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Ich bin schizophren und es geht mir allen gut

Titel: Ich bin schizophren und es geht mir allen gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Bernemann
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Freiheit. Sehr geringer Nachdenkprozess lässt eine philosophische Hochwertigkeit in die Realität frei, die vor Unglaublichkeit nur so strotzt. Vielleicht liegt das auch an ihrem erhabenen, elitären Bildungsgrad? Oder an ihrem Schlampendasein? Kleine Mädchen, die wie sie aussehen und dann auch noch Philosophie studieren, sterben entweder mit 24 oder werden irgendwann Allerweltsgöttinnen.
    Der Tag im Zoo, der fallende Affe, die abartig langsam sterbende Glut, die zu kalter Asche wird, all das sind Metaphern, die ein Leben wärmen. Gewärmt haben. Vom Kopf bis zum Enddarm fühlte er sein Leben stetig wachsen. Nie mehr zögern, dachte er noch in das Vergnügen des zärtlichen Tages hinein. Dennoch zögerte er bis zum Ende. Mauern der Coolness sind schon mal unüberwindbar. Ein offenes Liebesgeständnis gab es nie, er hielt es nicht für nötig als Inhaber einer Mauer der Coolness. Aber das Ausmaß der Liebe zu begreifen, das verstand er nie so recht ... das Ausmaß anzunehmen, zu akzeptieren, dass Liebe blühen kann wie ein Tulpenfeld, so farbenreich und so wunderbar riechend wie eine Almwiese im Frühling ... Eine Honignote ins verklebte Leben gießen, er hat es versucht ... Sie geht, sie schleicht, sie weiß, was sie verliert, und verliert es gerade sehr gerne ... Da fällt es runter, dieses ballaststoffreiche Männlein, fällt runter von ihr und macht einen Weg frei, den es nun zu beschreiten gilt.
    Die Mauer der Coolness stürzt derweil ein. Einzelne Steine fallen aus Selbstmitleid in sich zusammen. Steine werden von Gefühlen zermartert. Zerfließen in emotionaler Hitze. Einfach so, weil er fühlt ein Nichts zu sein, mit Nichts in den Händen, das pure, aller reinste Obernichts. Supernichts. Vorweisen kann er nur das Leid von einem, der es nicht besser weiß.
    Tage danach in Bettenburgen. Gefesselt an Gedanken an sie. Der Kerker der Erinnerung. Folter, Folter, Folter.
    Sein Abhängen in diesen Gefilden ist das Abhängen eines noch lebendigen Stück Fleisches. Nur unterbrochen von der Notdurft der Lohnarbeit (was ja schon viel ist) oder der Nahrungsaufnahme (was immer weniger wird) oder der Abgabe in die Kanalisation (was erschreckend dünn geworden ist ... Stuhlproblematik ... stressbedingt).
    "Kann ich Wände anschreien?", fragt er sich dann noch, obwohl er genau das den ganzen Tag tut. Schweigend schreiend. Leidend verweilend. Verzweifelnd begreifend. Tot existent, ein Sinnbild verbrennt. Stagnation. Stagnieren, seit Tagen tut er nichts anderes. Die Wände sind so stumm wie immer. Schweigende Zeugen des Untergangs. Der junge Mann sieht an sich runter. Da erkennt er einen Körper, den sein Willen mal steuern konnte. Er erkennt eine Gestalt, die eben noch in den Händen einer wunderbaren Frau geschwungen wurde. Sie hat auf seinem Körper gemalt, sie hat ihn durch bloße Berührungen zu einem lebenden Monument, zu radikaler Großkunst werden lassen. Sie hat ihn gespielt wie ein Instrument. Er sieht erneut an sich runter. Liegend. Sieht die verwesende Leichtigkeit und etwas, das aussieht wie Schmelzkäse. Sieht sich langsam verkümmern. Unter den Trümmern seines Seelenschmerzes. In der ureigenen Egotrauer. Dadurch. Alleine.
    Und er beobachtet die Veränderungen des Zimmers wie die seiner Person.
    Bart sprießt, der Holzfußboden verändert seine Struktur, wenn man ihn nur lange genug anschaut. Das Leben kann nur eine Lüge sein, kann nur ein Irrtum, ein geistiges Versehen sein. Schmerz, Schweiß, Scheißgeruch. Er sollte mal putzen. Zumindest den Mülleimer leeren, nein besser entsorgen, denn darin lebt es bereits. Darin ist mehr Leben als in ihm. Ja, darin ist Tanz und lustiger Wahnsinn, der Fäden zieht. Pilzbefall. Ist die Wahrheit ein gebildetes Gebäude oder der Zerfall von Wirklichkeit minus Frohsinn? Zeit vergeht, Zeit verkommt. Da endlich kommt ein bisschen Hoffnung durch das Fenster, vor dem lediglich Gespenster in Menschenuniformen ihre Bahnen ziehen. Die Hoffnung ist klein und unsichtbar und setzt sich auf die Bettkante. Sitzt da, er möchte sie umarmen und sie dann totficken, aber Pädophilie liegt ihm nun mal gar nicht. Eine Bekannte aus Berlin hat ihm mal gesagt, so erinnert er sich gerade bei der Betrachtung der Hoffnung, dass es in Berlin in einigen Gegenden ganz gewöhnlich ist pädophil zu sein und man manchmal schon schief angeguckt wird, wenn man ohne geifernden Blick an Spielplätzen vorbeiläuft, hinter einem die Eile und vor einem der Wahnsinn. Er ist froh, nicht in Berlin zu leben, aber

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