Ich Bin Gott
gehalten hätte. Er sah auf die Uhr.
» Bis nach Ohio sind es fünfhundert Meilen Luftlinie. Schaffen wir das, bevor es dunkel wird?«
Ein Schulterzucken, das ein paar Millionen Dollar kosten würde.
» Kein Problem. Der Hubschrauber bringt dich nach LaGuardia, wo unsere Firmenjets stehen. Ich lasse dich zum Flugplatz bringen, der Chillicothe am nächsten liegt. Während du unterwegs bist, bitte ich meine Assistentin, dir für dort ein Auto zu besorgen.«
Russell stand sprachlos vor dem Schreibtisch des Mannes, den er gefürchtet hatte, wie sonst niemanden in seinem Leben. Er sagte das Einzige, was ihm einfiel.
» Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll.«
» Die Möglichkeit dazu hast du.«
Jenson Wade holte aus der Jackentasche das Papier, mit dem sich Russell zur Arbeit verpflichtet hatte, beugte sich vor und legte es auf den Schreibtisch. Dann lehnte er sich zufrieden wieder zurück.
» Du wirst die nächsten drei Jahre für mich arbeiten. Hast du das schon wieder vergessen?«
32
» Hast du ’ne Kippe?«
Russell schlug die Augen auf und fragte sich, wer zum Teufel …
Ein abgezehrtes Gesicht mit einem spärlichen, ungepflegten Bart befand sich nur eine Handbreit vor seinem Gesicht. Zwei kleine Triefaugen sahen ihn an. Aus dem schmutzigen Hemdkragen des Mannes schlängelte sich eine Tätowierung zum linken Ohr hinauf. Sein Atem roch nach Alkohol und schlechten Zähnen.
» Was?«
» Ob du ’ne Kippe hast?«
Schlagartig realisierte Russell, wo er war. Beim Aufsetzen knackten seine Gelenke. Eine Nacht auf der Pritsche einer Gefängniszelle ist nicht gerade der Gipfel der Bequemlichkeit. Als man ihn am Abend zuvor hierhergebracht hatte, war dieser hagere Typ noch nicht da gewesen. Vermutlich war er gekommen, als Russell schon geschlafen hatte. Offenbar war er so müde gewesen, dass er nichts mehr mitbekommen hatte.
Die Sucht trieb den Mann, mit rauer Stimme nachzuhaken.
» Was ist, hast du nun eine Zigarette oder nicht?«
Russell stand auf, und der Mann wich automatisch einen Schritt zurück.
» Hier ist rauchen verboten.«
» Hey Typ, ich bin schon im Knast. Was sollen die denn machen? Mich noch mal einsperren?«
Der Zellengenosse unterstrich seinen Scherz mit einem katarrhalischen Lachen.
Russell hatte weder Zigaretten noch Lust, weiter darüber zu diskutieren.
» Lass mich in Frieden.«
Als der Mann merkte, dass hier nichts zu holen war, brummte er einen unverständlichen Fluch und streckte sich auf der anderen Pritsche aus. Er drehte Russell den Rücken zu und schob sich seine zusammengerollte Jacke unter den Kopf.
Minuten später schnarchte er.
Russell ging zu den Gitterstangen. Vor der Zelle öffnete sich nach links hin ein Gang. Rechts konnte man eine weitere Zelle erahnen, aus der jedoch kein Geräusch drang. Vielleicht gaben die rechtschaffenen Bürger von Chillicothe den Gesetzeshütern keinen Anlass, sie häufiger einzuladen. Nun legte sich auch Russell wieder auf die Pritsche, starrte an die Decke, die frisch gestrichen wirkte, und dachte darüber nach, wie er es geschafft hatte, erneut eine Nacht in einer Zelle zu verbringen.
Sein Vater hatte Wort gehalten.
Nachdem er fünf Minuten auf dem Dach des Gebäudes gewartet hatte, war ein Hubschrauber gekommen und hatte sich graziös auf dem dafür vorgesehenen Landeplatz niedergelassen. Der Pilot musste über die Dringlichkeit im Bilde gewesen sein, denn er machte die Motoren gar nicht erst aus. Ein Mann, der auf einem Passagiersitz gesessen hatte, stieg aus und kam geduckt auf Russell zugelaufen. Er nahm ihn beim Arm, bedeutete ihm, sich ebenfalls vorzubeugen, und zog ihn mit sich.
Kaum hatten sie die Tür geschlossen und die Gurte angelegt, waren sie auch schon in der Luft. Die Stadt flog eilig unter ihnen vorbei und wurde rasch vom Flughafen Fiorello LaGuardia mit der Piste für Privatflugzeuge abgelöst. Der Pilot ließ den Helikopter neben einer kleinen, schlanken Cessna CJ 1 + mit dem Logo von Wade Enterprise hinuntergehen.
Die Motoren liefen schon, und am Fuße einer Treppe erwartete ihn eine Flugassistentin, eine junge, blonde Frau in tabakfarbener Uniform und heller Bluse, was an die Farben des Firmenlogos erinnerte. Als er auf das Flugzeug zuging, hörte Russell den Rotor des Hubschraubers, der hinter ihm abhob und sich wieder entfernte.
» Guten Abend, Mr. Wade. Mein Name ist Sheila Lavender. Ich werde für die Dauer des Flugs Ihre Assistentin sein.«
Sie deutete auf den Eingang des Flugzeugs.
» Bitte
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