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Ich bin Nummer Vier

Ich bin Nummer Vier

Titel: Ich bin Nummer Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lore Pittacus
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bis es vorbei ist, dann beuge ich mich vor und ringe eine ganze Minute lang um Luft.
    Draußen hat das mechanische Brummen aufgehört. Der Sattelschlepper ist nicht zu sehen. Während Henri den Kasten schließt und wieder in denselben Ofen wie zuvor schiebt, blicke ich auf der Suche nach Bernie Kosar aus dem Fenster – vergeblich. Wieder zeigen sich Scheinwerfer vor der Schule, das Fahrzeug – ich kann nicht sagen, ob es ein Personenwagen oder ein Truck ist – wird an der Auffahrt langsamer, dann fährt es schnell weiter, ohne einzubiegen. Henri zieht sein Hemd herunter und greift nach dem Gewehr. Auf dem Weg zur Tür lässt uns ein Gebrüll innehalten.
    Das Gebrüll kommt von draußen, laut, tierisch, ein unheimliches Heulen, anders als alles, was ich je zuvor gehört habe, gefolgt von dem metallischen Klicken, mit dem ein Gitter aufgeschlossen, gesenkt und geöffnet wird. Ein lauter Schlag lässtuns zusammenzucken. Henri schüttelt den Kopf und seufzt zu einer fast hoffnungslosen Geste, wie man sie bei einer Niederlage macht.
    »Es gibt immer Hoffnung, Henri«, sage ich. Er sieht mich fragend an. »Die neuen Entwicklungen müssen sich noch zeigen. Nicht alle Informationen liegen vor. Nein. Gib die Hoffnung noch nicht auf.«
    Ein schwaches Lächeln huscht bei diesem Zitat über seine Lippen. Dann blickt er Sechs an; ihre Ankunft ist eine neue Entwicklung, mit der wir beide nicht gerechnet haben. Und wer weiß, ob nicht noch andere warten?
    Und dann macht Henri exakt da weiter, wo ich aufgehört habe mit dem, was er mir gesagt hat, damals, als ich ihn fragte, wie wir diesen Kampf gewinnen sollen, allein, zahlenmäßig unterlegen – gegen die Mogadori, die an Krieg, Zerstörung und Tod ihre wahre Freude haben.
    »Es ist das Letzte, was vergeht«, sagt Henri. »Wenn du die Hoffnung verloren hast, hast du alles verloren. Und wenn du glaubst, alles sei verloren, wenn alles entsetzlich und trostlos ist – gibt es immer noch Hoffnung.«
    Ich nicke. »Ganz genau.«

31
    Ein anderes Gebrüll dringt durch die Nachtluft, durch die Mauern der Schule; ein Gebrüll, das mein Blut gefrieren lässt. Der Boden beginnt zu dröhnen unter den stampfenden Schritten der Bestie, die jetzt freigelassen worden ist. Ich habe in den Rückblenden des Krieges auf Lorien mit eigenen Augen gesehen, wie groß sie waren.
    »Deinen Freunden und uns zuliebe sollten wir zur Hölle noch mal aus dieser Schule raus, solange das noch geht«, sagt Sechs. »Sie werden auf der Suche nach uns das ganze Gebäude zerstören.«
    Wir nicken einander zu.
    »Wir müssen in den Wald, das ist unsere einzige Hoffnung«, meint Henri. »Vielleicht können wir fliehen, solange wir unsichtbar sind.«
    Sechs nickt. »Haltet nur meine Hände fest.«
    Henri und ich gehorchen.
    »So leise wir können!«, mahnt Henri.
    Der Gang ist dunkel und still. Wir laufen so schnell und leise es uns möglich ist. Wieder Gebrüll, und mittendrin ein weiteres. Wir bleiben wie angewurzelt stehen: Nicht nur ein Monster – es sind zwei! Wir laufen weiter und kommen in die Turnhalle. Von den Scouts ist nichts zu sehen. Plötzlich bleibt Henri stehen. Ich schaue hinüber, doch es ist zu dunkel, ich erkenne ihn nicht.
    »Warum bleiben wir stehen?«, flüstere ich.
    »Pst! Hört nur.«
    Ich strenge mich an, kann aber nichts als das gleichmäßige Blutsummen in meinen Ohren vernehmen.
    »Die Bestien bewegen sich nicht mehr«, sagt Henri.
    »Na und?«
    »Pst! Dort draußen ist noch was anderes.«
    Und dann höre ich es auch: ein hohes, schrilles Piepsen, wie von kleinen Tieren. Diese Töne sind unterdrückt, werden aber lauter.
    »Was zum Teufel?!«
    Etwas schlägt an die Bühnenluke, durch die wir fliehen wollten.
    »Leuchte!«, sagt Henri.
    Ich lasse die Hand von Sechs los, leuchte und richte das Licht auf die Bühne. Henri blickt an seinem Gewehrlauf entlang. Die Lukensperre bewegt sich, als wolle sich jemand durchzwängen, sei aber nicht stark genug dafür.
Die Wiesel!
, denke ich.
Die kleinen Geschöpfe mit den stämmigen Körpern, vor denen sich die Typen in Athens so gefürchtet haben.
Eines von ihnen schlägt nun so fest auf die Luke, dass der Rahmen herausbricht und auf den Boden klappert. Zwei der kleinen Tiere drücken sich durch, und sowie sie uns sehen, rasen sie so schnell auf uns zu, dass ich sie kaum erkennen kann. Henri richtet mit einem leichten Grinsen das Gewehr auf sie. Sie trennen sich, und beide springen aus etwa sechs Metern Entfernung auf uns zu, eins zu Henri, eins zu

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