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Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
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ein Ausländer – manchmal tun Leute das, wenn sie mit einem Fremden sprechen.
    »Ich bin ein Freund von Anias Arbeitgebern in Putney. Ich stelle ein Erinnerungsbuch zusammen, damit die Kinder sie nicht vergessen. Sie haben sie sehr geliebt.«
    Ich schaue ihn fragend an und signalisiere »Was reden Sie da?«. Er zieht die Nase kraus, breitet die Hände aus, ein »Helfen Sie mir!« voller Panik. Dann hört er einen Augenblick zu.
    »Ja. Ich weiß. Also, bitte, wenn es okay ist, kann ich dann zu Ihnen kommen, um über Ania zu reden? Würde Ihnen das zeitlich passen? Ja?«
    Als er das Handy zurück in die Tasche geschoben hat, sage ich: »Dann gehen wir jetzt zum Auto, ja?«
    »Gute Idee.«
    »Und Christa? Hat sie morgen Zeit? Würde es ihr zeitlich passen?«
    »Ach, lassen Sie mich doch in Ruhe«, sagt er grinsend.

    Während ich in meiner Tasche nach den Haustürschlüsseln krame – nie in der Innentasche, nie da, wo sie sein sollten –, bin ich gefasst auf das Quietschen des Tors, auf Schritte auf dem Weg. Ich bin nervös. Auf dem Heimweg von Putney schien die Welt voller roter Autos zu sein. Ich stelle die Tasche auf den Boden und hocke mich hin, um gründlich zu suchen. Endlich. Da sind sie. Ich brauche unbedingt einen größeren Schlüsselanhänger. Ich stehe auf, schließe auf, hebe meine Tasche hoch und bin drin, lehne mich gegen die Haustür und fühle mich, als wäre ich einer Kugel entkommen.
    Auf der Fußmatte liegt ein Päckchen von der Größe eines Taschenbuchs. Ein brauner wattierter Umschlag, wie Marta sie in ihrem Schrank hat. Ich setze mich auf die Treppe und öffne ihn. Darin ist eine DVD : I’ve Been Watching You 2: Prom Night . Freigegeben ab 15. Keine Nachricht.
    Eine Sekunde später läutet es an der Haustür. Es fährt mir durch und durch. Meine Ohren tun weh. Das Blut schießt mir ins Gesicht. Meine Knochen vibrieren.
    Ich öffne die Tür einen Spalt.
    Er steht da, meine Schlüssel baumeln an seinem Finger wie ein Hundehaufen in einer Tüte. »Die haben Sie stecken lassen«, sagt er.
    Ich zögere, bevor ich sie nehme. »Danke. Ich hab wohl … Ich hätte es sicher jede Sekunde gemerkt.«
    Seine Körperhaltung ist eine Katastrophe, er ist so groß, dass er gekrümmt geht. Er ist mit Sicherheit keiner, der sich wohlfühlt in seiner Haut. Sein Blick richtet sich auf mich, doch als er spricht, scheint sein Kiefer halb arretiert zu sein. »Sie hätten es vielleicht erst bemerkt, wenn Sie sie morgen gesucht hätten. Jeder hätte sie nehmen können. Sie hatten es zu eilig. Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollten vorsichtig sein.«
    Wo hat er geparkt? Ich habe sein Auto nicht gesehen. War er den ganzen Tag hier?
    »Ich habe in meiner Tasche gekramt. Ich konnte sie nicht finden«, sage ich. Ich atme tief ein, suche die Straße nach einem silbernen Mondeo ab, einem roten Renault. »Ich finde sie nie. Ist das typisch Frau? Männer haben sie meistens in der Gesäßtasche, und da schubbern sie dann ein Loch rein.«
    Perivale tippt auf seinen Oberschenkel. »Vordere Tasche.«
    »Ich werde besser aufpassen.« Meine Stimme bricht.
    »Geht es Ihnen gut?«, fragt Perivale. Es klingt ernsthaft besorgt.
    »Sehen Sie.« Ich hebe die DVD vom Boden auf, wo ich sie hingeschmissen habe. »Das hat mich gerade erwartet, in dem Umschlag da.«
    Er nimmt beides und mustert es. »Ich sorge dafür, dass der zuständige Kollege es auf Fingerabdrücke untersucht«, sagt er.
    »Marta, das Kindermädchen meiner Tochter … Ich weiß, dass Sie mit ihr gesprochen haben, aber … Sie hat auch solche Umschläge in ihrem Schrank. Ziemlich viele sogar.«
    »Ich behalte das im Hinterkopf«, sagt er mit einem herablassenden Neigen des Kopfes. »Und wenn ich schon dabei bin, nehme ich auch gleich Rose unten auf dem Revier die Fingerabdrücke ab. Sie hat eine Schwäche für wattierte Umschläge.«
    Ich weigere mich, auf seinen flapsigen Ton einzugehen. »Und heute Morgen ist mir jemand in einem roten Renault gefolgt. War das einer von Ihnen?«
    Er schüttelt den Kopf. »Nein.«
    »Also, dann wissen Sie es jetzt«, sage ich. »Egal, die überlasse ich Ihnen, und wenn das alles ist …« Ich halte die Tür, als würde ich sie ihm jeden Augenblick vor der Nase zuschlagen. »Ich habe meine Lektion von letzter Woche gelernt. Ich werde nur mit Ihnen reden, wenn mein Anwalt dabei ist. Also …«
    Er streckt die Hand aus. »Nur eins. Schnell.«
    »Nein, ernsthaft.«
    Ich muss das tun. Ich darf mich nicht noch weiter reinziehen

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