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Ich bin schizophren und es geht mir allen gut

Titel: Ich bin schizophren und es geht mir allen gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Bernemann
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uns und jeder fuhr in einem Taxi zur Ruhe oder vielmehr ich in ein Hotel und sie in ihr Nest, wie sie es nennt. Sie hatte noch eine etwas längere Fahrt vor sich. Ich begleitete sie in Gedanken. Sie war keine von denen, die man einfach so mal mit zu sich ins Hotelzimmer schleppt und ihnen nach dem Frühstück den Weg zum Bahnhof finanziert. Nein, sie war eine andere, eine, die wieder gehen musste, weil das gut und richtig war und weil ich wusste, dass sie wiederkommt. Ich sollte recht behalten.
    Am nächsten Morgen lief was Geiles auf Arte, als ich nach dem immens guten Hotelfrühstück in meinem Zimmer verweilte und mich mit Kopfschmerztabletten ruhigstellte. Da waren so Reggae-Menschen unterwegs, die irgendwo in Tansania ein voll ausgeflipptes Fest in einer Art Stadion veranstalteten, und die Beats und die Rhythmen und die Sounds, das alles klingelte eine Wohltat in mich hinein. Ich begann zu tanzen. Den Raum zu betanzen, wie ich selten einen Raum betanzt habe. Glück war dabei und der Kopf heilte sich von selbst durch Verströmen von positiver Energie. Die Putzfrau klopfte an, ich brüllte "Reinkommen und mittanzen" und sie verschwand wieder.
    Später fuhr ich mit einem Taxifahrer, dessen Sprache ich nicht verstand, Richtung Innenstadt. Er gab vor Deutsch zu können, Deutsch zu sein, und als er mir Leipzig erklärte (ich glaube, das wollte er, denn er zeigt immer nach draußen), kamen da nur Vokale aus seinem Gesicht, lediglich "ä" und "ö" waren mir bekannte Laute, der Rest war so versächselt, dass ich in meinem Reggae-Delirium keine Chance hatte, dem guten Mann verbal zu folgen.
    Als ich an dem Parkhaus ankam, in dem ich mein kleines Fahrzeug untergebracht hatte, musste ich zunächst mal schlucken, denn das Ding war zu, und dann musste ich nochmals mehrmals schlucken, denn zwei Anrufe bei der Betreibergesellschaft dieses Parkhauses und beim Besitzer des Kaufhauses, unter dem sich dieses Parkhaus aufhielt, sagten mir, dass das Teil auch erst am Dienstagmorgen wieder öffnen würde. Da stand ich nun in meiner Halbtrunkenheit, ohne Auto, mit nur wenig Geld und mit dem auferlegten Zwang, in dieser Gegend noch zwei Tage verbringen zu müssen. Gothics pendelten die Straße entlang und sahen weder glücklich noch attraktiv aus - und ich war Gefangener ihres Festes. Na dann, dachte ich mir und organisierte mir erstmal mit Hilfe der lieben und wunderschönen Frau von gestern Abend eine Art Schlafgelegenheit im benachbarten Halle. So schnell sieht man sich wieder.
    Dann hing ich also in Halle ab. Dort lebende Menschen wollten mir diese Stadt, die scheinbar nur aus Platte und Baufälligkeit zu bestehen schien, schön reden. Dort verbrachte ich noch zwei sehr entspannte Tage auf sonnigen Wiesen und in schönen, kleinen Bars, bevor dann tatsächlich am Dienstagmorgen dieses Parkhaus seine Pforten öffnete. Das erste, was ich benutzte, war meine Zahnbürste.
    Ich bin kein Antichrist. Nein, ich sagte bereits, dass mich Religion nicht fasziniert, aber dass ich Göttliches in Pflanzen, Kinderlachen und gelebter Liebe spüre, aber was ich an einem schillernden, aprilernen Freitag in Trier erlebte, lässt mich nachdenklich werden, ob ich da so richtig liege. This here really happened:
HeiligRockTrier
    An einem Freitag bin ich nach Trier gefahren. Sollte da vorlesen. In Trier. Der Laden hieß "Produktion am Dom" und war halt wirklich am Dom, also direkt gegenüber diesem riesigen alten katholischen Tempel. Dieses Bauwerk war ein Monster an Architektur und überschattete alles. Mauern, an denen Kampfjets zerschellen würden, und Türen aus einem Holz, das so alt war wie die letzten 125 Päpste zusammen. Die Fassade brüllte auf die Menschen vor ihr nieder: "Ihr seid alle meine Untertanen, und wer mir nicht gehorcht, dem werfe ich Dinge an den Kopf, die ihn nicht wieder aufstehen lassen." Böse große Kirche eben, die einen Schatten wirft, der nichts gedeihen lässt.
    Dabei war der Weg nach Trier eigentlich ganz schön. Vorbei an Weinbergen, über die Mosel, neben der Mosel, fast in die Mosel, dieser Fluss hatte die ganze Region unter Kontrolle, so schien es mir.
    Weinberge über Weinberge, daneben Weinberge in direkter Nachbarschaft von Weinbergen, die an Weinbergen grenzten. Postkartenidylle.
    Dann rein in diese historische, unhysterische Stadt, wo viele Menschen alte Teile von irgendwelchen Römern gefunden haben, die hier mal gewohnt haben. Imperatoren und so. Die Gebäude waren alle kaputt, schwarz, grau und außerordentlich

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