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Ich bin Legende

Ich bin Legende

Titel: Ich bin Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Matheson
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richtete er sich auf den vier Beinen auf und überquerte erneut die Straße, etwas weniger zögernd diesmal. Neville saß immer noch unbewegt, aber sein Herz pochte heftig. Der Hund begann ihm zu vertrauen, und das rührte ihn zutiefst. Auch er ließ seine Augen nicht von dem Tier.
    »So ist’s gut, mein Junge«, hörte er sich selbst laut sagen. »Sauf jetzt nur dein Wasser.«
    Ein erfreutes Lächeln zog über seine Lippen, als er sah, dass der Hund ein Ohr spitzte. Er hört mir zu!, dachte er aufgeregt. Er hört, was ich sage, der kleine Bursche.
    »Komm nur, mein Junge!«, forderte er ihn eifrig auf. »Sauf jetzt das Wasser und die Milch. Ich tu dir nichts, mein Junge. Sei ein guter Hund!«
    Das Tier tappte zur Wasserschüssel und soff vorsichtig. Immer wieder hob es ruckartig den Kopf, um Neville zu beobachten.
    »Schau, ich rühr mich überhaupt nicht«, versicherte Neville dem Hund.
    Er staunte, wie seltsam seine Stimme klang. Er hatte sie fast ein Jahr nicht mehr gehört, und nun erschien sie ihm irgendwie komisch. Ein ganzes Jahr schweigend zu leben, das war eine lange Zeit. Wenn du bei mir bleibst, dachte er, werd ich dir ein Loch in den Bauch reden!
    Der Hund hatte sein Wasser ausgeschlabbert.
    »Komm her, mein Junge«, sagte Neville und tätschelte einladend auf seinen Schenkel. »Komm!«
    Der Hund blickte ihn interessiert an und sein unverletztes Ohr zuckte. Diese Augen!, dachte Neville, was sie an Gefühlen ausdrücken! Misstrauen, Furcht, Hoffnung, Einsamkeit - all das verrieten diese feuchten braunen Augen. Armer kleiner Bursche!
    »Komm her, mein Junge, ich tu dir nichts«, sagte er sanft.
    Dann stand er auf und der Hund rannte davon. Neville schaute ihm kopfschüttelnd nach.
    Weitere Tage vergingen. Jeden Tag saß er auf der Veranda, während das Tier fraß. Es dauerte nicht mehr lange, bis der Hund ohne Zaudern, ja in geradezu kühner Haltung zum Futternapf kam.
    Und die ganze Zeit redete Neville auf ihn ein.
    »So ein guter Junge. Friss nur schön! So ein feines Futter, nicht wahr? Sicher ist es fein! Ich bin dein Freund. Das Futter ist von mir. Friss nur auf, mein Junge. So ist es recht. So ein lieber Hund!« Endlos schmeichelte er ihm, lobte ihn mit sanfter Stimme, um ihm die tief eingewurzelte Angst zu nehmen.
    Und jeden Tag setzte er sich ein bisschen näher zum Futternapf, bis es so weit war, dass er den Hund mit ausgestrecktem Arm hätte berühren können. Aber er versuchte es nicht, dazu war die Gefahr, ihn zu verscheuchen, noch zu groß. Ich möchte ihn doch nicht erschrecken, dachte er.
    Aber es war schwer, die Hände stillzuhalten. Er spürte regelrecht, wie sie danach drängten, über den Kopf des Hundes zu streicheln. Er empfand ein so ungeheures Verlangen, wieder etwas zu lieben, und der Hund war ein so schön hässliches Tier.
    Immer sprach er zu ihm, bis der Hund sich an den Klang seiner Stimme gewöhnt hatte. Er blickte jetzt kaum noch vom Futter hoch, wenn er redete. Er kam und ging nun ohne Furcht, fraß und bellte einen kurzen Dank von der anderen Straßenseite. Bald, sagte Neville sich, werde ich ihm den Kopf streicheln dürfen. Aus den Tagen wurden angenehme Wochen, und jede Stunde brachte ihm den Gefährten näher.
    Dann kam der Hund eines Tages nicht.
    Neville war verzweifelt. Er hatte sich so an das Kommen und Gehen des Tieres gewöhnt, dass sich im Grund genommen sein ganzes Leben um ihn drehte und er sich mit seinem Tagesablauf nach den Futterzeiten des Hundes richtete. Seine Forschungen hatte er vergessen und alles war zweitrangig, solange ihn sein Verlangen, das Tier ins Haus zu bekommen, so sehr beschäftigte.
    Einen nervenaufreibenden Nachmittag verbrachte er damit, die ganze Nachbarschaft abzusuchen und laut nach dem Hund zu rufen - aber leider ohne Erfolg. Kurz vor Sonnenuntergang kehrte er bedrückt nach Hause zurück und würgte sein Abendessen lustlos hinunter. Auch am nächsten Tag kam der Hund nicht zum Frühstück. Wieder suchte Neville alles in der näheren Umgebung ab, doch bereits mit weniger Hoffnung. Sie haben ihn erwischt!, hämmerte es immer wieder in sein Gehirn. Diese verfluchten Bastarde haben ihn erwischt! Aber so ganz fest glaubte er es doch nicht, weil er es nicht glauben wollte.
    Am Nachmittag des dritten Tages arbeitete er in der Garage, als er das Klappern des Blechnapfs auf der Veranda hörte. Fast keuchend Luft holend, rannte er ins Freie.
    »Da bist du ja wieder!«, rief er.
    Der Hund zuckte erschrocken zurück und Wasser troff aus seinem

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