Ich. bin. Jetzt - auf dem achtfachen Yoga-Pfad zu sich selbst finden
vielmehr mit der Vergangenheit beschäftigt oder mit der Zukunft, die er auf Basis der Vergangenheit erdenkt, während das Leben nur Jetzt ist – in diesem Moment.
Vielleicht haben Sie keinen Chef, doch egal in welchem Zusammenhang, der Kopf hält sich nicht an die reinen Tatsachen. Der menschliche Geist filtert und interpretiert ständig mit seinem „Wissen“ die Wirklichkeit. Meiner macht das auf meine Weise, Ihrer auf Ihre. So erschaffe ich meine Realität und Sie Ihre. Jede Art von Leid hat damit zu tun, dass wir nicht die Wirklichkeit wahrnehmen, sondern unserer subjektiven Wahrnehmung vertrauen.
Probleme entstehen dort, wo wir die Geschichten in unserem Kopf ungeprüft übernehmen, daran glauben und sie für objektiv und wahr halten. Wir meinen zu wissen und beurteilen zu können, was ist bzw. was sein sollte, tun es aber in Wahrheit nicht. Auf diesem falschen Wissen bauen wir unser Leben auf. Das Ganze ist nicht so leicht zu durchschauen, weil uns meist gar nicht bewusst ist, was in unserem Geist vor sich geht.
Mit unserem Bewusstsein in diesem Moment, „jetzt“, zu sein, ist unsere einzige Chance, das Leben in seiner ganzen Vollkommenheit zu erfahren. Reine Wahrnehmung sieht, was in diesem Augenblick ist, statt zu fantasieren. Je klarer der Geist, desto klarer die Wahrnehmung. Je unklarer der Geist, desto mehr sind wir in seinen Illusionen gefangen. Das war schon vor Tausenden Jahren ein Thema, sonst hätte sich damals keiner mit Geisteskontrolle beschäftigt, und in jenen Tagen gab es noch keinen Fernseher, kein Radio, keine Zeitungen, keine Werbung, kein Internet, keinen Computer und weder Telefon noch Mobiltelefon. Abschalten und den Geist zur Ruhe kommen lassen war früher wohl noch etwas leichter. In der heutigen Zeit werden wir regelrecht bombardiert mit Sinneseindrücken und Informationen, die sich mehr oder weniger ungefiltert ins Gehirn einbrennen. Alles scheint machbar. Unzählige Dinge scheinen wichtig und erstrebenswert. Gleichzeitig hören wir ständig von Krisen, Gefahren und Bedrohungen. Kein Wunder, dass unser Geist meistens vollgestopft, unruhig und unklar ist. Im digitalen Zeitalter brauchen wir Raja Yoga vermutlich dringender als je zuvor. Um Missverständnisse zu vermeiden: Der Verstand ist nichts Schlechtes und nicht zu verdammen! Im Gegenteil, er ist ein geniales Werkzeug, wenn wir ihn benutzen, statt ihn selbstständig vor sich hinarbeiten und Herr im Haus sein zu lassen. Ohne bewusste Führung vernebelt er unser Herz und hindert uns am Sein.
Damit zurück zum Yoga-Sutra. Es ist ein Leitfaden, um den denkenden und fühlenden Geist zu erforschen, zu durchschauen und von Störfaktoren zu befreien. Quasi eine Betriebsanleitung für unser Denkorgan. Yoga wird darin als Zustand beschrieben, in dem die hektischen Hirnwellen zur Ruhe kommen. Wenn der Geist klar ist, kommt unsere wahre Natur ans Licht. Wir lernen, auf die Antworten aus unserem tiefsten Inneren zu hören, und finden so den Ursprung und die Lösung all unserer Schwierigkeiten. Das Sutra ist jedoch sehr komplex, weder ganz einfach zu verstehen noch ganz einfach im Alltag umzusetzen.
Ein guter und praxisnaher Einstieg ist sein Herzstück: der achtfache Pfad, um den es in diesem Buch geht. Er dient heute in fast allen Yoga-Richtungen als geistige Grundlage, weswegen Patanjali oft „Vater des Yoga“ genannt wird. Bei uns im Westen praktizieren allerdings die meisten nur den dritten Pfad – die Körperübungen. Der ganze Pfad enthält acht Übungsglieder. Sie sind ein Schlüssel für einen besseren Umgang mit anderen Menschen, mit der Umwelt und mit uns selbst, mit unserem Körper, unserer Lebensenergie und unserem Geist. Auf diesem handfesten spirituellen Übungsweg lernen wir, uns von eingefahren Denk- und Verhaltensmustern zu befreien, zu uns selbst zu finden und unser Potenzial zu verwirklichen.
Yoga ist vierfaches Bewusstsein: körperliches Bewusstsein, emotionales Bewusstsein, geistiges Bewusstsein und Bewusstsein über das Bewusstsein.
Man sollte mit dem Bewusstsein darüber beginnen, wie unbewusst man ist.
Dr. Swami Gitananda Giri
IV. Der achtfache Pfad
1. Yama – Fünf Prinzipien für den Umgang mit anderen Menschen und der Umwelt
2. Niyama – Fünf Prinzipien für den Umgang mit sich selbst
3. Asana – Körperhaltungen
4. Pranayama – Lenkung der Lebensenergie
5. Pratyahara – Rückzug der Sinne
6. Dharana – Konzentration, bewusste Fokussierung
7. Dhyana – Meditation
8. Samadhi – Erwachen,
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