Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse
Werkzeuge wurden aus Stein gehauen; die Geschicklichkeit des Jägers entwickelte sich ebenso langsam wie seine Gehirnrinde. Der Sommer kam und ging, und der Herbst war zu zwei Drittel vergangen, als endlich um den ersten November der Neandertaler auftauchte. Die ersten Anzeichen eines religiösen Glaubens kann man in den Begräbnisstätten der späten Neandertaloiden entdecken, etwa am 17. Dezember.
Bis zum 24. Dezember unseres hypothetischen Jahres sind alle Vorgänger des Homo sapiens oder die primitiven Arten des Menschen ausgestorben beziehungsweise absorbiert vom fortschrittlicheren und moderneren Cromagnonmenschen. Der Ackerbau begann etwa am 28. Dezember, und unsere gesamte historische Ära, die kurzen sechs- bis zehntausend Jahre, von denen wir eine geschichtliche Kenntnis haben, fand in den letzten beiden Tagen unseres ‹Jahres› statt. Sokrates, Plato und Aristoteles wurden ungefähr um neun Uhr früh am 31. Dezember geboren, Christus um zwölf und Columbus um 21.30 Uhr. Die letzte Stunde des 31. Dezember von 23 Uhr bis Mitternacht enthält das gesamte neunzehnte und zwanzigste Jahrhundert.» [75]
In dieser Perspektive erkennen wir ziemlich klar, dass unsere besondere Art «althergebrachter Religion» mit ihren Behauptungen letzter und äußerster Kenntnis Gottes und seiner Schöpfung letzten Endes doch nicht so alt ist.
Glaube ist kein blinder Sprung ins Nichts, sondern ein überlegter Gang in das Licht, das wir haben. Teil dieses Lichts ist die Erkenntnis, dass die Welt, die «Gott also liebte», wesentlich größer ist als unser eigenes persönliches Verständnis von ihr. Wenn nichts sonst, so sollte diese Erkenntnis uns bescheiden machen und unsere Rechte auf die ausschließliche Wahrheit widerlegen.
Ich erinnere mich an die Erklärung eines Politikers: «Wenn Weiße und Schwarze und Braune und alle Andersfarbenen beschließen, als Christen zusammen zu leben, dann, und nur dann, werden wir einen Weg aus allen diesen Nöten finden.» Diese Erklärung mag ihm etwas bedeuten; aber was bedeutet sie den eineinhalb Milliarden Menschen heute auf der Welt, die nicht wissen, wer Christus war, und noch nie seinen Namen gehört haben?
Das bringt uns auf eine zweite Möglichkeit, Menschen in der Perspektive zu sehen. In einer Predigt, die ich vor einiger Zeit hörte, wurden folgende statistische Überlegungen angestellt:
Wenn die drei Milliarden Menschen der Welt in einer Gruppe von einhundert repräsentiert werden könnten:
wären sechs davon Bürger der Vereinigten Staaten; vierundneunzig wären Bürger anderer Länder.
Sechs würden die Hälfte des Geldes der Welt besitzen; vierundneunzig würden sich die andere Hälfte teilen; von den vierundneunzig würden zwanzig faktisch die restliche Hälfte besitzen.
Sechs hätten fünfzehnmal mehr materielle Besitztümer als die anderen vierundneunzig zusammen.
Sechs hätten 72 Prozent des durchschnittlichen täglichen Nahrungsbedarfs; zwei Drittel der vierundneunzig hätten einen Ernährungsstandard unterhalb des Minimums, und viele von ihnen wären am Verhungern.
Die Lebenserwartung von sechs würde siebzig Jahre betragen. Die Lebenserwartung von vierundneunzig käme auf neununddreißig Jahre.
Von den vierundneunzig kämen dreiunddreißig aus Ländern, in denen der christliche Glaube gelehrt wird. Von den dreiunddreißig wären vierundzwanzig Katholiken und neun Protestanten.
Weniger als die Hälfte der vierundneunzig hätte den Namen Christi gehört, doch die Mehrheit der vierundneunzig wüssten von Lenin.
Unter den vierundneunzig würden drei kommunistische Dokumente kursieren, die an Auflagenzahl der Bibel überlegen sind. Im Jahre 2000 wird jeder zweite Mensch Chinese sein. [76]
Wir betrügen uns selbst, wenn wir weiterhin mitreißende Erklärungen über Gott und den Menschen von uns geben, ohne ständig die Fakten des Lebens vor Augen zu haben: die lange Geschichte der menschlichen Entwicklung und die gegenwärtige Verschiedenartigkeit menschlichen Denkens. Für manche Menschen mögen das erschütternde Daten sein. «Hoffnungslos!» jammern sie vielleicht. Mir gefällt Teilhards Einstellung. Als er einmal gefragt wurde, was ihn glücklich mache, antwortete er: «Ich bin glücklich, weil die Welt rund ist.» Die Grenzen, Ecken oder Winkel sind nicht physisch, sondern psychisch. Wenn wir die psychologischen Zäune entfernen, die zum Schutze des NICHT O.K .-Kindheits-Ichs in jedem Menschen aufgerichtet wurden, dann gibt es keine Barrieren, die
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