Ich bin unschuldig
beiden gut, doch es wird darin verdammt viel gesegelt, was für eine Landratte mit der Zeit doch langweilig werden kann. Und später, als ich mich aus dem Gewirr aus rosa Kaninchen, Daunendecke und warmem kleinem Körper gelöst hatte, im Bad: Deep-Relax-Badeöl, das Clara mir nach dem Tod meiner Mutter geschenkt hat. Sie sagte, es würde genauso gut wirken wie eine Schlaftablette oder ein großes Glas Wein. (Also, davon hatte ich auch eins oder zwei.) Am Ende rollte ich mich ins Bett, ein Handtuch um die noch feuchten Beine gewickelt.
Ich wache mit denselben Kopfschmerzen auf, derselben dröhnenden Bowlingkugel von einer Migräne, mit der ich eingeschlafen bin. Nach kurzer Zeit vergrabe ich die Wange im Kissen, konzentriere mich ganz darauf, die Kugel an einer Stelle zu halten, und beobachte Philip. Er ist zwei Jahre älter als ich, aber inzwischen sieht er jünger aus – in dem Punkt ist das Leben einfach ungerecht. Schönes, volles Haar trägt das Seine dazu bei, obwohl die silbernen Haare an den Schläfen inzwischen zu viele sind, um sie zu zählen. Aus dieser Nähe kann man die stecknadelgroßen Poren an der Nase erkennen, die winzigen Fäden in den Nasenlöchern, die der Pinzette entwischt sind. Wenn er sie auszupft, muss er niesen: ein gewaltiges Niesen, das er, wenn ich auch im Bad bin, mit einem unsichtbaren Dirigentenstab orchestriert. Er war schon immer gut darin, sich selbst zu verspotten – übertriebene Gesten, selbstironisch und liebenswert zugleich –, doch wenn ich jetzt darüber nachdenke, dann habe ich ihn so was schon eine Weile nicht mehr machen sehen. Für März ist er übermäßig braun, so was hat kein Mensch verdient, anscheinend von dem 24-Stunden-Golftrip nach Turnberry. Witzig, dass eine Sonnenbräunung solche Distanz schaffen kann.
Ich habe ihn kaum gesehen seit unserer »Date Night« am Mittwoch. Die Idee habe ich aus einer Zeitschrift in der Künstlergarderobe – »verabreden Sie sich mit Ihrem Partner«, »besprechen Sie Wichtiges«. Ich weiß, dass jeder mal hektische Zeiten hat, Tage und Wochen und manchmal Monate verstreichen, bevor einem plötzlich aufgeht, dass man schon eine Weile nicht mehr richtig miteinander geredet hat. Mein Geburtstag im Juni letzten Jahres, das ist ein glücklicher Tag, an den ich mich erinnern kann. Er hat mir das Armband geschenkt – ein gedrehter zarter grauer Faden mit Silberperlen –, das Armband, das ich jetzt verloren habe. Wie er den Kopf gesenkt hat und sein warmer Atem über die Innenseite meines Handgelenks gestrichen ist, als er es mir angelegt hat. Eine Pizza mit Millie, Lachen, eine Flasche, gütiger Himmel, sogar Sex. Doch wenn ich so darüber nachdenke, fällt mir danach kein Augenblick ein, an den ich mich erinnern kann. August … September … Er zog sich zurück, machte dicht. Seine Arbeit, der Markt, die Krankheit meiner Mutter, meine Abgelenktheit … wenn ich mir ordentlich Mühe gebe, finde ich genügend Ausflüchte.
Ich hatte die »Date Night« am Mittwoch im Familienkalender notiert, in roten Großbuchstaben und unterstrichen! Wir waren bei Chez Bruce. Philip sagte einmal, es sei praktisch, ein Bistro mit Michelin-Stern um die Ecke zu haben – oh, wie habe ich da gelacht. (In meiner Kindheit, habe ich ihm erzählt, galt ein Tiefkühl-Chow-Mein als besondere Köstlichkeit.) Doch an diesem Abend war das kornische Seelachsfilet an Erbsentortellini an uns vergeudet. Und die Herbsttrompeten-Beilage und den Lardo di Colonnata hätten sie behalten und jemand anderem eine zusätzliche Portion geben können. Philip war zu sehr mit seinem BlackBerry beschäftigt, um seins zu essen, und ich spielte nur befangen an meinem herum. Mir taten die Kellner leid, und ich wünschte mir, ich hätte ein Buch mitgebracht.
Ich hätte nicht von Brighton sprechen sollen. Er war nicht in der richtigen Stimmung. »Es ist doch bloß der Hochzeitstag«, sagte er. »Wir holen es nach, Gabs. Wir fahren ein andermal, wenn es ein bisschen ruhiger ist.« Es ist nie ruhiger. Das ist ja das Problem. Es geht nur um die Arbeit; selbst das Abschlagen an den Ufern des Firth of Clyde ist Arbeit. Wie ich jetzt so neben ihm im Bett liege, stürze ich mich in einen befriedigenden inneren Monolog: Ich werde verrückt beim Warten darauf, dass die Dinge ruhiger werden. Wenn sie mich irgendwann ins Altenheim führen, werde ich immer noch vor mich hin murmeln, es müsste erst ein bisschen ruhiger werden.
Ich habe wohl einen tief empfundenen Seufzer ausgestoßen,
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