Ich bin Zlatan Ibrahimović
wurde überall geredet.
Tatsache war: Wenn wir gegen Parma verlören oder Unentschieden spielten und der AS Rom das Schlusslicht Catania schlüge, was Rom definitiv schaffen müsste, würden wir auf der Ziellinie in die Knie gehen und alles verlieren, was wir gesichert zu haben glaubten. Ich war inzwischen zurück in Mailand, aber immer noch nicht gesund. Doch das half nicht, und jetzt hörte man all das Reden wieder, und mehr denn je: Ibra muss spielen, wir müssen ihn dabeihaben. Der Druck, der auf mir lastete, wurde immens. Ich hatte so etwas noch nicht erlebt. Ich hatte sechs Wochen Rehabilitation hinter mir und war nicht trainiert. Mein letztes Spiel hatte ich am 29. März absolviert. Jetzt war es Mitte Mai, und jedermann wusste, dass ich nicht in Topform sein konnte.
Doch darauf nahm niemand Rücksicht, und ich mache niemandem einen Vorwurf. Ich wurde als Inters wichtigster Spieler angesehen, und Fußball in Italien ist wichtiger als alles andere, besonders in derartigen Situationen. Es war Jahre her, dass in der Liga bis zum letzten Spieltag eine solche Spannung geherrscht hatte, und es hieß Mailand gegen Rom, die beiden großen Städte gegeneinander, die Menschen sprachen kaum über etwas anderes. Wenn du den Fernseher einschaltetest, liefen ständig Sportprogramme, und ununterbrochen wurde mein Name erwähnt. Ibra, Ibra. Besteht eine Chance, dass er spielen kann? Schafft er es? Ist er gut genug, trotz seiner Verletzungspause? Niemand wusste es, alle redeten darüber, und die Fans schrien, nach dem Motto: Ibra, hilf uns!
Es war wirklich nicht leicht, an meine Gesundheit und die bevorstehende EM zu denken. Das Spiel gegen Parma schwirrte mir die ganze Zeit im Kopf herum. Wenn ich aus dem Haus ging, sah ich mich selbst auf den Titelseiten mit Überschriften wie »Spiel für die Mannschaft und die Stadt!«. Und dann kam Mancini zu mir. Es war nur ein paar Tage, bevor die Mannschaft abreisen sollte. Roberto Mancini hat ein bisschen was von einem Snob. Er liebt glänzende Anzüge und Taschentücher und die Art von Dingen, und ich hatte nie etwas gegen ihn gehabt, überhaupt nicht. Aber seine Position im Verein hatte sich verschlechtert, nachdem er wegen seines Jobs herumgeeiert hatte. Ich meine, entweder du gehst, oder du gehst nicht. Du sagst nicht: » Ich will gehen « , und bleibst. Viele hatten sich darüber geärgert. Der Verein brauchte Stabilität und keine Unsicherheit in Bezug darauf, wo zum Teufel die Trainer ihren Kopf hatten. Jetzt kämpfte Mancini darum, seinen Status zurückzuerobern. Und das war dringend nötig. Der wichtigste Tag in seinem Trainerleben rückte heran, und nichts durfte schiefgehen. Es war also nicht gerade verwunderlich, dass er fordernd aussah.
»Ja«, sagte ich.
»Ich weiß, dass deine Verletzung noch nicht ganz verheilt ist.«
»Nein.«
»Aber das ist mir egal, ehrlich gesagt.«
»So muss es wohl sein.«
»Gut! Ich habe vor, dich mitzunehmen nach Parma, egal, was du dazu sagst. Entweder spielst du von Anfang an, oder du sitzt zunächst auf der Bank. Aber ich muss dich dabeihaben. Wir müssen das hier schaffen.«
»Ich weiß. Ich will auch spielen.«
Ich wollte es mehr als irgendetwas anderes. Ich wollte nicht fehlen, wenn der Scudetto entschieden wurde. Das wäre so ein Ding, mit dem du nicht leben willst. Lieber Schmerzen für Wochen und Monate, als einen solchen Kampf zu verpassen. Aber ich wusste nichts über meine Form, das stimmte. Ich wusste weder, wie mein Knie in einer Spielsituation reagieren würde, noch, ob ich es wagen würde, mich hundertprozentig einzusetzen, und vielleicht ahnte Mancini etwas von meinem Zweifel, und er wollte nicht, dass ich seine Botschaft missverstehen sollte.
Jetzt setzte er auch Mihajlovi ć auf mich an. Ihr wisst schon. Er und ich hatten unser Hassspiel gespielt, als ich bei Juventus war. Ich hatte ihm eine Kopfnuss verpasst, oder einen Kopfstoß angedeutet, und er hatte mich angeschrien und mir allen möglichen Scheiß an den Kopf geworfen. Aber all das war Geschichte. Was auf dem Platz passiert, bleibt auf dem Platz, und oft bin ich gerade mit solchen Burschen gut Freund geworden, mit denen ich mir harte Fights geliefert habe, vielleicht weil wir uns ähnlich sind, ich weiß nicht. Ich fühle mich wohl unter Kriegern, und Mihajlovi ć war ein Kämpfer, der immer alles dafür getan hatte zu gewinnen. Jetzt hatte er als Spieler aufgehört und war unter Mancini Kotrainer geworden, und ehrlich gesagt, wenige haben mir so viel
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