Ich bin schizophren und es geht mir allen gut
wird. Daher tanzt man, tanzt man sich kaputt und lächerlich krumm. Was soll eigentlich echt mal dieses scheiß Getanze, wozu ist das gut, dieses zeitverzögernde Proletenvorspiel?
Warum nicht die Fickwilligen in die eine Ecke und die nicht Beschlafungswilligen in die andere und dann kann man sich das mit dem albernen Bewegen doch auch sparen. Das ist ja widerliche Synapsenverzerrung und zu nix gut. Ok, die Alkoholindustrie profitiert davon ... Der Rest ist pure Lächerlichkeit, so pur, dass einem wie mir kalt wird. Ich tanze auch, aber mein Beweggrund für das Tanzen lautet: lauter Punkrock. Aber hier, hier im Vorhof der Hölle ist alles anders.
Lichter zucken und konservierte Musik mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum durchflutet einen Saal, den es von der gut gemeinten Jugend zu betanzen gilt. Die Jugend gibt alles, gibt sich im Allgemeinen mehr als fortpflanzungswillig und betrunkenheitsgeil. Einige nennen das Kultur, die meisten würden aber so ein Dreckswort niemals in den Mund nehmen. Hier lernt Mensch doch keine Menschen kennen, oder doch? Hier ist doch ein Ort, zusammengeflickt aus Stumpfsinn und Brachialsünde, hier geht doch nichts mit Liebe, oder doch? Blendend indiependent ist doch hier niemand. Verständnisvoll auch nicht. Everybody on the dancefloor und Körperbegutachtungen gemacht. Das Starren, das Zögern, das Worteerfinden für seltsame Körperteile. Die Musik ist der Soundtrack zum Untergang des Untergangs. Völlig fröhliche Beats trennen den Verstand vom Gefühl. Guter DJ, der so was vollbringen kann. Kopf aus und ein wenig Tanzliebe durch die Boxen, durch den Saal, durch die Menschen. Durch.
Bewegung. Alles geht an solchen Abenden. Alkohol versenkt sich in unglückliche Köpfe und macht sie zu glücklichen Körpern. Selbstbestimmung verschwindet im Takt der Beats. Er ist hier mit diesem Getränk, daneben sein Freund, ebenfalls trinkend. In ihren Jeanshosen: Sehnsucht und Bargeld. Hemdträger sind sie beide, warum, wissen sie nicht. Ist ja auch egal, was einen schmückt und beglückt. Sie starren in die bewegte Menge. Der Freund fixiert heute Abend lieber alkoholisierte Getränke als Menschen in seiner Umgebung. Beim Nebensteher ist es ein wenig umgekehrter. Da hat er ein Wesen ausgemacht, das in ihm ein Lachen entfacht hat. Anmache kann er nicht, also flirtet er im Blickfickstyle. Das heißt, er schaut nur und versucht verruchte Lüsternheit in seine Blicke zu implizieren. Leider ohne Erfolg, denn sie ist gegen seine Fernanmache immun. Der Freund verabschiedet sich auf die Toilette. Ob er jemals wiederkommt, ist fraglich.
Die von fern mit Blicken Angemachte zelebriert ihren Leib in Tanzbewegungen. Sie gebärt endlos Sonnenstrahlen. Sie fühlt sich erotisch. Von ihr geht sexueller Magnetismus aus, könnte sie schwören. Ihr Kleid umspielt ihre Beine und ihr Abtanzstil ist von einer Erhabenheit, der ihren Körper wild in die Gegend zeichnet. Sie fühlt Blicke auf ihrem Körper, spürt diverse mentale Penisse anklopfen, deren Besitzer sich an der Betrachtung der Tanzenden ergötzen.
Tanztempel. Menschenkrempel. Da zucken Leiber, bewegt von Licht und Musik. Beide sind sie hier, er und sie, und wie spricht man denn wen an, von dem man nicht will, dass er danach weitergeht, weiterlebt mit anderen, weitermacht mit irgendeinem Scheiß, der einen selbst nichts angeht. Wie tut man so was? Er wagt es trotzdem: "Du schwitzt so wunderbar, das finde ich sexy." Ihre Antwort ist ein Kuss in die Mitte seines Gesichts, dem Sitz seiner Seele. Der Kuss trifft wie eine Kugel und wirkt wie ein Schnellfeuergewehr in den Händen eines Terroristen. Bedrohlich und auslöschend. Der Kuss beinhaltet ihrerseits keinerlei Botschaften, er aber denkt sofort an Fortpflanzung und die entsprechenden Organe folgen ihrer Bestimmung. Plötzlich.
Hormondisco. Gedankenpogo. Die ultimative Verliebtheit in einen Geist, der von einem wundervollen, natürlichen Körper ummantelt wird. Da standen die beiden und wussten nichts mit sich anzufangen in der Tanzgarage. So auf der Tanzfläche und alles nur noch Liebeslieder, die leise wie rosa Regen ins Gemüt tropfen und gegenseitige Interessantheit vermitteln. Sie nahmen sich an diesem Abend mit nach Hause, gegenseitig, und beschliefen sich, bis alles nur noch wehtat vor lauter, lauter Liebe. Sie sah ihn als Pokal auf der ewigen Bestenliste der vaginalen Räumungskommandos und er erkannte seine Blindheit und die Gewissheit darin, dass es Menschen gibt, durch die man sehen kann. Durch die
Weitere Kostenlose Bücher