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Ich bin Legende

Ich bin Legende

Titel: Ich bin Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Matheson
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Schallplatten anzuschleppen und Bücher und Berge von Dosennahrung, und sogar - fantastisch, wenn er daran dachte - ein paar Rollen Fototapeten?
    War der Überlebenswille mehr als ein leeres Wort? War er eine echte Kraft, die das Gehirn lenkte? War irgendwie die Natur selbst in ihm, um ihren Lebensfunken gegen ihre eigenen Übergriffe zu schützen?
    Er schloss die Augen. Warum darüber nachgrübeln? Es gab keine Antwort. Er war ganz einfach zu dumm, sich selbst das Leben zu nehmen. Na ja, so sah es eben aus.
    Später klebte er die Tapetenfetzen sorgfältig an. Es fiel gar nicht auf, außer man stand dicht davor.
    Flüchtig versuchte er, sich wieder mit dem Bazillenproblem zu beschäftigen, aber es wurde ihm schnell klar, dass er sich nicht darauf konzentrieren konnte, dass er sich auf überhaupt nichts konzentrieren konnte - außer auf den Hund. Zu seinem größten Erstaunen ertappte er sich dabei, dass er Gott anflehte, den Hund zu beschützen. Es war ein Augenblick, da er ein verzweifeltes Bedürfnis empfand, an einen Gott zu glauben, der die Hand über seine Schäfchen hielt. Weil er den Hund als Gefährten haben wollte - weil er ihn einfach brauchte.

13
    Am Morgen schaute er sofort zur Tür hinaus und stellte fest, dass Milch und Hamburger verschwunden waren.
    Sofort wanderte sein Blick über den Rasen. Zwei Frauen lagen verkrümmt im Gras, der Hund war Gott sei Dank nirgends zu sehen. Er musste grinsen. Wenn ich religiös wäre, dachte er, würde ich das als Erhörung meines Gebets ansehen.
    Gleich darauf machte er sich Vorwürfe, weil er nicht wach gewesen war, als der Hund gekommen war. Es musste nach dem Morgengrauen gewesen sein, als die Straßen sicher waren. Irgendwie hatte der Hund offenbar ein System entwickelt, das ihm geholfen hatte, so lange am Leben zu bleiben. Aber wirklich, er hätte wach sein sollen, um ihn zu beobachten.
    Er tröstete sich mit der Hoffnung, dass er das Vertrauen des Hundes gewinnen würde, wenn er ihn auch anfangs nur durch Futter an sich gewöhnen konnte. Kurz machte er sich Sorgen, dass nicht der Hund sich das Fleisch geholt hatte, sondern die Vampire. Ein näherer Blick zerstreute diese Befürchtung glücklicherweise schnell. Der Hamburger war nicht über den Knoblauchring gehoben, sondern unter ihm hervorgezerrt worden. Das bewiesen die Spuren auf dem Beton der Veranda ganz deutlich. Und rings um die Schüssel waren noch feuchte Milchspritzer, wie sie nur von einer Tierzunge verursacht worden sein konnten.
    Ehe er frühstückte, füllte er die Schüssel noch einmal mit Milch und holte einen weiteren Hamburger aus dem Tiefkühlschrank. Beides rückte er in den Schatten, damit die Milch nicht zu warm oder gar sauer würde. Der Hamburger taute auch im Schatten auf. Nach kurzem Überlegen stellte er noch ein Schüsselchen mit Wasser daneben.
    Nach dem Frühstück fuhr er die beiden Frauen zum Feuer und auf dem Rückweg hielt er in einem Supermarkt an. Er schleppte zwei Dutzend Dosen des besten Hundefutters in den Wagen, mehrere Schachteln Hundekuchen, Hundeschokolade, Hundeseife und Flohpulver, auch eine Drahtbürste.
    Großer Gott, dachte er, als er mit dem letzten Armvoll aus dem Supermarkt stolperte, man könnte ja fast glauben, ich hätte ein Baby zu Hause. Ein zaghaftes Lächeln stahl sich über seine Lippen. Warum soll ich mich denn selbst belügen? Ich bin so aufgeregt, wie seit bestimmt einem Jahr nicht mehr. Seine jetzige freudige Erregung war noch weit größer als bei der Entdeckung des Bazillus.
    Mit hundertdreißig Sachen fuhr er heim. Seine Enttäuschung war groß, als er sah, dass Fleisch, Milch und Wasser noch unberührt standen. Was, zum Teufel, erwartest du denn?, fragte er sich sarkastisch. Der Hund kann schließlich nicht jede Stunde fressen.
    Er stellte das Hundefutter und das andere Zeug alles am Tisch ab und schaute auf die Uhr. Zehn Uhr fünfzehn. Wenn er Hunger bekam, würde der Hund schon wiederkommen. Nur Geduld, mahnte er sich. Schaff dir zumindest eine Tugend an.
    Er verstaute die Dosen und Schachteln, dann machte er seinen täglichen Rundgang ums Haus und ums Treibhaus. An einem Fenster musste ein Brett wieder festgenagelt und eine zerbrochene Scheibe auf dem Treibhausdach erneuert werden.
    Während er Knoblauch erntete und die Knollen in einen Korb legte, fragte er sich, wie schon oft, weshalb die Vampire nie versucht hatten, sein Haus anzuzünden. Das wäre doch das Naheliegendste. Konnte es sein, dass sie sich vor Streichhölzern fürchteten?

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