Ich bin Zlatan Ibrahimović
erzählte Koeman von Juventus. Ich wollte ihn vorbereiten, und solche Gespräche sind immer heikel. Ich mochte Koeman. Er und Beenhakker waren die Ersten bei Ajax, die mein Potenzial erkannt hatten, und ich zweifelte nicht daran, dass er mich jetzt verstehen würde. Wer wollte nicht zu Juventus? Doch Koeman würde mich kaum freiwillig gehen lassen, und ich wusste ja, dass er kürzlich in den Medien gesagt hatte, gewisse Leute schienen zu glauben, sie seien größer als der Klub, und es war klar: Er hatte mich gemeint. Es kam darauf an, die richtigen Worte zu finden, und schon von Anfang an hatte ich mir vorgenommen, ein paar Sätze zu benutzen, die van Gaal zu mir gesagt hatte.
»Ich will wirklich nicht, dass es jetzt auch hierüber Streit gibt«, sagte ich zu Koeman. »Aber Juventus will mich, und ich hoffe, ihr könnt das lösen. Eine solche Chance bekommt man nur einmal im Leben.« Wie ich angenommen hatte, verstand Koeman mich vollkommen, er war schließlich selbst Profi gewesen.
»Aber ich will nicht, dass du uns verlässt«, sagte er. »Ich will, dass du bleibst. Und dafür werde ich kämpfen!«
»Weißt du, was van Gaal mir gesagt hat?«
»Was denn?«
»Er hat gesagt, dass er mich nicht für die Liga braucht. Da kommt ihr auch ohne mich klar. Er braucht mich für die Champions League.«
»Hat er das wirklich gesagt?«
Koeman flippte aus. Er wurde sauer auf van Gaal. Er fand, dass diese Worte ihm die Hände banden und er schlechtere Möglichkeiten hatte, um mich zu kämpfen. Das war natürlich genau das, was ich gewollt hatte, und ich erinnere mich, dass ich auf den Platz hinausging und dachte, jetzt geht es um alles oder nichts. Es war ein wichtiges Spiel für mich geworden. Die Juventus-Gang würde mich genau beobachten. Aber es war völlig krank. Es schien, als ob die Holländer auf mich spuckten. Sie pfiffen und schrien, und oben auf der Tribüne saß Rafael van der Vaart – der Liebling der Massen – und erhielt Applaus, es war geradezu lächerlich. Ich wurde als der Buhmann angesehen. Er war das unschuldige Opfer. Aber alles sollte sich ändern.
Wir spielten gegen Breda, und zwanzig Minuten vor Schluss stand es 3:1 für uns. Als Ersatz für Rafael van der Vaart hatten wir einen jungen Burschen aus der Jugendakademie von Ajax ins Team bekommen, und der Junge war gut. Er hieß Wesley Sneijder. In dieser Zeit hatte er seinen Durchbruch. Er spielte intelligent. Er erzielte das 4:1. Fünf Minuten nach seinem Tor bekam ich etwa zwanzig Meter außerhalb des Strafraums den Ball. Ich hatte einen Verteidiger im Rücken, und ich schubste und rangelte mit ihm und kam frei, und dann dribbelte ich an einem zweiten Gegner vorbei. Das war das Intro.
Als Nächstes machte ich eine Schussfinte, und ich näherte mich dem Strafraum und machte eine neue Finte und versuchte, in eine Schussposition zu kommen. Aber die ganze Zeit hatte ich neue Verteidiger gegen mich. Es wimmelte um mich herum, und vielleicht hätte ich passen sollen, aber ich sah keine Gelegenheit. Stattdessen ging ich in einem schnellen Dribbling durch, umrundete auch noch den Torwart und schob den Ball mit links ins leere Tor. Es war ein Klassiker.
Es wurde als mein Maradona-Tor bezeichnet, weil es irgendwie an Maradonas Tor gegen England im Viertelfinale der WM 1986 erinnerte. Ich hatte mich durch die gesamte gegnerische Mannschaft gedribbelt, und das Stadion explodierte. Alle drehten völlig durch. Sogar Koeman rastete völlig aus, sosehr ich ihn verlassen wollte. Es war, als sei der ganze Hass gegen mich in Liebe umgeschlagen und Triumph.
Alle jubelten und schrien, alle sprangen auf und hüpften herum, alle bis auf einen. Die Kamera schwenkte über die tobende Arena hin zu Rafael van der Vaart. Er saß völlig steif auf der Tribüne, verzog keine Miene, rührte sich nicht, obwohl seine Mannschaft ein Tor erzielt hatte. Er saß nur da, als sei meine Vorführung ungefähr das Schlimmste, was passieren konnte, und das war es vielleicht auch. Denn das darf man nicht vergessen: Vor dem Anpfiff hatten alle mich ausgebuht.
Jetzt wurde nur ein Name geschrien, und das war meiner. Keiner kümmerte sich mehr um Rafael van der Vaart, und den ganzen Abend und den folgenden Tag sah man das Tor wieder und wieder im Fernsehen. Später wurde es von den Zuschauern von Eurosport zum schönsten Tor des Jahres gewählt. Aber ich war dennoch auf etwas ganz anderes konzentriert. Die Uhr tickte. Das Transferfenster war nur noch wenige Tage geöffnet, und Moggi machte
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