Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse
sehen, immer wieder die Torheit und Schwäche seiner Untertanen und Kinder zu vergeben; ein solches Konzept der Gnade müssen wir zurückweisen, denn es ist nichts anderes als eine kindische Zerstörung der menschlichen Würde. Eine solche Sicht verstärkt nur noch das NICHT-O.K . Unsere
Grundanschauung
ist es, die wir «beichten», anerkennen, begreifen müssen. Dann können wir Spiele verstehen und unabhängig genug werden, auf sie zu verzichten.
Eine Beichte des Erwachsenen-Ichs unterscheidet sich sehr von einer Beichte des Kindheits-Ichs. Wo das Kindheits-Ich sagt: «Es tut mir leid … ICH BIN NICHT O.K . … verzeih mir bitte … ist es nicht schrecklich», kann das Erwachsenen-Ich kritisch feststellen, wo eine Änderung möglich ist, und dann die Konsequenzen ziehen.
Beichte ohne Änderung ist ein Spiel.
Das gilt für das Gotteshaus genauso wie für das Arbeitszimmer des Pastors oder die Sprechstunde eines Psychiaters.
Die nicht vom Erwachsenen-Ich ausgestrahlte Übertragung christlicher Doktrinen war der größte Feind der christlichen Gnadensbotschaft. Im Laufe der Geschichte wurde die Botschaft verzerrt, bis sie in die Spielmuster jeder Kultur passte, in die sie eingeführt wurde. Die Botschaft ICH BIN O.K . – DU BIST O.K . wurde immer wieder verdreht bis zu der Anschauung WIR SIND O.K . – DU BIST NICHT O.K . Unter dieser Sanktion wurden Juden verfolgt, Rassenfanatismus wurde moralisch
und
gesetzlich gerechtfertigt, immer wieder kam es zu bestialisch geführten Religionskriegen, Hexen wurden verbrannt und Ketzer zu Tode gefoltert. Die Lehre von der Gnade ICH BIN O.K . – DU BIST O.K . ist kaum mehr zu erkennen in Doktrinen wie jenen von den Auserwählten und der Prädestination, die unter den Flüchen des Eltern-Ichs und unter dem Toben des Kindheits-Ichs von Figuren wie Elmer Gantry [70] und Jonathan Edwards [71] verkündet wurden. Sie verstanden unter den Freuden des Himmels einen Logenplatz zur Rechten Gottes, wo sie zuschauen können, wie die Verdammten in der Hölle braten.
Das war ein hartes Spiel, das die Menschen dazu bringen sollte, sich zu krümmen und zu winden. Heute bleiben viele Pfarrer gelassen, wenn es um die Sünde und Buße von Einzelpersonen geht. Sie attackieren die Sünde der Gesellschaft und wollen die Gesellschaft dazu bringen, sich zu winden. Dieser «Angriff» reicht von einem milden soziologischen Vortrag bis zur wütenden Attacke auf die soziale Ungerechtigkeit. Doch Slums und Ghettos und Menschenverachtung werden aus der Gesellschaft erst dann verschwinden, wenn Slums und Spiele aus den Herzen der Menschen verschwinden. Traurige Beispiele dafür sind viele Volksabstimmungen. So wurde 1964 in Kalifornien ein Volksentscheid über die sogenannte Proposition 14 herbeigeführt. Die Proposition 14 beantragte, dass die von Washington erlassenen Gesetze über die Freiheit der Wohnungswahl für Angehörige
aller
Rassen in Kalifornien
nicht
rechtskräftig werden sollten. Die Wahlberechtigten sollten also entscheiden, ob sie Ernst machen wollten mit der Rassenintegration vor ihrer eigenen Haustür. Proposition 14 war ein reaktionäres Apartheitsgesetz. Der Standpunkt der «Gesellschaft» war klar: Fast jede wichtige Organisation im Staat Kalifornien war offiziell dagegen – fast alle religiösen Vereinigungen, Schulträgerschaften, die großen politischen Parteien, die Handelskammer, die Gewerkschaften, die Vereinigung der Rechtsanwälte und der Lehrer-Eltern-Verband, um nur einige der repräsentativen Organisationen zu nennen. Aber die «apartheitliche» Proposition 14 wurde trotzdem mit Zwei-Drittel-Mehrheit angenommen. Was die Gesellschaft tun
sollte
, steht auf einem anderen Blatt als was die Individuen zu tun
wagen
.
Dass sie auf diesen
ausschlaggebenden
Gebieten keine Änderung bewirken konnten, hat viele Pfarrer zur Verzweiflung getrieben, hat viele bewogen, ihr Amt zu verlassen, und andere dazu gebracht, resigniert den «konservativen Standpunkt» zu teilen, nach dem trotz erhabener Verkündigung die Kirche im Grunde nur eine Quelle von Eltern-Ich-Diktaten ist, die alles beim alten lassen wollen – der Staat soll weiterhin den Mammon (die Kirchensteuer) eintreiben, die Kirche verwaltet möglichst effektiv ihre Millionen wie sie Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen verwaltet. Es geschieht viel Gutes, doch angesichts des Zustands der Welt reichen diese Aktivitäten kaum aus. Junge Theologen, die heute aus den Seminaren kommen und von Bonhoeffer, Tillich und Buber
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