Ich bin unschuldig
haben.
»Ich habe darauf bestanden, dass er dortbleibt«, sage ich leichthin. »Philips Job … steht auf Messers Schneide.« Warum eigentlich »auf Messers Schneide«? Es klingt so dramatisch, was es eigentlich nicht ist.
»Heißt er immer ›Philip‹?«
»Er hasst es, Phil genannt zu werden. Am Anfang habe ich es versucht, aber es wurde mir strengstens untersagt.«
»Aha!«
»Und die erste Mrs Hayward?«, frage ich. Wenn er nach meinem Mann fragt, kann ich auch von seiner Frau sprechen. »Wo passt sie ins Bild?«
»Mrs Hayward«, sagt er. »Mrs Hayward. Sie war jünger als ich. Es gab kulturelle Unterschiede. Sie hat so getan, als wäre sie etwas, was sie nicht war …« Nach ein oder zwei Sekunden merke ich, dass er nicht mitten im Satz hängt, sondern am Ende angekommen ist. »Frauen«, sagt er. Ich schaue ihn an, um zu sehen, ob er Witze macht, doch er ist ernst.
Wir sind am Bootshaus angekommen. Ich hatte gedacht, hier wäre vielleicht was los und Leute, die zuschauten, doch es ist nur ein flaches Gebäude mit geschlossenen Läden, abgesperrt und verlassen. Die Sonne ist verschwunden, und der Weg vor uns liegt einsam und verwaist. Es ist niemand in Sicht.
»Alle sind im Pub«, sage ich. Irgendwie haben mich jetzt Zweifel über ihn beschlichen. »Vielleicht sollten wir umkehren.«
Ich sehe Jack an. An seinem Kiefer zuckt ein Muskel. Seine Augen unter den dichten Augenbrauen sind dunkler geworden, als wäre ihr Licht ebenfalls hinter einer Wolke verschwunden.
»Ich bin mir nicht sicher«, sage ich noch einmal, »ob wir nicht umkehren sollten.«
Eine Brise erhebt sich, kräuselt das Wasser der Themse wie die Haut auf gekochter Milch.
Er sagt immer noch nichts. Mir zieht ein Frösteln den Nacken hinunter. Was hat Perivale gesagt? Nichts voraussetzen. Niemandem glauben. Alles überprüfen. Ich bin nie dazu gekommen, mich davon zu überzeugen, dass Jack auch der ist, der er zu sein behauptet. Er könnte jeder sein. Er war einfach da, hat vor meinem Haus herumgelungert, ist mir gefolgt und weiß Dinge über mich, die sonst niemand weiß. Der ganze Bluff, das Geplauder, der Homity-Pie – das könnte alles Theater sein. Jetzt bückt er sich. Ich weiß nicht, was er macht. Ich denke an die starken Muskeln an seinem Oberarm. Mein Instinkt rät mir, schnell davonzugehen, ja, zu laufen, zurück dahin, wo Boote sind, Menschen und Enten.
Jetzt hat er mir den Rücken zugekehrt. Er sucht den Boden ab, scharrt mit dem Fuß herum, und er scheint zu finden, wonach er sucht, denn er bückt sich, um es aufzuheben. Er hat einen Stein in der Hand.
Ich stehe ganz still. Er kommt auf mich zu, und dann biegt er ab in Richtung Slipanlage, beugt sich zur Seite und lässt den Stein übers Wasser hüpfen. Er hüpft ganze zwei Mal, bevor er versinkt. »Ich kann’s nicht mehr«, sagt er und kommt zurück. Er lächelt wieder, seine Augen unter den dichten Augenbrauen erinnern mit ihren Fältchen wieder an Palin. Er hat etwas eindeutig Jungenhaftes.
Es war falsch, an ihm zu zweifeln. Ich bin wirklich völlig neben der Spur.
»Ich dachte, Sie wollten mich damit schlagen«, sage ich. »Ich dachte, ich kenne Sie gar nicht.«
»Was? Warum, um alles in der Welt …?«
»Sie haben so sauer ausgesehen.«
»Tut mir leid. Der Gedanke an meine Ex.«
»Ich hätte nicht fragen sollen.«
»Wir kehren jetzt um, ja? Gehen zurück zu unserer Bank und versuchen es noch einmal bei Christa?«
»Klingt nach einem guten Plan.«
Ich schaue, um zu sehen, was sein Gesicht macht, und er wählt diesen Augenblick, um zu mir aufzusehen, und für den Bruchteil einer Sekunde begegnen sich unsere Blicke. Ich weiß nicht, ob wir noch gehen oder stehen geblieben sind. Ich halte die Luft an. Ich weiß nicht, ob ich Angst vor ihm habe oder Angst vor mir selbst. Dann passieren zwei Dinge: Ein Moorhuhn schießt wie ein Pfeil aus dem Gebüsch, und Jacks Handy klingelt. Sein Klingelton ist das langsame, beharrliche Läuten eines altmodischen Bürotelefons aus dem New York der Fünfzigerjahre.
Er tastet seinen Körper ab, fummelt herum, um es zu finden. Es ist nicht in seiner Brusttasche. Es steckt hinten in seiner Jeans. Er lässt es beinahe fallen, nimmt es raus, stolpert um ein Haar und antwortet atemlos: »Jack Hayward.« Dann: »Ja. Danke. Das habe ich.« Er sieht mich mit großen Augen an und sagt stumm: »Christa.«
»Ja. Es tut mir leid, dass ich keine Nachricht hinterlassen habe. Es ist kompliziert.«
Ich lächle. Er spricht laut wie
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