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Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
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mehr.« Bevor ich auflege, sage ich: »Bist du immer noch meine Freundin?«, was sehr mutig ist angesichts dessen, dass unsere Freundschaft, wenn überhaupt, noch sehr jung ist.
    Ich will das Telefon gerade in die Tasche stecken, da erwischt Stan mich. »Ja«, sagt er. »Gut gemacht. Richtige Entscheidung, Kumpel«, denke ich. Sein Atem ist eine widerwärtige Mischung aus Knoblauch und Pfefferminz.
    »Danke, Kumpel«, sage ich.
    »Aber du bist verrückt, dass du nicht ein paar Tage freinimmst, um dich zu erholen. Du musst nicht das Gefühl haben, du könntest nicht oder du würdest uns enttäuschen. Vielleicht geht es dir gegen den Strich. Ich weiß, dass du unermüdlich weitergemacht hast, als deine Mutter … wie auch immer … und auch nur zwei Wochen Pause gemacht hast, als du vor Jahren deine Tochter bekommen hast.«
    »Damals, vor urdenklichen Zeiten«, sage ich.
    »Aber wir würden es verstehen. Ich habe noch zu Terri gesagt, India ist scharf darauf, ein bisschen Erfahrung auf dem Sofa zu sammeln. Wäre interessant zu sehen, wie die Chemie zwischen uns wäre. Ich weiß, du bist ein alter Profi, aber du würdest ihr einen Gefallen tun.«
    »Das ist schrecklich nett von dir, Stan«, sage ich und spare mir das »alter Profi« für später auf. »Ich weiß es wirklich zu schätzen.«

    Auf dem Heimweg rufe ich vom Auto aus Robin an. Sie will wissen, was passiert ist – Ians Mutter hat am Morgen die Mail mit hochgebracht, »und wir waren alle einigermaßen baff«. Aber ein Tag ist lang im Leben einer frischgebackenen Mutter, und die verwirrende Komplexität einer vier Monate alten inneren Uhr hat meine Erlebnisse schon von der Tagesordnung verdrängt. Robin ist gerade dabei, das Baby »unter Dach und Fach«, also ins Bett, zu bringen, bevor Ians Sippe zum Abendessen kommt.
    »Manchmal«, erkläre ich ihr, »kann ich es gar nicht glauben, dass du acht Jahre hier gelebt hast. Du klingst, als wärst du gerade in Heathrow gelandet und hättest deinen Rucksack aus der U-Bahn gezerrt.«
    »Ich hatte Glück, nicht wahr, dass du mich oben auf der Rolltreppe abgefangen hast?«
    »Robin, wir waren diejenigen, die Glück hatten.«
    Ich kann Charlies Gequengel hören, Hicksen und Greinen, wie Babys es von sich geben, wenn sie gern schlafen würden, aber nicht wissen, wie.
    »Komm schon, mach, Kleiner«, sagt Robin. Das Weinen wird beharrlicher. »Ach, komm schon. Du musst schlafen. Ich muss doch kochen.«
    »Erinnerst du dich an den exzellenten Rat, den du mir immer gegeben hast: Man soll Babys ganz fest schaukeln. Es ist gegen den Instinkt, aber es funktioniert. Erst wird das Weinen rhythmisch, und irgendwann kommt der Moment, da schließen sie langsam die Augen.«
    »Du solltest noch mehr Kinder kriegen«, sagt sie.
    Ich singe meine Antwort beinahe. »Zu spät.«
    Wir reden noch ein wenig – über das Baby und seinen unregelmäßigen Schlaf, dass Ians Mutter denkt, ein Fläschchen würde helfen. Ich sage ihr immer wieder, wie toll sie das macht und was für eine wunderbare Mutter sie ist, denn ich spüre, dass Robin die Aufmunterung und die Ablenkung braucht, doch nach ein paar Minuten wird ihre Stimme leiser. »Dann geht es dir gut?«, flüstert sie.
    »Ja.«
    Robin gähnt. »Ich glaub, ich mach auch ein Nickerchen.«
    »Braves Mädchen.«

    Als Steve bei mir zu Hause vorfährt, sitzt vor unserem Haus ein Mann in einem Auto. Ich überlege, die Polizei anzurufen, doch es stellt sich heraus, dass sie schon da ist.
    Diesmal hat DI Perivale PC Morrow mitgebracht. Als ich in der Küchentür innehalte, setzt sie ein breites Ich-schon-wieder-Grinsen à la Wallace und Gromit auf. Marta hat sie reingelassen, obwohl sie inzwischen das Haus verlassen hat, um Millie abzuholen. Sie hat es »ihnen überlassen«, in DI Perivales Worten. Meine Putzfrau sei da, fügt PC Morrow hinzu, als hätte ich Angst um meine Sicherheit. Ich höre, dass Nora den Staubsauger in Martas Zimmer hin und her schiebt, das Gurgeln in den Rohren, als sie dem Gästebad zu Leibe rückt.
    Einen Augenblick lehne ich mich an den Türrahmen, ich weiß nicht, ob ich die Kraft habe, mich zu rühren. Meine Beine sind wacklig. Ich frage, ob es wirklich nötig ist. »Habe ich Ihre Fragen nicht alle schon beantwortet?«
    PC Morrow, die auf der Bank sitzt, zieht ihre sommersprossige Nase kraus. Ihre Stirn ist faltenfrei. Sie trägt winzige goldene Herzen in den Ohren. »Ich weiß, wie lästig es ist«, sagt sie, »aber …« DI Perivale, am Kopfende des Tisches, mustert

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