Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse
seine Peiniger, die Eltern, zu wenden und so seine «negativen Gefühle» auf läuternde Weise – kathartisch – abzureagieren. Wenn dann der Kleine die Mutterpuppe im Klo ersäufte oder der kleinen Schwesterpuppe den Arm brach, machte man Notizen für die nächste «Konferenz», eine höchst bedeutsame Einrichtung – für das Personal. Man ging von der Annahme aus, dass diese Äußerungen den Weg frei machen würden für die Entwicklung positiver Gefühle, die auf den neuen Einsichten der Eltern aus ihren psychologischen Beratungsstunden basierten – dass nach einer gewissen Periode des «Ich hasse dich» das «Ich liebe dich» irgendwie folgen werde. Doch da die Eltern meist die Aktionen oder Transaktionen nicht recht verstanden, die solche Gefühle auslösten, blieb die Situation häufig unverändert. Oft verschlimmerte sie sich sogar, weil das Kind, dem man gesagt hatte, dass «es gut ist, wenn du deine Gefühle herauslässt», die Familie in ein Schlachtfeld verwandelte, wobei Karlchen natürlich die Rolle des kommandierenden Generals übernahm. Es war das gleiche wie mit Nasentropfen. Sie lindern eine Zeitlang die Verstopfung der Nase, aber der Schnupfen bleibt, und die nächste Erkältung kommt bestimmt. Manche Menschen gehen durchs Leben, indem sie ständig ihre Gefühle ausdrücken. In beiden Fällen wird das Pferd beim Schwanz aufgezäumt. Äußerung von Gefühlen und Anwendung von Nasentropfen haben sicher ihren Nutzen, doch es geht um mehr als das.
Bei den damaligen Behandlungsmethoden lag der Schwerpunkt darauf, was das
Kind
erreichen und wie sein Verhalten sich ändern könnte, obwohl man doch schon sah, dass auch die Eltern beteiligt sein mussten. Bei der Transaktions-Analyse verlagern wir den Schwerpunkt auf das, was die
Eltern
erreichen können, damit die Art der Transaktionen zwischen Eltern und Kind sich ändert. Wenn das geschieht, wird sich bald darauf auch das Kind ändern.
Jeder erkennt die zunehmende Kompliziertheit der kulturellen und sozialen Organisation, in der wir heute leben, und die vielen Zwänge, die dazu angetan sind, die Familie als die primäre soziale Struktur zur Befriedigung der emotionalen Bedürfnisse der Kinder zu schwächen oder gar zu zerstören. Unter der drohenden Wolke von Ungewissheiten, im Geprassel der Informationen aus den Massenmedien, in der steigenden Flut von Aufgaben und Pflichten kämpft die moderne Mutter, der das Wasser oft bis an den Hals geht, verzweifelt gegen die Verzweiflung an. Alles um sie herum ist im Widerstreit. Ihre Aufnahmefähigkeit ist abgestumpft, und das muss sie auch sein, wenn das Fernsehen ihr innerhalb von Sekunden die grauenvollsten Bilder vom Krieg zeigt und die Wonnen eines neuen Lebens mit Lenor vorgaukelt. Ihr Eltern-Ich streitet sich mit dem Eltern-Ich ihres Mannes über das, was beide eine gute Kinderstube nennen, wobei sie allerdings zwei sehr verschiedene Dinge damit meinen. Ihr Eltern-Ich drangsaliert ihr Kindheits-Ich in einem inneren Dialog, sodass sie sich in ihrer Mutterrolle als Versager vorkommt. Ihre Kinder schreien sich an und zanken sich ewig mit ihr herum. Sie liest Bücher, um sich über ihre Probleme zu informieren, doch die Informationen sind widersprüchlich. Der eine Experte sagt: «Man darf schlagen», der andere sagt: «Schlagen darf man unter keinen Umständen», und der dritte empfiehlt: «Unter gewissen Umständen darf man wohl schlagen.» Inzwischen hat sie einen Punkt erreicht, wo sie «die kleinen Teufel windelweich schlagen will, damit sie zur Besinnung kommen». In ihrem Haushalt wimmelt es von Apparaten und Maschinen, die ihr möglichst alle Arbeit abnehmen sollen. Und trotzdem fehlt ihr das entscheidende Stück in ihrer sonst so perfekten Ausrüstung, etwas, mit dem sie Ordnung in das Chaos bringen kann, mit dem sie das Wesentliche finden kann, was nämlich wirklich wichtig ist für sie und ihre Familie. Sie sucht nach einer praktikablen Lösung für ihr Problem, warum sie zwar mit dem Haushalt verhältnismäßig leicht fertig wird, mit ihren Kindern aber überhaupt nicht. Alles läuft auf die Frage hinaus: «Wie soll ich meine Kinder richtig erziehen?»
Auf diese Frage könnte die Großmutter weise antworten: «Damals, in der guten alten Zeit, als es noch nicht alle diese Bücher über moderne Psychologie gab, da hatten wir nicht so viel Ärger.» Die Großmutter hat nicht unrecht, denn in der guten alten Zeit gab es tatsächlich recht viel Gutes. Arnold Gesell und Frances L. Ilg stellten
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