Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse

Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse

Titel: Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Harris
Vom Netzwerk:
eine schlechte Sache werden, aus einer Erfahrung ein Dogma. Das Dogma ist der Feind der Wahrheit und der Feind der Menschen. Das Dogma sagt: «Denke nicht! Sei weniger als ein Mensch!» Die Ideen, die in einem Dogma eingeschlossen sind, mögen gut und weise sein, doch das Dogma ist schlecht an sich, weil es ohne Überprüfung als gut akzeptiert wird.
    Im Mittelpunkt der meisten Religionen steht ein Glaubensakt, durch den das Kindheits-Ich ein autoritäres Dogma übernimmt, wobei das Erwachsenen-Ich wenig oder gar nicht beteiligt ist. Darum ist die Moralität, die in die Struktur der Religion eingeschlossen ist, im Wesentlichen vom Eltern-Ich bestimmt. Sie ist veraltet, häufig ungeprüft und oft widersprüchlich. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass wir mit Hilfe des Eltern-Ichs nicht zu einer Einigung über den Wert von Menschen kommen können, weil jede Kultur diesen Wert unterschiedlich einschätzt und weil diese Information vom Eltern-Ich übermittelt wird.
Darum
behindert die Moralität des Eltern-Ichs eher die Idee einer universalen Ethik, die alle Menschen fordert, statt ihre Formulierung zu fördern. Die Grundanschauung ICH BIN O.K . – DU BIST O.K . ist nicht möglich, wenn sie davon abhängt, dass du akzeptierst, was ich glaube.
    Ich beschränke die folgenden Beobachtungen auf die christliche Religion, weil sie die einzige ist, über die ich genug Daten zur Rechtfertigung meiner Behauptung habe. Die zentrale Botschaft Christi war der
Begriff der Gnade
. Gnade ist ein «vorbelastetes» Wort, aber man findet kaum einen Ersatz dafür. Der Begriff der Gnade ist nach der Interpretation von Paul Tillich, dem Vater aller «neuen christlichen Theologen», eine theologische Formulierung von ICH BIN O.K . – DU BIST O.K . Es heißt nicht: DU KANNST O.K. SEIN, WENN oder DU WIRST ANGENOMMEN, FALLS , sondern DU BIST ANGENOMMEN  – ohne jede Bedingung.
    Tillich illustriert das durch den Hinweis auf die Geschichte von der Dirne, die zu Jesus kam. Tillich schrieb: «Nicht Jesus vergibt der Frau, sondern er stellt fest, dass sie Vergebung erfahren hat. Ihr Gemütszustand und die Ekstase ihrer Liebe deuten darauf hin, dass ihr etwas Besonderes widerfahren ist.» Tillich stellte weiter fest: «Die Frau in Simons Haus kommt zu Jesus, weil ihr vergeben worden
war
», nicht um Vergebung zu erlangen. [67] Vielleicht wäre sie nicht zu ihm gekommen, wenn sie nicht bereits gewusst hätte, dass er sie mit Liebe, oder Gnade, oder ICH BIN O.K . – DU BIST O.K . empfangen würde.
    Dieses Konzept ist für viele «religiöse Menschen» unverständlich, weil es nur vom Erwachsenen-Ich begriffen werden kann, und viele religiöse Menschen sind von ihrem Eltern-Ich beherrscht. Das Eltern-Ich hat zu viele Vorbehalte gegenüber dem anderen, sein Credo heißt: DU KANNST O.K. SEIN, WENN . Das Kindheits-Ich hat sich andererseits viele Spiele ausgedacht, um dem Urteil des Eltern-Ichs zu entgehen. Ein Beispiel für ein solches Spiel ist «Religiöser Schlemihl», eine Variation von «Schlemihl», das Berne beschrieben hat. [68] Bei diesem Spiel verbringt der Sünder (der das Spiel inszeniert) die Woche damit, dass er seine Mieter hinauswirft, seine Angestellten unterbezahlt, seine Frau demütigt, seine Kinder anschreit, Klatsch über seine Konkurrenten verbreitet, und dann sagt er am Sonntag Gott in feierlicher Verbrämung: «Tut mir leid» und verlässt danach die Kirche mit dem schönen Gefühl: «Geschafft! Ende gut, alles gut» – und das ist der Nutzeffekt für ihn.
    Nicht alle «Sünder» sind so deutliche Spieler. Doch weil ihr innerer religiöser Dialog sich vorwiegend zwischen Eltern-Ich und Kindheits-Ich abspielt, sind sie unentwegt in einer ängstlichen Buchhaltung guter und schlechter Werke befangen, wobei sie nie wissen, wie der Saldo aussieht. Paul Tournier stellt fest, dass die religiöse Moral «das befreiende Erlebnis der Gnade [ ICH BIN O.K . – DU BIST O.K .] durch die besessene Furcht vor einem Fehler ersetzt» [69] .
    Wenn wir mit Tillich unser Ur-Problem als einen
Zustand
(eine Entfremdung, eine NICHT O.K .-Einstellung, oder Sünde im Singular) begreifen und nicht als eine
Handlung
(Taten der Sünde, Spiele zur Überwindung der Grundeinstellung oder Sünden im Plural), dann verstehen wir, wie wenig eine ständig wiederholte «Beichte von
Sünden
» eine Veränderung im Leben eines Menschen bewirken kann. Tillich schreibt, dass manche Menschen in der Gnade die Bereitschaft eines göttlichen Königs und Vaters

Weitere Kostenlose Bücher