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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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preisgeben musste, sonst würde das Gespräch zu Ende sein, bevor es richtig begonnen hatte.
    » Ich wollte mit Ihnen über Little Boss sprechen.«
    Als der Alte den Namen hörte, den er über Jahre hinweg vermutlich nur in seiner Erinnerung ausgesprochen hatte, blieb er auf den Stufen stehen.
    Dann drehte er sich um.
    » Was wissen Sie über Little Boss?«
    » Ich weiß, dass es der Spitzname eines jungen Mannes namens Matt Corey war.«
    Die Erwiderung war brüsk und entschieden.
    » Matt Corey ist vor vielen Jahren in Vietnam gefallen.«
    » Nein. Matt Corey ist vor etwas mehr als einem halben Jahr in New York gestorben.«
    Ben Shepards Schultern sackten herab. Die Nachricht schien ihn zu treffen, doch er war offenbar nicht überrascht. Er senkte den Kopf. Als er wieder aufblickte, sah Russell, dass seine Augen glänzten. Die unterdrückten Tränen von Lester, dem Bruder Wendell Johnsons, kamen ihm in den Sinn. Was für eine Macht hatte der Krieg, jeder Krieg, dass er noch viele Jahre später die Menschen zum Weinen brachte.
    Der Alte nickte zum Haus hinüber.
    » Kommen Sie.«
    Russell folgte Ben Shepard nach drinnen, wo sie direkt in einen großen Raum traten, der sich über die gesamte Breite des Hauses erstreckte. Auf der rechten Seite befand sich ein Kamin. Davor stand ein Billardtisch mit einem Ständer für die Queues. Die andere Zimmerhälfte war der Fernsehbereich mit Sesseln und Sofas. Der große Raum war nüchtern und überraschend modern eingerichtet, dennoch wirkten die Möbel nicht neu. Vermutlich war die Einrichtung früher einmal avantgardistisch gewesen. Überall sah man Bilder und Gegenstände, die, gewissermaßen als verbindendes Element, die Erinnerungen eines Lebens bewahrten.
    Shepard ging in den Wohnbereich und deutete auf eines der Sofas.
    » Setzen Sie sich bitte. Möchten Sie einen Kaffee?«
    Russell ließ sich in einem Bequemlichkeit versprechenden Sessel nieder und stellte erfreut fest, dass er sein Versprechen hielt.
    » Sehr gerne. Ich habe gerade eine Nacht in einer Gefängniszelle verbracht, da wäre ein Kaffee ganz wunderbar.«
    Der Alte kommentierte das nicht, schien aber Russells Offenheit zu schätzen. Dann wandte er sich einer Tür am anderen Raumende zu, wo man die Küche vermuten konnte.
    » Maria.«
    Die Tür öffnete sich, und ein dunkelhaariges Mädchen mit olivfarbener Haut stand auf der Schwelle. Sie war jung und ziemlich hübsch, und Russell begriff, worauf sich der spitze Kommentar des Sheriffs bezogen hatte.
    » Würdest du uns bitte einen Kaffee machen.«
    Das Mädchen sagte nichts und zog sich wieder in die Küche zurück. Der Alte setzte sich Russell gegenüber in einen Sessel, schlug die Beine übereinander und sah ihn neugierig an.
    » Wer hat Sie denn eingebuchtet?«
    » Ein Polizeibeamter auf der 104 .«
    » So ein Dicker mit pockennarbigem Gesicht, der aussieht wie ein Cowboy, der seine Rinder verloren hat?«
    » Ja genau.«
    Der Alte schüttelte den Kopf, als gäbe es da eine Menge Geschichten zu erzählen.
    » Lou Ingraham. Für ihn hört die Welt an der Countygrenze auf. Er mag keine Fremden und lässt keine Gelegenheit aus, sie zu schikanieren. Seine Skalpsammlung ist Legende.«
    In diesem Augenblick kam Maria aus der Küche. Sie trug ein Tablett, auf dem eine Kanne Kaffee, ein Milchkännchen und zwei Tassen standen, und stellte es auf das Tischchen neben Ben Shepards Sessel.
    » Danke, Maria. Du kannst dir für den Rest des Tages freinehmen. Ich mache das hier schon.«
    Das Mädchen strahlte.
    » Danke, Ben.«
    Sie verschwand wieder hinter der Küchentür, glücklich über den unerwarteten freien Nachmittag. Russell begriff, dass sein Gastgeber mit seinem Geplauder nur Zeit schinden wollte, bis sie allein und ohne unerwünschte Mithörer sein würden. Russells Laune stieg. Zugleich war er auf der Hut.
    » Wie möchten Sie den Kaffee?«
    » Schwarz und ohne Zucker. Wie Sie sehen, bin ich ein anspruchsloser Gast.«
    Während der Alte aus der Thermoskanne Kaffee einschenkte, beschloss Russell, den Anfang zu machen.
    » Mr. Shepard, ich werde Ihnen zunächst ein paar Dinge erzählen. Wenn das, was ich sage, richtig ist, werde ich mir erlauben, Ihnen ein paar Fragen zu stellen. Andernfalls werde ich tun, was Sie mir geraten haben. Ich werde in mein Auto steigen und dorthin zurückkehren, woher ich gekommen bin.«
    » In Ordnung.«
    Russell erläuterte den Sachverhalt. Er tat es ein wenig zögerlich, da er sich nicht sicher war, ob die Dinge sich wirklich so

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