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Ich bin die Nacht

Ich bin die Nacht

Titel: Ich bin die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Coss
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die beiden voller Ehrfurcht und Zärtlichkeit. Sie würde zwar niemals reich werden, aber ihre Kinder waren kostbarer als alles Geld der Welt.
    Sie blickte zum Kinderzimmerfenster, vor dem die Bäume sich sanft im Wind wiegten, der in ihren Kronen wisperte. Vermutlich hatte der Wind das eigentümliche Geräusch verursacht.
    Alice wollte gerade ins Wohnzimmer zurück, um Dwight zu wecken, damit sie beide zu Bett gehen konnten, als eine piepsige Stimme sich aus dem dunklen Zimmer hinter ihr meldete.
    »Mommy, da ist ein böser Mann in meinem Schrank.«

16.
    Resigniert blickte Marcus auf den Streifenwagen.
    Zur falschen Zeit am falschen Ort, dachte er voller Bitterkeit. Die Geschichte meines Lebens.
    Jemand öffnete die Fahrertür und stieg aus. Marcus erkannte nur seine Umrisse, da ihm die Scheinwerfer des Streifenwagens noch immer ins Gesicht leuchteten.
    »Keine Bewegung«, sagte die schemenhafte Gestalt. »Halten Sie die Hände so, dass ich sie sehen kann. Legen Sie sich auf den Boden, Hände auf den Rücken.«
    Marcus gehorchte und legte sich auf den kühlen Asphalt des Highways. Ein Polizist trat aus dem grellen Licht hervor, ein mittelgroßer Mann mit kurzem blondem Haar.
    Es war nicht der Sheriff. Es war ein Trooper der Texas Highway Patrol.
    Marcus grinste. Wie hieß es gleich? Wo sind die Cops, wenn du sie brauchst?
    »Keine Bewegung«, wiederholte der Trooper, während er mit gezogener Pistole langsam näher kam. Er wollte erkennbar kein Risiko eingehen. Marcus fragte sich, wieso ein einsamer nächtlicher Wanderer wie er, bei dem es sich nur um einen Anhalter oder Herumtreiber handeln konnte, einen Beamten der State Police so nervös machte. Der Trooper schloss die Handschellen auf Marcus’ Rücken, zerrte ihn hoch und führte ihn zur Rückbank des Streifenwagens.
    Marcus überlegte, ob er fragen sollte, welcher Straftat man ihn beschuldigte. Er wunderte sich, dass der Trooper ihn von vornherein wie einen gefährlichen Verbrecher behandelt hatte. Aber ihm blieb keine andere Wahl, als sich zu fügen.
    Er leistete keinerlei Widerstand, als er sich auf die Rückbank des Streifenwagens setzte. Der Trooper legte ihm keinen Sicherheitsgurt an, als hätte er Angst, Marcus könnte ihn angreifen, wenn er sich vorbeugte.
    In diesem Moment begriff Marcus, weshalb der Trooper so misstrauisch war: Er hielt ihn tatsächlich für einen flüchtigen Schwerverbrecher. Immerhin sollte sich ein Serienkiller in dieser Gegend herumtreiben.
    Der Trooper setzte sich hinters Steuer und fuhr los, ohne ein Wort zu sagen.
    Ein Gefühl der Leere breitete sich in Marcus’ Magen aus. »Hören Sie, Officer«, sagte er, »ich heiße Marcus Will …«
    »Ich weiß, wie Sie heißen.«
    »Wohin bringen Sie mich?«
    Schweigen.
    Marcus holte tief Luft. »Was wird mir vorgeworfen?«
    »Ich habe Anweisung, nicht mit Ihnen zu reden.«
    »Von wem?«
    »Nach Ihnen wird gefahndet. Ich darf nicht mit Ihnen reden.«
    Marcus ging die Möglichkeiten durch. Der Mann hatte ihn nicht über seine Rechte belehrt. Arbeitete er für den Sheriff? Marcus konnte es sich nicht vorstellen. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätte der Befehl wahrscheinlich gelautet, ihn auf der Stelle niederzuschießen.
    »Hören Sie«, versuchte er es noch einmal. »Ich weiß nicht, für wen Sie mich halten oder was ich Ihrer Meinung nach getan haben soll, aber ich heiße Marcus Williams. Ich bin nicht Francis Ackerman. Sie können doch sein Bild abrufen und …«
    »Ich weiß, wer Sie sind.« Der Trooper klopfte auf das Computerterminal an seinem Armaturenbrett. »Marcus Williams, Tatverdächtiger im Mord an Maureen Hill. Ich habe strikte Anweisung, Sie umgehend dem Sheriff von Dimmit County auszuliefern. Also lehnen Sie sich zurück und genießen Sie die Fahrt.«
    Tatverdächtiger im Mord an Maureen Hill?
    Im ersten Moment war Marcus schockiert, doch nach einem Augenblick wurde ihm klar, dass er diese Möglichkeit in Betracht hätte ziehen müssen. Sie ergab Sinn. Der Sheriff musste ihn diskreditieren und dafür sorgen, dass er niemanden fand, der sich für ihn, Marcus, einsetzte. Der Trooper arbeitete nicht für den Sheriff, hätte aber ebenso gut auf dessen Gehaltsliste stehen können.
    Schaudernd dachte Marcus daran, dass er geradewegs in den Tod chauffiert wurde. Der Sheriff würde ihn in Gewahrsam nehmen, und der Rest wäre ein Kinderspiel. Er konnte einen Häftling bezahlen, damit der ihn umbrachte, oder ihn bei einem vorgetäuschten Fluchtversuch erschießen.
    »Ich bin

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