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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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Kapitulation.
    Klack
    » Dein Vater ist für ein paar Tage im New Yorker Büro. Ich spreche mit ihm und rufe dich gleich zurück.«
    Russell spürte, wie sich die Euphorie in ihm ausbreitete und eine stärkere Wirkung entfaltete als jedes alkoholische Getränk. Ein solches Glück hatte er nicht erwartet.
    » Mein Handy ist leer. Sag ihm nur, dass ich in sein Büro komme und darauf warte, dass er mich empfängt. Ich gehe nicht weg, bis er es tut, selbst wenn ich den ganzen Tag warten muss.«
    Er machte eine Pause. Dann sagte er etwas, das er seit Jahren schon nicht mehr gesagt hatte.
    » Danke, Mama.«
    Klack
    Die Antwort konnte er nicht mehr hören, denn die letzte Münze war durchgefallen, und die Verbindung brach ab.
    Russell hatte die Bar verlassen und seine letzten Dollar in ein Taxi zur 50 th Street investiert. Jetzt saß er seit zwei Stunden unter den Blicken von Menschen wie Mr. Klee hier herum und wartete darauf, dass ihm sein Vater eine Audienz gewährte. Er hatte gewusst, dass der sich die Gelegenheit, ihn durch Warterei zu demütigen, nicht entgehen lassen würde. Doch Russell füllte sich nicht gedemütigt, er war nur ungeduldig.
    Und wartete.
    Eine große, elegante Sekretärin stand plötzlich vor ihm. Der Teppichboden hatte das Geräusch ihrer Absätze auf dem Korridor gedämpft. Sie war schön, passte perfekt ins Ambiente und musste außerdem tüchtig sein, wenn sie diesen Job bekommen hatte.
    » Mr. Russell, kommen Sie bitte. Mr. Wade erwartet Sie.«
    Russell wurde bewusst, dass es, solange sein Vater lebte, nur einen einzigen » Mr. Wade « geben würde. Doch er hatte die Möglichkeit, das zu ändern. Er wollte es mit aller Kraft.
    Er stand auf und folgte der Assistentin über einen langen Korridor. Beim Anblick ihres Hinterns, der sich anmutig unter dem Stoff des Rockes bewegte, musste er lächeln. Vor einigen Tagen noch hätte er vielleicht irgendeine geschmacklose Bemerkung gemacht, hätte die junge Frau in Verlegenheit gebracht und seinen Vater entsprechend verärgert. Dann rief er sich in Erinnerung, dass er es sich bis vor wenigen Tagen nicht einmal erträumt hätte, in dieses Büro zu kommen und Jenson Wade zu treffen.
    Die Sekretärin blieb vor einer Tür aus dunklem Holz stehen, klopfte leise an, öffnete die Tür, ohne auf ein » Herein « zu warten, und bedeutete ihm einzutreten. Russell ging ein paar Schritte und hörte dann das Geräusch der sich schließenden Tür.
    Der Chef des Wirtschaftsimperiums saß hinter einem Schreibtisch, der diagonal in dem riesigen Zimmer stand. Die beiden über Eck angelegten Fensterfronten hinter ihm eröffneten einen atemberaubenden Blick über die Stadt. Das Gegenlicht in diesem Raum, der eine von Jenson Wades Kommandobrücken war, wurde durch kunstvoll ausgerichtete Lampen ausgeglichen. Sie hatten sich schon lange nicht mehr gesehen. Sein Vater war ein wenig gealtert, jedoch tadellos in Form. Russell betrachtete ihn, während er in irgendwelchen Unterlagen weiterblätterte und ihn vollständig ignorierte. Russell war das Ebenbild seines Vaters, und für beide war die Ähnlichkeit nicht selten unangenehm gewesen.
    Der alleinige und einzige Mr. Wade hob den Kopf und sah ihn mit harten Augen an, die keine Zugeständnisse zuließen.
    » Was willst du?«
    Da sein Vater lange Vorreden nicht mochte, sah Russell von Erläuterungen ab.
    » Ich brauche Hilfe. Und du bist der Einzige, von dem ich sie bekommen kann.«
    Die Antwort erfolgte prompt und war absehbar gewesen.
    » Du bekommst keinen Cent von mir.«
    Russell schüttelte den Kopf. Es hatte ihn niemand dazu aufgefordert, dennoch suchte er sich in Ruhe einen Stuhl und ließ sich nieder.
    » Ich brauche kein Geld.«
    Der gefühlsarme Mann hinter dem Schreibtisch blickte ihm geradewegs in die Augen und fragte sich vermutlich, was Russell jetzt schon wieder angestellt hatte. Unerwartet erlebte er eine Überraschung, denn zuvor hatte sein Sohn seinem Blick nie standhalten können.
    » Was willst du also?«
    » Ich verfolge eine Spur für eine Zeitungsreportage. Eine ganz große Sache.«
    » Du?«
    In dieser ungläubigen Frage blitzten unzählige Erinnerungen auf, Fotos in Skandalblättern, Anwaltsrechnungen, verratenes Vertrauen, verschleudertes Geld. Jahre, die er damit verbracht hatte, zwei Söhne zu beweinen: den einen, weil er tot war, den anderen, weil er alles tat, um als solcher betrachtet zu werden.
    Was ihm schließlich auch gelungen war.
    » Ja. Ich kann nur so viel dazu sagen, dass viele Menschen

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