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Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
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Bleiche eingesprüht zu haben scheint …«
    »War das der komische Geruch?«
    Er nickt und fährt fort: »… haben wir gewisse Fasern gefunden, DNA an ihrem Schlüsselbein, die … Es wäre sehr hilfreich, wenn Sie noch einmal gründlich überlegen würden. Also, ich weiß, dass Sie traumatisiert waren, dass Sie Opferunterstützung brauchten«, er schiebt wie ein Kobold das Kinn vor, »aber wenn Sie bitte Ihre Erinnerungen noch einmal bemühen würden, würde uns das sehr bei unseren Ermittlungen helfen.«
    Ich schaue auf. Nora ist mit Eimer und Wischlappen auf Zehenspitzen in die Küche gekommen. Ich habe sie nicht gehört. Sie trägt Hausschuhe bei der Arbeit, ihre Füße flüstern beim Gehen. Ich stehe vom Tisch auf, krame im Flur nach meiner Geldbörse, um ihr ihren Lohn zu geben. Kurz überlege ich, sie erst nächste Woche zu bezahlen, aber das tue ich nur ungern. Sie hat Familie auf den Philippinen und schickt den größten Teil ihres Lohns nach Hause.
    Ich winke ihr an der Haustür zum Abschied, und als ich zurück in die Küche gehe, fragt DI Perivale, ob Nora in der Nähe wohnt (vielleicht will er ihre Papiere überprüfen). Ich kann es ihm beim besten Willen nicht sagen. Sie putzt seit Jahren für mich – leert die Abfalleimer, schrubbt die Toiletten –, und ich weiß nicht, wo sie wohnt. Ich setze mich. Bilde ich mir das nur ein, oder tauschen PC Morrow und DI Perivale einen Blick?
    »Um wirklich ganz sicherzugehen«, sagt PC Morrow, »abgesehen von den Haaren haben Sie Ania Dudek also nicht angefasst?«
    Wenn einem ein Begriff oder ein Name nicht einfällt, ist das Dümmste, was man tun kann, sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Wenn man dagegen an etwas anderes denkt, ist es plötzlich da. Vielleicht war es die Ablenkung durch Nora, die mich drauf gebracht hat. Vielleicht wäre es mir irgendwann aber auch so wieder eingefallen.
    »Klar habe ich sie angefasst«, sage ich. Mein Kopf hat sich gelichtet. »Ich habe den Träger ihres BH s wieder festgemacht. Es war so ein BH , den man vorn einhaken kann, und ein Träger hing raus, er hatte sich gelöst. Also habe ich sie angefasst, denn ich habe ihn eingehakt. Ich weiß nicht, warum ich das nicht längst erzählt habe. Ich glaube, weil Sie immer nach dem ›Körper‹ gefragt haben, und den habe ich definitiv ganz bewusst nicht angefasst.« Ich schüttele den Kopf. Plötzlich erinnere ich mich, wie steif der Haken oben an ihrem BH war, wie kalt der Stoff. »Ich sehe vor mir, wie ich es tue. Ich weiß nicht, warum ich es gemacht habe, aber ich habe es getan. Unter Stress«, füge ich hinzu, »tun die Leute die seltsamsten Dinge.«
    »Aha.« DI Perivale klingt, als hätte er gerade einen kniffligen Begriff im Times -Kreuzworträtsel gefunden. Er fragt, ob ich auch vergessen habe, dass ich den Christophorus genommen habe. Ich werfe ihm einen Jetzt-aber!-Blick zu, eine Hand nach oben gedreht. »Okay.« Er nickt. Sieht ganz so aus, als hätten wir ein Rätsel gelöst.
    Ich frage, ob sie die Todesursache schon kennen, und er sagt: »Herzstillstand, ausgelöst durch den Druck auf das Nervengeflecht an der Halsschlagader. Die oberflächlich eingeschnittenen bogenförmigen Abschürfungen, das sind selbst zugefügte Prellungen, als sie kämpfte, um sich von dem Seil um den Hals zu befreien.«
    Ich werde kreidebleich. »Und wer? Haben Sie da auch schon irgendwelche Spuren?«
    Perivale starrt mich an.
    »Hatte sie einen Freund?«, frage ich. »Gerät der normalerweise nicht als Erster ins Visier?«
    »Ein Freund.« Er nickt. »Aber zu dem Zeitpunkt außer Landes, was … ärgerlich ist.«
    Ich lache halb.
    »Und kein eindeutiges Tatwerkzeug«, fügt PC Morrow hinzu.
    Ich möchte jetzt unbedingt, dass sie gehen. Mehr will ich nicht hören, aber Perivale fängt an, über Fasern zu reden – Polyesterfäden, wie es scheint, die aussehen wie glatte, faltenlose Stäbe –, und dann fragt er, nur um es auszuschließen, ob er die Sachen mitnehmen kann, die ich an dem Morgen getragen habe. So schnell ich kann, hole ich die Jogginghose und das T-Shirt und die graue Laufjacke aus dem Schrank. Und dann, als ich schon denke, wir sind fertig, fragt er mich, wo ich am Abend vor dem Mord zwischen vier Uhr am Nachmittag und Mitternacht war. Ich verstehe nicht, warum er das fragt.
    »Also, ich war nicht auf dem Common«, sage ich, »falls sie dort umgebracht wurde. Zu der Zeit nicht.«
    »Sie wurde nicht auf dem Common getötet«, sagt PC Morrow im Plauderton. »Umgebracht

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