Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse
offen in die Augen schauen zu können, die wunderbare Gnade einer Wiedervereinigung des Lebens mit dem Leben.»
Das ist Intimität. Das ist Bewusstheit. Berne erklärt in
‹Spiele der Erwachsenen›
: «Bewusstheit ist die Fähigkeit, auf unverwechselbar eigene Art eine Kaffeekanne zu sehen und die Vögel singen zu hören, und nicht so, wie es einem beigebracht worden ist.» Tillich spricht vom Erleben Gottes oder der Gnade auf seine eigene Art und nicht so, wie es ihm beigebracht worden ist. Jede vorprogrammierte Vorstellung vom Wesen Gottes steht dem Erleben Gottes im Weg. Darum glaube ich, dass ein wesentlicher Aspekt des religiösen Erlebens der Intimität der Ausschluss des Eltern-Ichs ist.
Berne sagt, ebenfalls in
‹Spiele der Erwachsenen›
:
«Ein kleiner Junge ist entzückt, wenn er die Vögel sieht und hört. Dann kommt der ‹gute Vater› und fühlt das Bedürfnis, seinen Erfahrungsschatz mit seinem Sohn zu ‹teilen› und ihm in seiner ‹Entwicklung› behilflich zu sein. Er sagt zu Ihm: ‹Das ist ein Häher, und das ist ein Spatz.› Von dem Augenblick an, in dem sich der Junge damit befasst, welches nun der Häher ist und welches der Spatz, kann er die Vögel nicht mehr richtig sehen oder singen hören. Er muss sie nun so sehen und hören, wie der Vater es verlangt. Der Vater hat für sein Verhalten durchaus plausible Gründe, denn nur wenige Menschen können es sich leisten, ihr Leben damit zu verbringen, dass sie dem Gesang der Vögel lauschen; je eher er also mit der ‹Erziehung› seines kleinen Sohnes beginnt, desto besser ist das für ihn … Es gibt nur noch einige wenige Menschen, die auf die alte Weise sehen und hören können. Die weitaus meisten Menschen haben jedoch die Fähigkeit verloren … und sie haben nicht mehr die Wahlmöglichkeit, unmittelbar zu sehen und zu hören, selbst dann nicht, wenn sie es sich eigentlich leisten könnten; sie sind gezwungen, ihre Eindrücke aus zweiter Hand zu empfangen.»
Aus diesem Grund kann die Theologie oder die Religion dem religiösen Erlebnis im Wege stehen. Es ist schwer, Ekstase zu erleben, wenn der Kopf voll ist von einem weibischen Bildnis Jesu, Engeln mit kitschigen Flügeln, der Schlange im Paradies, Auserwählungen oder raffinierten Höllenqualen. Intimität ist ein Erlebnis des natürlichen Kindheits-Ichs (des Kindes, das auf seine Art die Vögel singen hört). «Eine höchst ungünstige Wirkung», sagt Berne, «übt auf sie im Allgemeinen die Adaptation an die Einflüsse des Eltern-Ichs aus, und unglücklicherweise ist das nahezu überall in der Welt der Fall.»
Die Adaptation beginnt bei der Geburt. Jesus sagte: «Wer das Reich Gottes nicht empfängt als ein Kindlein, der wird nicht hineinkommen.» Ich glaube, das Kindlein, von dem Jesus spricht, ist das wiedergeborene natürliche Kindheits-Ich. Seine Wiedergeburt ist möglich, wenn das Erwachsenen-Ich das NICHT-O.K . begriffen hat, das durch den Adaptations- oder Akkulturationsprozess entstanden ist. Wenn wir das Eltern-Ich ausschalten, ist sogar Intimität mit unseren Eltern möglich. Auch sie haben unter dem Adaptationsprozess gelitten.
Menschen in der Perspektive
Die Daten des Eltern-Ichs können für das Kindheits-Ich niederschmetternd sein, besonders wenn es um das Thema Religion geht. Das Erwachsenen-Ich hat die Aufgabe, sie zu überprüfen. Es wird dafür gestärkt, wenn man einen Schritt zurücktritt und so eine größere Perspektive, einen weiteren Gesichtskreis gewinnt.
Mir hat dazu ein «Kalender» der Evolution des Menschen verholfen, den Robert S. Francœur verfasst hat:
«Da das genaue Datum für das Erscheinen des Menschen nie bekannt sein wird, wollen wir es willkürlich auf vor etwa eineinhalb Millionen Jahren festsetzen. Dann wollen wir die Geschichte der Menschheit mit einem Kalenderjahr gleichsetzen, in dem ein ‹Tag› viertausend Jahren Menschheitsgeschichte entspricht. Danach treten im Januar die Vorfahren unseres Homo habilis auf. Der Homo habilis konnte aufrecht gehen und primitivste Werkzeuge anwenden. Wahrscheinlich konnte er nicht sprechen wie wir, doch da er in Horden jagte, hatte er zweifellos irgendein Kommunikationsmittel. Die Sprache, wie wir sie heute kennen, entwickelte sich sehr allmählich in den ersten drei Monaten unseres ‹Jahres›. Der evolutionäre Fortschritt des Menschen war bestenfalls langsam und zögernd: Das Feuer diente zunächst zum Schutz vor der Kälte und vor wilden Tieren, erst viel später zur Nahrungszubereitung;
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