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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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zugetragen hatten.
    » Matt Corey hat für Sie gearbeitet und in einem Zimmer neben Ihrer Lagerhalle gewohnt. Er besaß eine Katze, die aufgrund einer Laune der Natur oder der Menschen nur drei Beine hatte und Walzer hieß.«
    Er holte das Foto des jungen Mannes mit dem Tier aus der Tasche und legte es Ben Shepard in den Schoß. Der alte Mann warf nur einen Blick darauf, ohne es in die Hand zu nehmen.
    » Im Jahr 1971 ist er nach Vietnam gegangen. Zum 11 . Regiment der mechanisierten Kavallerie, um genau zu sein. In Xuan Loc war er zusammen mit einem jungen Mann namens Wendell Johnson stationiert. Die beiden sind Freunde geworden. Eines Tages haben sie an einer Operation teilgenommen, die in ein Massaker ausgeartet ist, und haben als Einzige ihrer Abteilung überlebt. Sie wurden gefangengenommen und von den Vietcong bei einem Bombardement als menschliche Schutzschilde benutzt.«
    Russell fragte sich, ob er zu schnell erzählte, und machte eine Pause. Er merkte, dass Ben Shepard ihn interessiert ansah. Offenbar achtete er mehr auf sein Verhalten als auf seine Worte.
    » Obgleich die beiden sich in jenem Gebiet befanden, wurde die Bombardierung befohlen. Wendell Johnson und Matt Corey wurden von Napalm getroffen. Der eine ist vollständig verbrannt, der andere hat mit fürchterlichen Verbrennungen am ganzen Körper überlebt. Nach einem langen Aufenthalt im Lazarett und später zur Rehabilitation in einem Militärkrankenhaus wurde er entlassen, körperlich und seelisch zerstört.«
    Russell machte wieder eine Pause und merkte, dass sie beide die Luft anhielten.
    » Ich habe Grund zur Annahme – was ich hier nicht näher ausführen kann –, dass die Erkennungsmarken der beiden Männer vertauscht wurden. Matt Corey wurde für tot erklärt, und alle dachten, der Überlebende sei Wendell Johnson. Der hat, als er wieder ansprechbar war, den Identitätswechsel bestätigt. Weder Fotos, noch Fingerabdrücke konnten das widerlegen, denn sein Gesicht war völlig entstellt, und Fingerabdrücke hatte er vermutlich keine mehr.«
    Im Zimmer wurde es still. Eine Stille, die die Erinnerungen und die Gespenster der Vergangenheit wachruft. Eine Träne rollte über Ben Shepards Gesicht und tropfte auf das Foto.
    » Mr. Shepard …«
    Der Alte unterbrach ihn mit einem Blick, der weder vom Alter, noch von den Menschen getrübt war.
    » Ben.«
    Diese Aufforderung bedeutete, dass sich ihre Beziehung aufgrund einer seltsamen Affinität, wie sie manchmal zwischen zwei einander unbekannten Menschen entsteht, nun nicht mehr auf Worte beschränken würde. Die unerwartete Vertrautheit veranlasste Russell, die folgende Frage so ruhig wie möglich zu stellen.
    » Ben, wann hast du Matt Corey zum letzten Mal gesehen?«
    Der Alte brauchte lange, bis er endlich antwortete.
    » Im Sommer des Jahres 1972 , gleich nachdem er aus dem Militärkrankenhaus entlassen worden war.«
    Nach diesem Geständnis schenkte Shepard sich endlich auch einen Kaffee ein. Er nahm die Tasse und trank einen großen Schluck.
    » Er ist zu mir gekommen und hat mir dieselbe Geschichte erzählt, die du mir gerade erzählt hast. Dann hat er die Katze genommen und ist gegangen. Ich habe ihn nie wieder gesehen.«
    Russell war überzeugt davon, dass Ben Shepard nicht lügen konnte, glaubte aber, dass er ihm nur die halbe Wahrheit erzählt hatte. Gleichzeitig begriff er, dass sich der Mann, wenn man jetzt etwas Falsches sagte, völlig einigeln und nichts mehr preisgeben würde.
    » Weißt du, ob Matt einen Sohn hatte?«
    » Nein.«
    Ben Shepard schien die Tasse ein wenig zu hastig zum Mund zu führen, nachdem er die Frage verneint hatte. Die einzige Möglichkeit, diesen Mann zum Sprechen zu bringen, würde darin bestehen, ihm zu erklären, wie extrem wichtig diese Informationen waren.
    Und dafür gab es nur eine einzige Möglichkeit.
    » Ich weiß, dass du ein Ehrenmann bist, Ben, im besten Sinne des Wortes. Dafür möchte ich dir meine Anerkennung erweisen. Ich werde dir etwas erzählen, was ich dir niemals erzählen würde, wenn du nicht der wärst, der du bist.«
    Ben hob seine Tasse zum Dank und bedeutete ihm, dass er weitersprechen solle.
    » Die Geschichte ist schwer zu erzählen, weil sie schwer zu glauben ist.«
    Das sagte er nicht nur zu dem Mann, der ihm gegenübersaß, sondern er überzeugte sich auch noch einmal selbst von der Absurdität dieser ganzen Geschichte.
    » Hast du in den Nachrichten die Berichte über die Attentate in New York verfolgt?«
    Ben nickte.
    » Ja.

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