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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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Material von Homer in den Händen hielt, nach New York zurückfliegen. Und als er schließlich in die Stadt zurückfuhr, wusste er nicht, ob er wegen seiner Entdeckung so aufgeregt war oder wegen der Aussicht, Vivien bald wiederzusehen.

34
    Vivien hatte durch das Krankenhausfenster die Sonne am Horizont erscheinen, langsam den Himmel erklimmen und den Tag vorbereiten sehen. Für Greta würde es diesen Tag nicht geben. Keine Morgendämmerungen und keine Sonnenuntergänge würde es mehr geben, bis zum Tag der Auferstehung, an die zu glauben immer schon schwer gewesen war. Vivien lehnte die Stirn an die feuchte, kühle Scheibe. Dann schloss sie die Augen und wünschte sich, in einer anderen Zeit und an einem anderen Ort wieder aufzuwachen. Nichts wäre geschehen. Sie und ihre Schwester wären noch Kinder und so glücklich, wie nur Kinder es sein können. Als sie eben noch Gretas Hand gehalten hatte, war das Piep-Piep-Piep immer schwächer geworden und schließlich zu einer grünen Linie auf dem Monitor zusammengeschmolzen, einer Linie, die aus dem Nichts kam und ins Nichts führte. In diesem Augenblick waren die Bilder ihres gemeinsamen Lebens noch einmal an ihr vorübergezogen, wie es vielen Menschen am Rande des Todes ergeht.
    Obgleich sie bislang überzeugt davon gewesen war, dass dieses Privileg den Sterbenden vorbehalten war, um ihnen die Dauer ihres Lebens noch einmal vor Augen zu führen, hatte sie es selbst erfahren und ihr Leben als absurd kurz empfunden. Vielleicht weil sie es war, die zurückblieb, und ihr alles zerbrechlich und sinnlos erschien, diese Leere, diese Abwesenheit, die noch lange Teil von ihr sein würde.
    Sie ging zum Bett zurück und drückte die Lippen auf Gretas Stirn. Die Haut war glatt und weich. Viviens Tränen liefen an Gretas Schläfe hinab und tropften aufs Kissen. Dann streckte Vivien die Hand aus und drückte auf einen Schalter neben dem Kopfteil des Bettes. Das Summen eines Piepsers ließ sich vernehmen. Kurz darauf ging die Tür auf, und eine Krankenschwester kam ins Zimmer.
    Mit einem raschen Blick auf den Monitor erfasste sie die Situation. Sie nahm ein Sprechgerät aus der Tasche und drückte eine Taste.
    » Dr. Savine, können Sie bitte in Zimmer 28 kommen?«
    Ein paar Minuten später waren im Korridor Schritte zu vernehmen, und der Arzt betrat den Raum, ein mittelgroßer Mann mittleren Alters mit Geheimratsecken. Er wirkte kompetent und geduldig und schien sich der Bedeutung seines Berufs durchaus bewusst. Nun trat er ans Bett, holte das Stethoskop aus der Kitteltasche, schlug die Bettdecke zurück und hielt es an Gretas magere Brust. Nachdem er einen Moment gelauscht hatte, drehte er sich zu Vivien um. In seinem Gesicht spiegelten sich sämtliche Situationen, die er während seiner ärztlichen Laufbahn schon erlebt hatte.
    » Es tut mir leid, Ms. Light.«
    Das mochte sich unverbindlich anhören, doch Vivien wusste, dass sich das Personal und die Ärzte des Mariposa den Fall zu Herzen genommen hatten. Zu ihrer Ohnmacht gegenüber der unaufhaltsam fortschreitenden Krankheit hatte sich das täglich wachsende Gefühl der Niederlage gesellt, das sie mit ihr teilten. Vivien drehte dem Bett den Rücken zu, um nicht sehen zu müssen, wie das Leintuch über Gretas Gesicht gezogen wurde.
    Vor Schmerz und Erschöpfung wurde ihr schwindelig. Sie schwankte und stützte sich an der Wand ab. Sofort war Dr. Savine an ihrer Seite und stützte sie. Dann führte er sie zu dem Stuhl neben dem Bett, damit sie sich setzen konnte. Mit erfahrenen Händen tastete er nach Viviens Puls.
    » Junge Frau, Sie sind völlig erschöpft. Wäre es nicht ratsam, wenn Sie sich ein wenig ausruhen würden?«
    » Das würde ich gerne, Dr. Savine, aber das geht nicht. Nicht jetzt.«
    » Wenn ich mich recht entsinne, sind Sie bei der Polizei, oder?«
    Vivien sah zu dem Arzt auf, und in ihrem Gesicht zeichneten sich die Müdigkeit und die Hektik des Tages ab.
    » Ja. Und ich muss unbedingt nach New York zurück. Es geht um viele Menschenleben.«
    » Hier können Sie ohnehin nichts mehr tun. Ein Gebet kommt immer an, egal von wo, sofern Sie daran glauben. Die Klinik kann Ihnen ein paar sehr gute und diskrete Bestattungsunternehmen nennen, sofern Sie es wünschen. Die regeln dann alles für Sie.«
    Savine wandte sich an die Schwester.
    » Meg, bitte lege die Unterlagen für den Totenschein zurecht. Ich unterschreibe sie dann gleich.«
    Als sie allein waren, stand Vivien auf. Ihre Beine fühlten sich hölzern an.
    »

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