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Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
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Untersuchung durchführten, würden wir bei jedem zweiten Haus auf dem Weg Spuren dieser italienischen Erde finden. Die kann jeder an den Schuhen reingeschleppt haben: der Milchmann, der Briefträger, jemand, der Pizza-Handzettel verteilt.«
    Er war fleißig. Er ist gut informiert. »Was ist mit den anderen Verbindungen?«, frage ich fasziniert. »Den Zeitungsausschnitten … der Ähnlichkeit zwischen uns … Die Polizei meint, sie könnte meine Stalkerin gewesen sein.«
    »Also, ich glaube Folgendes: Sie hat ihrer Nachbarin erzählt, sie würde sich bei Ihnen als Kindermädchen bewerben. Sie war aufgeregt, nervös. Sie hatte Sie im Fernsehen gesehen.« Er bemerkt meine Miene. »Sie erinnern sich nicht daran?«
    »Nein. Großes Ehrenwort. Sie war nicht zu einem Vorstellungsgespräch hier. Ich würde mich daran erinnern, auch wenn es eine schwierige Zeit war. Ich kann mich an alle erinnern, mit denen ich gesprochen habe, und sie war nicht darunter.«
    Er sieht mich erwartungsvoll an. »Schwierige Zeit?«
    Das ist mir herausgerutscht. »Meine Mutter war krank. Sie starb in der Woche.« Ich sage es so ausdruckslos wie möglich, doch natürlich ist alles, was mit dem Tod zu tun hat, befrachtet.
    »Das tut mir sehr leid«, sagt er. »Krebs?«
    »So was in der Art.«
    Er legt seine Hand auf meine. »Darauf bereitet einen nichts vor, nicht wahr?«
    »Stimmt.« Ich lächle – eine Frau, die mit dem Tod ihrer Mutter fertiggeworden ist –, doch er täuscht sich. Ich könnte ihm erzählen, dass ich durchaus vorbereitet war, dass ich seit Jahren gewusst hatte, dass es so kommen würde, doch das tue ich nicht. Auf seinen Fingerknöcheln wachsen dunkle Haare. Irgendwo habe ich, glaube ich, mal gelesen, dass es genetisch bedingt ist, ob man Haare auf den Knöcheln hat oder nicht.
    Er nimmt seine Hand weg und lehnt sich auf seinem Stuhl zurück – die Haltung von jemandem, der sich wohlfühlt in seinem Körper, der genug zu Essen hatte und es genießt, die Muskeln auszustrecken, dem es überhaupt nichts ausmacht, die warme Haut eines anderen zu berühren. Wo sein Hemd ihm aus der Hose rutscht, zwischen zwei Knöpfen, ist ein spitzes Dreieck nackter Haut.
    Er beugt sich wieder vor. »Also waren Sie abgelenkt. Vielleicht haben Sie mit ihr gesprochen, oder sie hat an der Tür geklingelt, und es war niemand da. So oder so, ich kann nachvollziehen, warum sie fasziniert war von Ihnen und gelegentlich einen Artikel über Sie ausgeschnitten hat, um ihn ihrer Mutter zu Hause zu schicken.« Er schüttelt den Kopf. »Doch die Sache mit den Kleidern und der Pizzaquittung, die ist vertrackt.«
    Ich weiß nicht, ob es das Bier ist, doch bei seinem Kopfschütteln überkommt mich eine zittrige Erleichterung, die so intensiv ist, dass ich innerlich jubele. Er kennt so viele Fakten, weiß alle Einzelheiten und glaubt trotzdem an meine Unschuld: Ich könnte singen. Meine Freunde, die Menschen, die ich liebe, mögen mir glauben, doch sie kennen nur meine Version, während Jack Haywards Informationen ungefiltert sind. Mir kommt eine Idee.
    »Hören Sie«, sage ich. »Wie wäre es damit: Ich gebe Ihnen Ihr Interview, und wir verständigen uns darauf, dass Sie mich fragen können, was Sie wollen. Aber vorher helfen Sie mir noch ein paar Tage zu graben. Es sieht so aus, als hätten Sie Kontakte. Ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen sollte. Und ich sage nicht ›ermitteln‹, nur ein wenig herumstochern, ein paar Fragen stellen, da nachsehen, wo die Polizei nicht sucht. Vielleicht finden wir dabei etwas, was meinen Namen reinwäscht, vielleicht auch nicht. Vielleicht geben wir Perivale nur einen Schubs. Aber wenigstens tun wir das Richtige für Ania. Das … das bin ich ihr schuldig.«
    Zuerst sagt Jack nichts darauf. Er wirkt bekümmert, vielleicht sogar ein wenig in Panik. Diente das Geplauder und das Durchkauen von Meinungen nur dazu, mich rumzukriegen?
    »Aber Sie gehen am Montag wieder arbeiten«, sagt er. »Wie viel Zeit haben Sie da?«
    »Ich gehe nicht zur Arbeit, das ist eines der Probleme.«
    Er neigt fragend den Kopf zur Seite.
    »Ich bin … freigestellt.«
    Eine lange Pause. Er mustert mein Gesicht. Ich habe die Hoffnung schon fast aufgegeben, da sagt er: »Einverstanden.«
    Ich atme aus. »Ehrlich?«
    »Ja. Ist nicht so, als wäre ich noch an einer anderen Geschichte dran. Und es könnte funktionieren. Zwei Welten prallen aufeinander, aber detaillierter; ein bisschen investigativer Journalismus. Vielleicht verhöker ich es ja sogar

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