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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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anderen Straßenseite stehen. Der Anwalt folgte seinem Blick und deutete auf das Fahrzeug.
    » Mr. Balling hat jemanden mit dem Zweitschlüssel geschickt, um das Auto zu holen. Ich habe die Anweisung gegeben, dass Sie es hier vorfinden.«
    » Sehr gute Arbeit. Ich danke Ihnen Mr. Woodstone. Ich werde es der Person mitteilen, die Sie kontaktiert hat.«
    » Das war Ihr Vater persönlich.«
    Russell konnte seine Überraschung nicht verhehlen.
    » Mein Vater?«
    » Ja. Am Anfang hielt ich es für einen Scherz, aber als ich dann hörte, dass Sie verhaftet wurden …«
    Der Anwalt verstummte, bevor er endgültig ins Fettnäpfchen trat. Er sagte lieber nicht, dass ihn die Tatsache, dass Russell Wade wegen überhöhter Geschwindigkeit und Alkohol am Steuer eingesperrt worden war, eher überzeugt hatte, als ein höchstpersönlicher Anruf seines Vaters.
    Russell verbarg ein Lächeln, in dem er sich an der Nase kratzte.
    » War mein Vater verärgert?«
    Der Anwalt zuckte mit den Schultern, um sein Unbehagen zu verscheuchen.
    » Na ja, sein Verhalten hat mich ein wenig irritiert. Am Telefon klang er, als müsste er ein Lachen unterdrücken.«
    Nun gestattete sich Russell das Lächeln doch.
    Es war seltsam, nach all dieser Zeit zu entdecken, dass Jenson Wade Sinn für Humor hatte. Er fragte sich, was er eigentlich alles nicht von seinem Vater wusste. Dann gab er sich selbst die bittere Antwort, dass es mindestens so viel war, wie sein Vater nicht von ihm wusste.

33
    Russell hielt vor dem Haus, machte den Motor aus und blieb noch einen Moment sitzen. Der Himmel über der Landschaft schien nicht lächeln zu wollen. Woodstones Angebot, ihn zu begleiten, hatte er freundlich, aber bestimmt abgelehnt. Der Anwalt hatte behauptet, Ben Shepard schon jahrzehntelang zu kennen, und ob das nun stimmte oder nicht, seine Augen hatten jedenfalls vor Neugierde geglitzert. Russell begriff auch, warum. In einer kleinen Stadt wie dieser war jeder, der im Besitz von Neuigkeiten war, der Held des sonntäglichen Grillfests. Bereits die Tatsache, dass er für den Sohn des Inhabers von Wade Enterprise engagiert worden war, würde für einen einstündigen Monolog reichen. Russell wollte seinen Grillgenossen nicht noch mindestens zwei weitere Stunden Gerede zumuten.
    Das zweistöckige Haus aus Stein und Holz lag auf einer Hügelkuppe. Es hatte große Fensterfronten und machte einen soliden Eindruck. Bestimmt hatte sein Eigentümer es nach seinen Bedürfnissen und seinen persönlichen, durchaus bewundernswerten ästhetischen Vorstellungen gebaut. Auf der Vorderseite kam man über ein paar Treppenstufen zur überdachten Terrasse. Der Vorgarten war gepflegt, und auf der Rückseite befand sich, soweit Russell das zu erkennen vermochte, ein Gemüsegarten. Knapp hundert Meter weiter führte ein asphaltierter Weg ums Haus herum. Vermutlich lag dort die Garage.
    Russell stieg aus und ging zu dem Lattenzaun, der das Grundstück umgab. Ein grün gestrichener Briefkasten, auf dem in weißen Buchstaben der Name Shepard stand, hing neben dem unverschlossenen Tor. Da kein Schild vor Hunden warnte, öffnete Russell und betrat den in den Rasen eingelassenen Weg aus flachen Steinplatten. Er war nur noch einige Schritte vom Haus entfernt, als jemand um die linke Hausecke bog. Der Mann war überdurchschnittlich groß und kräftig, und aus seinem faltigen, braun gebrannten Gesicht blickten zwei blaue, erstaunlich junge Augen. Die Arbeitskleidung und der Korb mit Gemüse, den er in der Hand hielt, ließen vermuten, dass er aus dem hinter dem Haus liegenden Garten kam.
    Als der Mann ihn bemerkte, blieb er stehen. Seine Stimme war ruhig und fest.
    » Sie wünschen?«
    » Ich suche Mr. Ben Shepard.«
    » Dann haben Sie ihn gefunden.«
    Russell war von der Persönlichkeit dieses älteren Herrn beeindruckt. Sein Gefühl sagte ihm, dass es nur eine Art und Weise gab, mit ihm umzugehen: ihm immer und unbedingt die Wahrheit zu sagen.
    » Mein Name ist Russell Wade. Ich bin Journalist und komme aus New York.«
    » Sehr gut. Jetzt, da Sie es mir mitgeteilt haben, können Sie Ihr Auto nehmen und dorthin zurückfahren, von wo Sie gekommen sind.«
    Ben Shepard ging ruhig an ihm vorüber und stieg die Stufen zur Veranda hinauf.
    » Es ist wichtig, Mr. Shepard.«
    Der antwortete, ohne sich umzudrehen.
    » Junger Mann, ich bin fast fünfundachtzig Jahre alt. In meinem Alter ist nichts wichtig, als am nächsten Morgen die Augen wieder aufzuschlagen.«
    Russell begriff, dass er etwas

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