Ich. Darf. Nicht. Schlafen.
beendet?«
Sie zuckte die Achseln, flüsterte dann: »Wir beide. Wir haben darüber geredet. Es konnte nicht weitergehen. Ich fand, dass ich es dir – und Ben – schuldig war, mich von da an fernzuhalten. Ich schätze, aus schlechtem Gewissen.«
Ein schrecklicher Gedanke kam mir.
»Hat er daraufhin beschlossen, mich zu verlassen?«
»Chrissy, nein«, sagte sie rasch. »Denk das nicht. Er hat sich auch furchtbar gefühlt. Aber er hat dich nicht meinetwegen verlassen.«
Nein
, dachte ich.
Vielleicht nicht direkt. Aber vielleicht hat ihn die Sache mit dir daran erinnert, wie viel ihm entging.
Ich sah sie an. Ich empfand noch immer keine Wut. Ich konnte es nicht. Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn sie mir erzählt hätte, dass sie immer noch miteinander schliefen. Was sie mir erzählt hatte, kam mir vor, als gehörte es in eine andere Zeit. Prähistorisch. Ich hatte große Mühe zu glauben, dass es überhaupt irgendetwas mit mir zu tun hatte.
Claire blickte auf. »Danach hatte ich noch eine Weile Kontakt zu Adam, aber dann muss Ben ihm erzählt haben, was passiert war. Jedenfalls wollte er mich nicht mehr sehen. Er hat gesagt, ich sollte mich von ihm fernhalten und auch von dir. Aber das konnte ich nicht, Chrissy. Ich konnte es einfach nicht. Ben hatte mir den Brief gegeben, mich gebeten, auf dich aufzupassen. Also hab ich dich weiterhin besucht. Im Waring House. Zuerst alle paar Wochen, dann alle zwei Monate. Aber es hat dich aufgeregt. Es hat dich furchtbar aufgeregt. Ich weiß, es war egoistisch von mir, aber ich konnte dich nicht einfach da allein lassen. Ich bin weiter regelmäßig gekommen. Nur um zu sehen, wie es dir ging.«
»Und hast du Ben erzählt, wie es mir ging?«
»Nein. Wir hatten keinen Kontakt mehr.
»Hast du mich deshalb schon länger nicht mehr besucht? Zu Hause? Weil du Ben nicht sehen wolltest?«
»Nein. Als ich dich vor ein paar Monaten wieder im Waring House besuchen wollte, haben sie gesagt, du wärst nicht mehr da. Ben hätte dich nach Hause geholt. Ich wusste, dass Ben umgezogen war. Ich hab sie um deine Adresse gebeten, aber sie wollten sie mir nicht geben. Das würde gegen ihre Vorschriften verstoßen, meinten sie. Sie haben gesagt, sie würden dir meine Telefonnummer geben, und falls ich dir schreiben wollte, würden sie die Briefe weiterleiten.«
»Und? Hast du mir geschrieben?«
»Ich habe an Ben geschrieben. Ich habe ihm gesagt, dass es mir leidtut, dass ich bereue, was passiert ist. Ich habe ihn angefleht, dich besuchen zu dürfen.«
»Aber er hat gesagt, das ginge nicht?«
»Nein. Du hast zurückgeschrieben, Chrissy. Du hast gesagt, du würdest dich viel besser fühlen. Du hast gesagt, du wärst glücklich, mit Ben.« Sie schaute weg, über den Park. »Du hast gesagt, du würdest mich nicht sehen wollen. Deine Erinnerung käme manchmal wieder, und dann wüsstest du, dass ich dich verraten hätte.« Sie wischte sich eine Träne ab. »Du hast gesagt, ich sollte nicht mehr in deine Nähe kommen, nie wieder. Dass es besser wäre, du würdest mich vergessen und ich dich.«
Mir wurde kalt. Ich versuchte, mir die Wut vorzustellen, die mich offenbar dazu getrieben hatte, so einen Brief zu schreiben, doch im selben Moment wurde mir klar, dass ich vielleicht gar nicht wütend gewesen war. Für mich hatte Claire ja kaum noch existiert, war die Freundschaft, die wir mal gehabt hatten, vergessen.
»Das tut mir leid«, sagte ich. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich in der Lage gewesen war, mich an ihren Verrat zu erinnern. Ben musste mir bei dem Brief geholfen haben.
Sie lächelte. »Nein. Es muss dir nicht leidtun. Du hattest ja recht. Aber ich hab die Hoffnung nicht aufgegeben, dass du deine Meinung irgendwann ändern würdest. Ich wollte dich unbedingt wiedersehen. Ich wollte dir alles beichten, von Angesicht zu Angesicht.« Ich sagte nichts. »Es tut mir so leid«, sagte sie dann. »Kannst du mir je verzeihen?«
Ich nahm ihre Hand. Wie hätte ich ihr böse sein können? Oder Ben? Mein Zustand war für uns alle eine unglaubliche Belastung.
»Ja«, sagte ich. »Ja. Ich verzeihe dir.«
Kurz danach gingen wir. Am Fuße des Hangs blickte sie mich an.
»Sehe ich dich wieder?«, sagte sie.
Ich lächelte. »Das hoffe ich doch!«
Sie blickte erleichtert. »Du hast mir so gefehlt, Chrissy. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie.«
Es stimmte. Ich konnte es mir nicht vorstellen. Aber mit ihrer Hilfe und mit Hilfe dieses Tagebuchs hatte ich die Chance, mir wieder
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