dass Marcus es bis in die Knochen spürte. Der Aufprall riss Ackerman von den Füßen, schleuderte ihn rücklings aufs Dach und trieb ihm die Luft aus der Lunge, lähmte ihn aber nicht. Er rappelte sich auf, ging seinerseits zum Angriff über, tauchte unter einem wilden Schwinger Marcus’ hinweg und versetzte ihm einen Kopfstoß dicht über dem Auge. Die Haut platzte auf, Blut quoll hervor.
    Marcus konterte mit mehreren schweren Körpertreffern.
    Ackerman wurde durchgeschüttelt, gab die Schläge aber einen nach dem anderen zurück, trat nach Marcus’ Schienbeinen und stach mit den Fingern nach seinen Augen. Marcus revanchierte sich, indem er Ackerman mit einer Geraden die Nase brach. Es war wie eine Auseinandersetzung zweier Wölfe, die in einem harten Winter um den letzten Fetzen Fleisch kämpften.
    Marcus warf einen raschen Blick auf Emily Morgan und sah, dass sie den erbitterten Fight trotz ihrer Benommenheit mit ängstlicher Miene beobachtete. Sie hielt eine der zur Seite geworfenen Pistolen in der zitternden Hand, erweckte aber den Eindruck, dass sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Würde sie schießen, konnte sie Marcus genauso gut treffen wie Ackerman.
    Der verbissene Kampf ging weiter, doch keiner von beiden gewann auch nur einen Zollbreit Boden gegenüber seinem Gegner. Nach einem weiteren Schlagabtausch umkreisten sie einander schwer atmend. Marcus blickte Ackerman forschend in die Augen und wartete auf seine Chance.
    Doch Ackerman schlug als Erster zu.
    Er drang hart und schnell auf den Gegner ein und landete einen Tritt seitlich an Marcus’ Bein. Marcus ging in die Knie. Sofort packte Ackerman ihn beim Hals und rammte ihm die Faust ins Gesicht.
    Nach mehreren schweren Treffern, die ihn in arge Bedrängnis brachten, setzte Marcus mit letzter Kraft zum Gegenangriff an. Mit der linken Hand packte er Ackermans Arm, hielt ihn eisern fest und stieß ihm den Ellbogen gegen die Gurgel. Die Aktion hätte jeden Gegner außer Gefecht gesetzt, doch zu Marcus’ Entsetzen grinste Ackerman nur und attackierte sofort wieder.
    Als sie erneut einen Hieb nach dem anderen tauschten und einander umkreisten, erkannte Marcus, wie ebenbürtig sie waren. Seltsamerweise unterstrich dieser Umstand Ackermans Behauptung einer Verbindung zwischen ihnen, eines gemeinsamen Schicksals und der Aussage, sie seien zwei Hälften eines Ganzen. Dennoch, Marcus betrachtete sich nicht als guten Menschen, und trotz des Bösen, das in Ackerman schlummerte, vermutete Marcus, dass auch in ihm noch ein Funken Güte war. Nichts war wirklich schwarz oder weiß. In jedem Menschen gab es Finsternis und Licht. Nur die Entscheidungen, die ein Mensch traf, zogen ihn zu der einen oder anderen Seite. Und Marcus hatte stets versucht, das Richtige zu tun, während Ackerman immer dem Weg von Tod und Vernichtung gefolgt war.
    Sie kämpften wie zwei Titanen, die verflucht sind, für alle Ewigkeit zu fechten. Keiner gewann oder verlor an Boden – bis Marcus in einem winzigen Moment der Unachtsamkeit einen brutalen Treffer einstecken musste, der ihn bis zur Dachkante zurücktrieb. Sofort setzte Ackerman nach, landete einen schweren Treffer in Marcus’ Magengrube und rammte ihn mit der Schulter.
    Von dem wuchtigen Stoß überrascht, verlor Marcus die Balance und taumelte zurück. Da er nur einen Schritt vom Abgrund entfernt war, schaffte er es nicht mehr, das Gleichgewicht wiederzuerlangen.
    Er stolperte über den Dachrand und kippte über die Kante.

65.
    Ich falle …
    Sein Herz schien stehen zu bleiben, während die Zeit langsamer lief. Binnen einer Sekunde hatte sich das Blatt gewendet.
    Obwohl Marcus die Hoffnung fast aufgegeben hatte, besaß er noch immer seine scharfen Instinkte und schnellen Reflexe. Mit der rechten Hand griff er nach der Dachkante und packte sie. Er brüllte vor Schmerz, als er gegen die Hauswand prallte und seine Schulter die plötzliche Drehung und den Ruck seines Gewichts aushalten musste. Seine Muskeln zitterten. Er wusste, dass er sich nicht lange halten

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