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Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
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die Lippen, dass ich keine Ahnung habe. DI Perivale stellt Fragen, die ich kaum höre, denn als der Schwindel nachlässt, bleibt in meinem Kopf ein Brausen zurück, ein einziges Durcheinander.
    »War sie zu einem Vorstellungsgespräch hier?« Es ist das erste Mal, dass PC Morrow das Wort ergreift. Sie macht große Augen und nickt, als hätte ich die Frage schon bejaht.
    »Ich wünschte, es wäre so«, sage ich schließlich, »aber sie war nicht hier.« Ich sehe mich in der Küche um. »Wenn ich den Kalender von letztem Jahr finde, kann ich Ihnen zeigen, wer hier war. Oh, ich weiß, ich habe eine Mappe mit den Lebensläufen. Ich könnte sie suchen …«
    »Erzählen Sie uns einfach, woran Sie sich erinnern«, sagt PC Morrow.
    »Ich erinnere mich an alles. Es war ein schwieriger Sommer. Meine Mutter war krank, und unser altes Kindermädchen Robin wollte heiraten – was natürlich toll war, aber auch hieß, dass sie uns verlassen würde, und das war traurig. Für uns, meine ich.«
    »Wenn Sie bitte darauf zurückkommen könnten.« DI Perivale tippt mit dem Finger auf die Anzeige aus der Lady .
    »Tut mir leid. Ich habe an zwei Tagen Vorstellungsgespräche geführt, mit ungefähr sechs jungen Frauen. Nein, das stimmt nicht, mit fünf Frauen und einem Mann. Zwei waren Engländerinnen, eine wollte im September auf die Uni, das war also hoffnungslos, die andere hatte keinen Führerschein. Eine ältere Armenierin wollte jeden Morgen von Croydon kommen. Der Mann war Südafrikaner: toll, wenn wir Jungen gehabt hätten. Eine nette Portugiesin, sie wäre infrage gekommen, aber sie sprach so gut wie kein Wort Englisch … Ein paar Termine hatte ich noch gemacht, aber der Zustand meiner Mutter verschlechterte sich sehr schnell, und am dritten Tag haben wir Marta gefunden.«
    Ich rede zu viel, ich versuche, ihnen so viele Informationen zu geben wie möglich. Dann ein Gedanke, eine mögliche Erklärung. »Ich meine, also, wenn das ihr Beruf ist, hat diese … diese Ania vielleicht vorgehabt, sich zu bewerben, und hat es nicht getan.«
    »Ja, das könnte sein«, sagt PC Morrow und blickt zu Perivale. »Klingt durchaus logisch.«
    »Also«, fahre ich erleichtert fort, »manchmal hängt man doch Sachen an den Kühlschrank und vergisst sie dann einfach, oder?«
    »Ja.« PC Morrow zieht die Nase kraus. »An unserem Kühlschrank hängt eine Protein-Diät. Habe ich je einen Blick darauf geworfen?«
    »Sie brauchen doch keine Diät«, sage ich, »und diese proteinreiche Dukan-Diät, davon bekommt man nur Mundgeruch.« Sie deutet ein Achselzucken an, als würde sie lachen, wenn sie könnte. Ich denke wieder, wie jung sie ist. Mit »unserem Kühlschrank« ist wahrscheinlich der in der Küche ihrer Mutter gemeint.
    DI Perivale nimmt die Plastikhülle, legt das Foto obendrauf und arrangiert beides vor sich auf dem Tisch. Mein Blick fällt auf die Schuppen auf seinem Scheitel. Ob er verheiratet ist? Kinder hat?
    »Okay. Eine Frage noch.« Er hat mich nicht angesehen, doch jetzt hebt er den Blick, und seine Augen bohren sich in meine. »Ich habe Sie das schon gefragt, aber ich frage Sie noch einmal. Haben Sie den Körper der Frau angefasst?«
    »Den Körper der Frau.« Ich sehe ihn an. Ich versuche mich zu erinnern. Mein Kopf surrt immer noch. Wenn ich jetzt allein den Gedanken an sie unerträglich finde, wie kann ich sie dann angefasst haben? Haut: Daran würde ich mich erinnern.
    »Nein.«
    »Sind Sie sich da ganz sicher?«
    »Ich weiß, dass ich ihre Haare berührt habe.«
    »Haben Sie etwas weggenommen?«
    »Nein.« Wieder bin ich unsicher. Ich verstehe nicht, worauf seine Fragen abzielen. Es kommt mir vor, als hätte ich etwas Wichtiges übersehen.
    »Sie haben keine Kette mit Christophorus-Anhänger von ihrem Hals genommen?«
    »Nein. Warum, um alles in der Welt, sollte ich?«
    Er reibt sich mit Daumen und Fingern über das Gesicht, die Augen. »Schauen Sie … Edmond Locard. Das Locard’sche Prinzip: Jede Berührung hinterlässt eine Spur. Haben Sie davon schon einmal gehört? Also, es ist eines der ersten Dinge, die man auf der Polizeischule in Hendon lernt. Haare, Farbpartikel, Fasern, Make-up – Partikel bewegen sich, rutschen, fliegen. Jeder Staubpartikel hat seine eigene Identität. Baumwolle hat gedrehte Fasern, die an Kordel erinnern; Leinen sieht aus wie Schläuche mit spitzen Enden. Wenn man solche Partikel findet, braucht man nur noch ihren Ursprung zu lokalisieren.«
    »Okay.«
    »Und obwohl der Mörder ihren Hals mit

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