Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern
machen und was erleben.
In dreieckigen Familienverhältnissen ist das ein schier unlösbarer Interessenkonfl ikt. In viereckigen nicht. So lassen sich beispielsweise zwei Kinder eher dazu überreden, ohne erwachsenen Beistand in der Küche Popsies zu essen und unbeaufsichtigten Blödsinn zu machen, als ein Kind. Folge: Ihre Eltern können noch mal ganz schnell die Augen zumachen und die Geschichte mit der einsamen Insel fertig träumen.
Förderlich für die seelische Gesundheit von Müttern ist so ein Quadrat auch, wenn ein Kind wie Jette in die fünfte Trotzphase kommt und beschließt, dass Papas grundsätzlich die netteren Menschen sind und Mamas, die Anke heißen, mindestens vier Tage ignoriert gehören – weil sie schon wieder wollen, dass die Schuhe aufgeräumt werden. Ich reagiere auf solche Phänomene mittlerweile entspannt. Immerhin gibt es ja noch ein Kind, und das hat in der Regel kein Problem damit, mit mir inlineskaten zu gehen. Was die anderen beiden machen? Ph!
Bliebe noch die Sache mit dem griechischen Salat. Wie ich diesen Interessenkonflikt löse? Ich gestehe: Bisher weiche ich aus. Abends gibt es bei uns meistens Butterbrot. Mit ohne alles.
Und meinen griechischen Salat esse ich in der Kantine. Vielleicht wäre die Lösung ein Fünfeck? Das müssten Sie mir dann aber genauer erklären!
Wenn Familien feste feiern
… sind Mütter wie ich nicht selten am Rande des Nervenzusammenbruchs. Handelt es sich vielleicht um ein Zungenragout-Trauma?
Auch dieses Jahr ist ja wieder Weihnachten. Weihnachten ist das Fest der Liebe und der Besinnlichkeit, ein Ereignis, bei dem man einträchtig mit Omas, Opas, Onkeln, Tanten und anderen Verwandten zusammensitzt, Mandelplätzchen knuspert, am Heiligen Abend gemeinsam in die Kirche geht und heiter erbaut »O, du fröhliche« singt. Theoretisch jedenfalls. Praktisch ist Weihnachten komplizierter. Zumindest für Mütter, die wie ich zwei halbwüchsige Kinder haben. Weihnachten gehört nämlich zur Gattung der Familienfeste. Und vielleicht habe ich zu viel vom falschen Kaffee getrunken – aber ich habe immer merkwürdig archaische Ängste vor diesen Zusammenkünften. Ich habe Angst, dass die eine Oma mein Kleid unangemessen findet. Und die andere bemerkt, dass der Kuchen noch hätte
weiterbacken müssen. Ich grüble Stunden über der Tischordnung, weil ich nicht weiß, ob ich den einen Onkel neben die andere Tante setzen kann. Oder ich fürchte, dass Jette morgens im Autoradio Ina Müller gehört hat und nun zwischen den Kuchentellern penetrant nachträllert: »Bye-bye Arschgeweih, ich geb dich zum Lasern frei …«, was Omas in der Regel zu indigniertem Augenrollen veranlasst: Sag mal, woher hat das Kind denn diese Wörter???
Deshalb drücke ich mich gerne vor Familienfesten. Oder zögere sie hinaus. Bei Jettes Taufe brauchte ich vier Jahre, was sämtliche Anverwandte, glaube ich, ziemlich daneben fanden. Und meine Schwiegermutter zu wiederholten Stoßgebeten veranlasste: Der Herr im Himmel möge doch trotzdem auf ihr Heiden-Enkelkind achtgeben.
Dann war es schließlich so weit: Auf einer kleinen Leiter, die der Pastor extra organisiert hatte, kletterte Jette selbstbewusst hinauf zum Taufbecken, hielt ihr gänseblümchengeschmücktes Haupt und den halben Matrosenkragen ins Wasser und verkündete umgehend, der liebe Gott sei nun ihr Freund. Alle waren gerührt. Und hinterher gab es norddeutschen Butterkuchen vom Blech.
Mit Weihnachten ist es etwas schwieriger. Denn erstens kann man mit Weihnachten nicht wie mit Taufen vier Jahre warten. Und zweitens haben auch alle anderen Weihnachten und wollen das meistens feiern. Daraus ergibt sich das eine oder andere Problem:
DIE TERMINFRAGE: Wie kriege ich bloß so viel Weihnachten in so wenig Dezember?
Normale Menschen feiern Weihnachten am 24., 25. und 26. Dezember. Ich nicht. Ich beginne mit den Weihnachtsfeierlichkeiten schon Ende November. Kurz vor Nikolaus schicken nämlich der Kindergarten und der Hort und die Schule und die Musikstundenleitung und der Schwimmverein und der Theaterkurs einen netten Brief, in dem die ganze Familie zum gemütlich-besinnlichen Beisammensein eingeladen wird. Mit uns werden jeweils noch ungefähr 34 andere Familien eingeladen, und in allen sechs Briefen werden alle 34 Mamas und Papas gebeten, doch etwas Selbstgebackenes zum Buffet beizusteuern sowie Material für den Adventskranz, der während des gemütlich-besinnlichen Beisammenseins entstehen soll. Das ist sicher nett gemeint.
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