Ich bin ein Mörder
sich aber nicht. »Wenn ich schon unangemeldet hier dazwischenplatzte, kann ich euch dann wenigstens zu einem Drink einladen? Ein Bier oder ein …«
»Wir haben Cocktails geordert. Aber …«
»Auch gut, mein Schatz.« Er ließ Alexandra nicht ausreden.
Mischas Hand umklammerte die Gabel fester. Wieso ließ sie sich das gefallen?
»Dann gehe ich jetzt einfach an die Theke und bestelle mir auch einen.« Stockmann reckte den Zeigefinger in die Höhe. »Nur einen Cocktail, Herr Michalczyk. Okay? Dann bin ich wieder weg.«
Alexandra zeigte entschuldigend die Zähne, als er verschwunden war, und verzog das Gesicht.
»Ich habe ihm nicht gesagt, wo wir hingehen. Wirklich nicht.«
Mischa nickte und aß demonstrativ gelassen weiter. Er nahm sich vor, sich nicht reizen zu lassen. Die maßlose, unbegründete Wut, die er in den Boxsack geprügelt hatte, sollte keine zweite Chance mehr bekommen. Nicht wegen diesem Kerl.
Viel zu schnell für Mischas Dafürhalten kehrte Stockmann zurück, brachte die Cocktails auf einem Tablett gleich mit und servierte formvollendet.
»Ein Tequilla Sunrise für die Dame und für den Herrn ein Caipirinha, ohne Alkohol. Haben Sie damit etwa Probleme?« Lässig glitt er auf den Stuhl und nahm das letzte Glas vom Tablett. »Und ein Manhattan für mich – mit Alkohol.«
Unzufrieden schob Mischa den Teller beiseite, ohne auf die Bemerkung einzugehen. Das Essen schmeckte plötzlich nicht mehr.
»Mischa ist heute Fahrer«, erklärte Alexandra schnell. »Wir wechseln uns ab und für den Fahrer gilt: Null Promille.«
»Wie vernünftig.« Stockmanns Gesichtsausdruck zeigte wenig Anerkennung. »Sagen Sie, Herr Michalczyk, ist Ihr Name eigentlich russischen oder polnischen Ursprungs? Nur so aus Neugier. Ihre Aussprache verrät mir nur, dass Sie kein gebürtiger Frankfurter sind – nicht mal ein Hesse – aber einen Akzent kann ich nicht feststellen.«
Mischa zerdrückte konzentriert eine Limette mit dem Strohhalm und ließ sich Zeit mit einer Antwort.
»Polnischer Name, aber familiäre Wurzeln in Russland, geboren und aufgewachsen in der Nähe von Dortmund«, platzte Alexandra heraus und warf Tobias einen fragenden Blick zu. »Reicht das?«
»Ach so, ein Ruhrpottgewächs.« Stockmann nickte zu seinen Worten, als sei mit dieser Auskunft alles erklärt, und fügte dann mit spöttischem Grinsen hinzu: »Ich habe nicht vor, mich über Ihre Herkunft lustig zu machen, nicht, dass Sie das denken. Obwohl mir gerade ein paar sehr nette Polenwitze einfallen … wissen Sie, warum Russen in Deutschland immer gleich zwei Autos stehlen?«
»Tobias, du gehst zu weit!« Alexandra boxte ihn auf den Oberarm. »Du kannst hier nicht ungebeten hereinplatzen und …«
»Entschuldige, Alexandra – ich ziehe die Frage zurück. Das war unpassend. Sie sind schließlich ein Gesetzeshüter. Nichts für Ungut, Herr Michalczyk.«
Mischas Halsmuskulatur spannte sich an. Der braune Zucker wirbelte in einer Wolke durch sein Glas. Er war nicht bereit, sich provozieren zu lassen. Und er kannte Alexandra – wenn Stockmann so weitermachte, riskierte der als Nächstes einen Tritt gegen das Schienbein. Er selbst allerdings auch – für sein Schweigen – das konnte er deutlich in ihren Augen sehen.
»Cheers!« Stockmann genoss es unverhohlen, Alexandras Temperament herauszufordern, bemühte sich jetzt aber um ein unverfängliches Gespräch zu dritt. Mit abgesenktem Niveau, schoss es Mischa durch den Sinn. Dem primitiven Bullen angepasst. Die Minuten zogen sich in die Länge. Das eingeschobene schleimige Flirten ging ihm entschieden auf die Nerven. Er antwortete so selten wie möglich, ohne allzu unhöflich zu sein.
»Wissen Sie, Herr Michalczyk, was das Beste an meinem Beruf ist, ist mir erst in den letzten Wochen klargeworden. Ich hätte nie gedacht, dass ich mit meinen Büchern einen solchen Erfolg landen könnte.« Seine Zungenspitze strich an den Schneidezähnen entlang, als er Alexandras Blick suchte. »Bei dir zu landen, weil du meine Geschichten gerne liest!«
Zu viel des Guten. Dem großen Schweiger platzte der Kragen.
»Bilden Sie sich besser nicht allzu viel darauf ein, dass Alexandra Ihre Bücher gut findet. Sie liest wahllos alles, was gedruckt wird – von Jerry Cotton über Rosamunde Pilcher bis zu Hemingway. Ist ihr völlig egal. Sie findet überall etwas, das sie begeistert.«
»Witzbold!« Alexandra schubste ihn verlegen, musste dann aber doch grinsen. »Ehrlich gesagt, Tobias, hat er nicht
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